Acherner Initiative gegen Pflichtzölibat zieht Kreise
»Vergebliche Mühe« meinen die einen, »endlich eine Möglichkeit, seine Meinung zu äußern«, sagen die anderen. Die von einer Acherner Initiative engagierter katholischer Christen ausgehende Unterschriftensammlung gegen den Pflichtzölibat für katholische Priester bietet eine Plattform für unzufriedene Katholiken.
Mehr als 1300 Menschen aus ganz Deutschland haben die Eingabe an Verantwortliche in der katholischen Kirche im Internet bisher unterzeichnet. Zukunftsfähiger, glaubwürdiger und menschenfreundlicher wünschen sie sich ihre Kirche. Sie sind davon überzeugt, dass die Aufhebung der verpflichteten Ehelosigkeit und Keuschheit von Priestern dazu beitragen würde.
Ins freie Ermessen
Karin Jäckel aus Oberkirch begründet ihre Unterschrift so: »Es handelt sich um ein uraltes amtskirchliches Diktat mit speziellem Grausamkeitsfaktor, durch den seit dem Tag der Einführung bis heute schweres Leid verursacht wird. Die Pflicht zum Zölibat muss daher als Voraussetzung für den Priesterberuf abgeschafft und das Leben im Zölibat ins freie Ermessen von Priestern gestellt werden.« Wie zum Beweis kommentiert eine Frau aus München anonym: »Ich bin die Enkelin eines katholischen Priesters. Mein Vater und seine sieben Geschwister sind Priesterkinder.«
Menschliche Gesetze stünden dem Einsatz verheirateter, bewährter und ausgebildeter Männer als Priester entgegen, schreibt Fred Ritzhaupt aus Göppingen, selbst ehemaliger Priester. Manuela Zeller aus Sasbach stellt fest: »Die Kirche braucht junge engagierte Priester..., die auch ihre Liebe leben sollen!«
»Wir hatten mit dem Zölibat in den letzten 100 Jahren genügend menschliche Probleme«, so die Auffassung von Hans Denk aus Achern. Diese Petition sei wichtig, weil die Abschaffung des Pflichtzölibats viele Priester befreien würde, begründet Sieglinde Rösch aus Achern. Priester könnten dann »wie jeder andere Mensch ihrem Herzen folgen, und zwar in der Ausübung ihres Priesteramtes und in ihrer Liebe zu einer Lebenspartnerin«.
»Was spricht dafür?«
Auch evangelische Geistliche schalten sich ein. Götz Häuser aus Bühl fragt die katholische Kirche: »… und wenn durch den Pflichtzölibat zuweilen die Doppelmoral gefördert und das Ansehen der Kirche beschädigt wird; und wenn durch den Pflichtzölibat vor der Priesterweihe und auch danach der Kirche immer wieder wertvolle Mitarbeiter verloren gehen... was in aller Welt spricht dann für die Beibehaltung des Pflichtzölibats?«
»Es ist Zeit«, kommentiert eine Vertreterin der Vereinigung katholischer Priester und ihrer Frauen (www.vkpf.de) nur. Der Vorsitzende dieser Vereinigung, Hans-Jörg Witter aus Oberhausen, hat ebenfalls unterschrieben – weil er »jede konstruktive Aktion zur Abschaffung des Pflichtzölibats« begrüße.
Die Sammlung von Unterschriften wird auf der Plattform www.openpetition.de unter dem Stichwort »Bürgerrechte« und »Pflichtzölibat« noch bis zum 25. Oktober fortgesetzt. Darüber hinaus liegen Unterschriftenlisten in den Kirchen der katholischen Seelsorgeeinheit Achern aus. Auch auf diesem Weg haben sich nach Auskunft der Initiatoren um Klaus Huber und Gerhard Brock bereits mehrere Hundert Unterstützter des Anliegens gefunden.
Innerkirchliche Diskussion
»Wir müssen dringend die Zulassungsbedingungen zum Weihepriestertum überdenken«, sagt der emeritierte katholische Bischof Erwin Kräutler. Papst Franziskus erwarte »mutige Vorschläge von den Bischöfen«, äußerte er im April. Vatikan-Berater Dietmar Winkler von der Salzburger Theologischen Fakultät sagt, überzeugende theologische Argumente für den Pflichtzölibat könne er nicht erkennen.
Es ist also an den Oberhirten der Diözesen, den vom Kirchenvolk und vielen Pfarrern herbeigesehnten Neuanfang gutzuheißen und dem Vatikan Mut zur Veränderung zu signalisieren. Auch Erzbischof Stephan Burger aus Freiburg soll mit den Unterschriften dazu aufgerufen werden.
Dabei wissen die Bischöfe längst von Alternativen. Die Pfarrer-Initiative Deutschland, ein Zusammenschluss reformorientierter Priester und Diakone, hat das Modell »Gemeinde mit Zukunft« entwickelt. Darin werden Korinth-Priesterteams für jede Gemeinde vorgeschlagen, die aus berufenen Männern, Frauen oder Ehepaaren bestehen.mg