Aufsichtsrat WG Waldulm erklärt: "Uns blieb keine Wahl"
Warum trennte sich die Winzergenossenschaft Waldulm vom Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer Andreas Wiegert? Der Personalrat nimmt zu der Angelegenheit Stellung.
Zum Konflikt zwischen der WG Waldulm und dem ehemaligen Geschäftsführer Andreas Wiegert hat der Aufsichtsrat der Winzergenossenschaft eine Stellungnahme abgegeben. Der Aufsichtsrat der Waldulmer WG habe den bisherigen Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer am 20. März von seinen Ämtern entbunden.
Die Informationen, die dazu von Andreas Wiegert und vom stellvertretenden Vorsitzenden Martin Doll an die Winzerinnen und Winzer sowie an die örtliche Presse geleitet wurden, seien sowohl unzureichend als auch der Wahrheit nicht entsprechend.
Der Aufsichtsrat der WG erklärt dazu: „Wir als Aufsichtsrat der Waldulmer Winzergenossenschaft haben uns eingehend mit allen Prüfungsberichten der vergangenen Jahre seit dem Amtsantritt von Andreas Wiegert im April 2017 befasst. Auf Grundlage aller wirtschaftlichen Daten und Fakten hat sich in der Wirkungszeit von Andreas Wiegert die wirtschaftliche Situation, die schon bei der Amtsübernahme eine kritische war, derart verschlechtert, dass uns als Aufsichtsrat gar keine andere Wahl blieb, als die Trennung von Andreas Wiegert zu vollziehen. Die dem Genossenschaftsverband vorliegenden Zahlen und die Prüfungsergebnisse zeigen eine ganz andere wirtschaftliche Situation, als er sie noch als Geschäftsführer der Mitgliederversammlung vorgelegt hat.“
Zu in mehrerlei Hinsicht desaströsen wirtschaftlichen Entscheidungen sei hinzugekommen, dass eine innerbetriebliche Kommunikation, also die Bereitschaft des entlassenen Geschäftsführers, sich mit dem Aufsichtsrat abzusprechen und für eine gute Betriebsatmosphäre in der WG zu sorgen, praktisch nicht stattgefunden habe. „Andreas Wiegert traf alle Entscheidungen einsam und allein ohne jede Rücksprache. Gleichermaßen wurde die Öffentlichkeitsarbeit der WG so gut wie auf Null heruntergefahren, das Verhältnis zur örtlichen Presse negativ belastet. Umso erstaunlicher ist es jetzt für uns als Aufsichtsrat, dass Andreas Wiegert nach seiner Entlassung den Weg zur Presse sucht“, heißt es weiter.
Termine abgesagt
Der Aufsichtsrat habe zweimal versucht, Andreas Wiegert die Gründe für die Auflösung der Zusammenarbeit persönlich mitzuteilen, beide Male habe er diese Gesprächstermine kurzfristig abgesagt.
Der Aufsichtsrat werde alles tun, die Waldulmer Winzergenossenschaft wieder auf Kurs zu bekommen. Das heiße auch, die Arbeitsplätze zu erhalten und der Marke Waldulmer wieder den guten Namen zu machen, den sie jahrelang hatte. Alle führenden Mitarbeiter im Winzerkeller und im Büro der Winzergenossenschaft hätten den „Brandbrief“ an den Präsidenten des Badischen Genossenschaftsverbandes nicht unterzeichnet, weil sie hinter der Entscheidung des Aufsichtsrats stünden. Im Übrigen seien sämtliche Mitarbeiter am Montag im Rahmen einer internen Veranstaltung über die aktuelle Situation und deren Hintergründe informiert worden. Hiernach hätten zahlreiche Unterzeichner des „Brandbriefes“ eingeräumt, dass ihnen diese Informationen bislang nicht vorlagen. „Vorab war mit der Polizeibehörde abgestimmt worden, dass eine solche innerbetriebliche Veranstaltung stattfinden darf; im Übrigen wurde für die Veranstaltung mit rund 20 Teilnehmern ein Raum gewählt, der Platz für 150 Personen bietet, so dass die Mitarbeiter in so großem Abstand sitzen konnten, dass zu keiner Zeit ein gesundheitliches Risiko bestand“, betont der Aufsichtsrat.
Einige Winzerinnen und Winzer seien zutiefst verunsichert, weil ihnen wichtige Informationen fehlen. „Wir werden die uns zur Verfügung stehenden Kanäle nutzen, diese Informationen unter der Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben zukommen zu lassen und wir werden, sobald es die Coronakrise erlaubt, eine Mitgliederversammlung einberufen“, heißt es abschließend.
Andreas Wiegert und der "Brandbrief"
Mit einem Brandbrief an den Präsidenten des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes (BWGV), Roman Glaser, würden die Mitarbeiter der Waldulmer Winzergenossenschaft die Rückkehr von Andreas Wiegert als Geschäftsführer fordern, wie es in einer Erklärung von Andreas Wiegert heißt.
Das Schreiben an Roman Glaser sei von zwölf der insgesamt 20 Mitarbeiter unterzeichnet worden. Darin würden die Mitarbeiter zunächst das Vertrauen bekunden, das Andreas Wiegert als Chef genieße. „Wir fürchten, dass wir durch das inkonsistente Verhalten des Aufsichtsrates langfristig unseren Arbeitsplatz verlieren werden.“, heiße es weiter.
„Um wieder Ruhe in die WG zu bringen, fordern wir Sie auf, dafür zu sorgen, dass der Genossenschaftsverband als übergeordnete Instanz bis auf weiteres die Verantwortung für die Winzergenossenschaft übernimmt“, heiße es in dem Schreiben an Roman Glaser weiter. Die Unterzeichner würden vorschlagen, dass bis zu einer „außerordentlich einzuberufenden Mitgliederversammlung Herr Wiegert kommissarisch die Geschäfte“ leiten soll.
Innerhalb weniger Stunden habe der BWGV-Präsident bereits geantwortet, heißt es weiter in der Presseerklärung. In seiner Antwort schreibe Roman Glaser: „Im Rahmen unserer Möglichkeiten werden wir mit aller Kraft versuchen, zu einer Lösung der Situation beizutragen.“
Statistik beigefügt
Laut der Pressemitteilung von Andreas Wiegert habe sich auch der stellvertretende Vorstand der Waldulmer WG, Martin Doll, eingeschaltet. Er könne die Entscheidung zur Personalsituation des Aufsichtsrates nicht nachvollziehen und auch nicht persönlich vertreten. Doll zeige sich verärgert über das Verhalten der Aufsichtsräte: „Es ist für mich absolut unverständlich, wie Aufsichtsräte, gerade einmal seit vier Wochen dabei, den Arbeitsstil und die Leistung des Herrn Wiegert so gut beurteilen können, um die Kündigung mit ehrlichem Gewissen unterschreiben zu können. Eine gemeinsame Besprechung des neugewählten Aufsichtsrates mit Herrn Wiegert fand bis heute nicht statt!“. Seinem Schreiben an die Mitglieder füge der Vorstand eine Statistik bei, die über gestiegene Umsätze der vergangenen drei Monate Auskunft gibt.
Damit widerspreche Martin Doll klar der vom Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Peter in einer Pressemitteilung vom 29. März gemachten Erklärung, wonach die „vom Geschäftsführer selbst gesteckten Ziele seit seinem Amtsantritt im April 2017 nicht erreicht wurden.“