Autorin Brigitte Glaser liest in Achern aus »Rheinblick«
»Rheinblick« heißt der neue Roman, mit dem Brigitte Glaser erneut auf der Spiegel-Bestsellerliste landete. Auf ihrer Lesereise machte sie am Dienstagabend Station in Achern.
In Offenburg geboren, in Fautenbach aufgewachsen und in Freiburg das Studium der Sozialpädagogik abgeschlossen ist Brigitte Glaser eine Hiesige, was gekonnt in ihre Romane einfließt. Seit 1980 ist Köln ihre zweite Heimat und Entstehungsort ihres ersten Spiegel-Bestsellers »Bühlerhöhe«. Es stellt sich die Frage, wie groß der Druck ist, nach einem erfolgreichen Buch wieder zu schreiben. Brigitte Glaser neigt den Kopf und lächelt. »Nun ja, es wird schon gewünscht, dass man gleich weiter schreibt, doch ich habe mit meinem Verlag eine dreijährige Pause vereinbart.«
Zeit zum Erholen, Zeit zur Ideenfindung und Zeit zur Recherche. Und die hat sie in die 70er-Jahre verschlagen. Genauer ins Jahr 1972: »Diesmal werden die Roten gewinnen«, prognostiziert Wirtin Hilde Kessel. Sie muss es wissen, denn in ihrem »Rheinblick« treffen sich Hinterbänkler und Minister, Sekretärinnen und Taxifahrer«. Bonn ist in diesen Tagen ein brodelndes Durcheinander, es geht um Positionen und Posten. Dass Hilde Kessel bald in ein böses Intrigenspiel verwickelt wird, lässt Brigitte Glaser den Zuhörer nur erahnen.
Politisches Gerangel
Überhaupt macht ihre Lesung Lust, mehr zu erfahren. Ihre flüssige, bildhafte Sprache baut Grenzen ab. Nicht lange und man sitzt bei der Rheintal-Wirtin am Tresen, hautnah an Willy Brandt und dem politischen Gerangel. Dass Brandt nach der Wahl sich erst einmal für zwei Wochen in der Abgeschiedenheit der Uniklinik auf dem Venusberg kurieren muss, um seine Stimme wieder zu finden, ist ein Geheimnis. Die Autorin hat es gelüftet.
Bekannt dafür, Fakten und Fiktion geschickt zu verknüpfen, baut Glaser ihre Protagonisten rund um dieses zentrale Geschehen auf. Ins Spiel kommen Logopädin Sonja Engel, die bald das zweite Opfer einer Intrige wird, und die Volontärin der Kehler Zeitung Lotti.
Wem vertrauen?
Und was wären die politischen 70er ohne Herbert Wehner, Helmut Schmidt und Walter Scheel? Sogar der blutjunge Wolfgang Schäuble tritt neben Horst Ehmke in eine Geschichte zwischen Kanzlerbungalow und Szenekneipe des beschaulichen Bonns ein, in der bald die Frage laut wird: »Wer kann hier wem vertrauen?« Spannung ist vorprogrammiert. So viel ist aus diesen Leseproben zu entnehmen.
Spaß macht es allenthalben, denn Brigitte Glasers Sprache ist und bleibt lebhaft und bunt, ihre Recherche ist tiefgreifend und ihr Humor herrlich.