Baumann richtet Appell zur Eigenverantwortung an die Bürger
Unter der Schlagzeile "Besser leben in Bad Peterstal-Griesbach – bitte helfen Sie alle mit" hat sich Bürgermeister Meinrad Baumann im Mitteilungsblatt der Gemeinde an die Einwohner gewandt. Die örtliche Infrastruktur könne sich sehen lassen mit erfolgreichen Betriebe, lebendigen Kirchen, intakten Institutionen und aktiven Vereinen. Was zum guten Leben gebraucht werde, sei entweder vorhanden oder in zumutbarer Entfernung und Zeit erreichbar.
"Was es in dem einen Ortsteil vielleicht nicht gibt, findet man im jeweils anderen. Oder man macht sich mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg in eine nahe gelegene Stadt." Gleichwohl gebe es Verbesserungsbedarf: Die fasst Baumann unter der Überschrift „Wohlstandsverwahrlosung“ zusammen, mit achtlos weggeworfenen Zigaretten-Kippen auf Plätzen, Gehwegen, Straßen, Grünanlagen, sonstigen Abfälle jedweder Art, sei es innerorts, in den Bächen, im Wald und in freier Flur. Das reiche vom Verpackungsmüll über Hundekot bis zu Garten- oder Bauabfällen.
Kritik in der Gemeinde verursache auch zu schnelles und gefährliches Fahren, rücksichtsloses Parken auf Rettungswegen, Schwerbehindertenparkplätzen und auf Gehwegen, sinnlose und schikanöse Barrieren, überzogene Widerstände gegen gemeinschaftsförderliche Projekte, vermeidbarer Lärm, nicht gekehrte oder geräumte Gehwege. Ebenso "ungepflegte bis verwahrloste Anwesen, die letztlich zu Schrott-Immobilien werden oder bereits geworden sind. Letzteres ist für mich ein besonderes Ärgernis, denn es zeigt mir, dass sich in unserer Gesellschaft ein grundlegendes Missverhältnis zwischen Eigennutz und Gemeinnutz eingeschlichen hat", stellt Baumann fest. Denn Eigentum verpflichte. Mit den besagten Schrott-Immobilien sei jahrzehntelang viel Geld verdient worden, allerdings hätten es die Eigentümer versäumt, nachhaltig zu investieren oder sich um eine ordentliche Nachfolge zu bemühen.
Als die Zitrone ausgepresst gewesen sei, habe man die Immobilie billig verramscht, ohne zuvor die Gemeinde zu involvieren. "Den neuen Eigentümern fehlt dann bisweilen die Ahnung oder die Lust oder das Geld, etwas Sinnvolles daraus zu machen. Und erst dann wird plötzlich nach der öffentlichen Hand gerufen, die etwas dagegen unternehmen soll", ärgert sich der Bürgermeister. Tatsächlich fänden sich die Ursachen solcher Missstände weit in der Vergangenheit. Da zeige sich eine Analogie zum weggeworfenen Müll: Wer etwas nicht mehr brauche, bürde es einfach seinen Mitmenschen auf, wenn auch nur durch einen hässlichen Anblick. Im schlimmsten Fall würden benachbarte Anwesen entwertet.
Städtebauprogramm
"Mit dem städtebaulichen Erneuerungsprogramm ab 2024 wollen wir im Ortskern von Bad Peterstal einige missliche kommunale Gebäude anpacken und Investitionsanreize für private Immobilien setzen." Privateigentümer könnten oder wollten zu einer Verbesserung nicht beitragen. Für Zwangsmaßnahmen fehle oft die Rechtsgrundlage oder sie müssten erst in aufwändigen Verfahren mit ungewissem Ergebnis durchexerziert werden. Neben all dem Beschriebenen beklagt Baumann ein weiteres Übel: Diebstahl, Sachbeschädigung und Vandalismus. In diesen Fällen helfe nur die konsequente Strafverfolgung. "Erheben Sie in jedem Fall Strafanzeige, auch wenn Ihnen der Täter nicht bekannt ist. Geben Sie sachdienliche Beobachtungen unverzüglich weiter. Sensibilisieren Sie Ihr Umfeld und seien Sie wachsam", schlägt der Bürgermeister vor.
Oft höre er mehr oder weniger kaschiert, es seien hauptsächlich Migranten, die solche Probleme verursachten. "Eine solche Pauschalaussage kann objektiv niemals stimmen, denn verantwortlich ist immer der oder die Einzelne. Und den oder die finden wir in allen Ethnien und Milieus, ob zugewandert oder einheimisch." Richtig sei, dass viele Menschen nicht in die Ortsgemeinschaft integriert seien. Damit dürfe man sich nicht abfinden. Er forderte die Bürger auf, einen "neuen Gemeinschaftsgeist zu entfachen, der nicht nur jene umfasst, denen wir privat und beruflich ohnehin verbunden sind, sondern gerade jene in den Blick nimmt, die wir noch nicht kennen. Obwohl sie hier leben. Obwohl sie uns begegnen. Auch und gerade dann, wenn wir sie nicht verstehen – sprachlich oder mental." Auch und gerade dann, wenn man nicht einverstanden sei mit deren Verhalten. Dialogbereitschaft bedeute aber keine Toleranz von ordnungswidrigem oder strafbarem Verhalten, bisweilen müsse die Gesellschaft klare Kante zeigen.
Die öffentliche Hand leiste ein noch nie dagewesenes Spektrum an Diensten für ein besseres Leben. Selbst in einer kleinen Gemeinde wie Bad Peterstal-Griesbach würden Millionenbeträge für Kindergärten aufgewendet, für Hausaufgabenbetreuung, verlässliche Grundschule, alsbald Schulsozialarbeit. Über die Kreisumlage partizipiere man an Leistungen des Landratsamts mit der Kommunalen Arbeitsförderung, Sozialen und Psychologischen Diensten, Integrationsmanagement und vielem mehr. "Wir haben ein Niveau erreicht, dass ich gern mit „angeleitetem Leben“ überschreibe. Bei allem Respekt vor jedweder fachlichen Expertise, würde ich es mir dennoch wünschen, wenn jede und jeder von uns in der Lage wäre, alltägliche Lebensfragen ohne Experten im Miteinander mit Familie, Freunden, Kollegen und Nachbarn zu klären."
In nächsten Zeit wolle die Gemeindeverwaltung verstärkt Ressourcen einsetzen, die das Ortsbild und das Sozialverhalten der Menschen in den Blick nähmen. "Wir kommen nicht weiter, indem wir Missstände nur beklagen, sondern indem wir diese gemeinschaftlich angehen", lautet Baumanns Fazit. Dazu gehöre, sich um gute Lösungen zu bemühen.