Bundesverdienstmedaille für Hermann Baßler aus Kappelrodeck
Wie entwickeln sich die Pflanzen in ihrer jahreszeitlichen Entwicklung? Darüber hat Hermann Baßler in Kappelrodeck ehrenamtlich mehr als 40 Jahre Aufzeichnungen für den Deutschen Wetterdienst gemacht – ein wertvoller Beitrag zur Phänologie. Dafür erhielt er am Donnerstag die Bundesverdienstmedaille.
Harald Maier, Leiter der Agrarmeteorlogischen Niederlassung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Weihenstephan, überreichte Hermann Baßler am Donnerstagnachmittag im Rathaus Kappelrodeck für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement die Bundesverdienstmedaille und überbrachte ihm den Dank von Bundesminister Alexander Dobrindt sowie von Prof. Dr. Gerhard Adrian, dem Präsidenten des DWD.
Maier verlas die Urkunde, steckte die Bundesverdienstmedaille an und übergab ein Weinpräsent. Bürgermeister Stefan Hattenbach würdigte Baßlers Verdienste ebenfalls mit Wein, seiner Frau Hedwig überreichte er einen Blumenstrauß.
Der Einfluss des Klimas
»Phänologie«, erläuterte Harald Maier bei der Feierstunde, »ist die Lehre vom Einfluss der Witterung und des Klimas auf die jahreszeitliche Entwicklung sowohl der wild wachsenden Pflanzen als auch der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Pflanzen sind natürliche Sensoren und spiegeln in ihrem Wachstum die Bedingungen an einem Standort wider.« Hermann Baßler lieferte somit mit seinen Beobachtungen und Aufzeichnungen wertvolle Daten.
Baßlers Beobachtungsbereich erstreckte sich um seinen Hof herum auf dem Iberg, der Vermessungspunkt liegt in einer Höhe von 450 Metern. In diesem Bereich beobachtete Hermann Baßler Pflanzen wie Huflattich oder Buschwindröschen sowie Obst und Reben.
Solche Daten können Grundlage für die Planung wichtiger Investitionen in Landwirtschaft und Gartenbau sein, sie dienen als Zeitgeber in meteorologischen und landwirtschaftlichen Modellen zum Beispiel zur Erfassung des Gefahrenpotenzials von Pilzkrankheiten und Schädlingen sowie für die Ertragsprognose.
Nicht zuletzt sind phänologische Aufzeichnungen ein wesentlicher Beitrag für die umweltschonende Erzeugung gesunder Nahrungsmittel, auch eine Pollenflugvorhersage wäre ohne phänologische Beobachtungen nicht möglich.
Weiter profitieren die Garten- und Landschaftspflege und wissenschaftliche Bereiche wie Ökologie, Klimatologie und Medizin von phänologischen Daten. »Die Beobachtungsstelle von Herrn Baßler ist Bestandteil des internationalen phänologischen Netzwerks,« schloss Maier seine Erläuterungen.
1200 Beobachter
Der DWD unterhält bundesweit 1200 Beobachtungsstellen, 123 davon in Baden-Württemberg. Ungefähr 147 Entwicklungsstadien an 45 Pflanzenarten werden regelmäßig, also mindestens zweimal pro Woche, bei jedem Wetter erfasst.
Neben der offiziellen Bundesverdienstmedaille überreichte Maier Hermann Baßler eine aufschlussreiche Darstellung der phänologischen Jahreszeiten Nördlicher Talschwarzwald. Sie zeigt deutlich, dass sich die Winter in den vergangenen 30 Jahren verkürzt haben. Während die Winter 1961 bis 1990 durchschnittlich 113 Tage betrugen, sind sie von 1991 bis 2016 auf durchschnittlich 98 Tage zurückgegangen. Die Apfelblüte beispielsweise rückte dabei vom 2. Mai auf den 22. April vor, der Vollherbst, gemessen an den Früchten der Eiche, ist inzwischen am 18. September und war in der Zeit von 1961 bis 1990 auf den 23. September datiert.
»Ich habe das Amt im Alter von 22 Jahren vom damaligen Landwirtschaftslehrer Rudolf Eckstein übernommen«, sagte Hermann Baßler bei der Ehrung, »und ich habe es immer gerne gemacht, weil mir die Landwirtschaft am Herzen liegt.«
Liebe zur Natur
Ohne die Liebe zur Natur wäre ein solch ehrenamtliches Engagement wohl auch kaum möglich gewesen, denn die phänologische Beobachtung erfordert ein hohes Maß an Naturverbundenheit, Einfühlungsvermögen in die biologischen Prozesse, Idealismus und Pflichtbewusstsein. Hermann Baßler will die ehrenamtliche Tätigkeit noch eine Zeit lang weitermachen.