Christen sammeln Unterschriften gegen das Pflichtzölibat

Großen Zulauf hatte die Auftaktveranstaltung einer Petition »Pflichtzölibat«. Am Samstagmorgen unterschrieben in der ersten Stunde weit mehr als 100 Personen. ©Michaela Gabriel
»Es geht nicht um Polarisierung und Stimmungsmache, sondern um die Zukunft unserer Kirche!« So steht es in der am Samstag in Achern gestarteten Petition engagierter Christen. Die Pflicht für katholische Priester zur Ehelosigkeit soll fallen, das ist ihr dringendstes Anliegen.
Noch vor dem offiziellen Start im Bürgersaal des Acherner Rathauses strömten Menschen an die Tische und standen Schlange, um sich der Eingabe an die Verantwortlichen der katholischen Kirche anzuschließen (siehe Hintergrund). Weit über 100 Menschen hatten unterzeichnet, bevor die Aktion auf dem Rathausplatz im Rahmen des Wochenmarktes in der Hornisgrindestadt fortgesetzt wurde. »Vielleicht ist das ein Anfang. Das hoffe ich!«, sagte eine Frau.
Den Anfang für Veränderungen in der katholischen Kirche habe das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) gemacht, daran erinnerte zum Auftakt vor mehr als 70 Zuhörern Gerhard Brock, Pastoralreferent aus Sasbachwalden. In der Würzburger Synode (1971 bis 1975) sei die Änderung der Zulassungsbedingungen zum Priesteramt kurz vor dem Durchbruch gestanden. Kardinal Karl Lehmann sei heute noch der Ansicht, man könne etwas erreichen, wenn man innerhalb der Kirche ein Anliegen habe und mit Vehemenz für das Thema eintrete.
Mit Nöten offen umgehen
Gerhard Brock hat viel Erfahrung mit der Wirklichkeit in den großen katholischen Seelsorgeeinheiten. »Präsent zu sein bei den Menschen ist ganz wichtig. Aber uns fehlen die hauptamtlichen Kräfte.« Es gebe Priester, die die Last des Zölibats nicht mehr tragen können: »Sie brauchen jemanden, der sie begleitet.« Wenn ein Pfarrer sich in seiner Not nicht verbiegen möchte, könne es sein, dass er seinen Beruf aufgebe – wie in der Region mehrfach geschehen. Mit den Nöten der Pfarrer müsse man offen umgehen, so Brock. Auf Nachfrage aus dem Publikum bestätigte er, dass es Fälle gebe, in denen ein Priester Frau und Kinder habe und nicht zu ihnen stehen dürfe: »Es ist schade, dass es so etwas geben muss. Auch deshalb ist es sinnvoll, den Zölibat frei zu stellen.«
Manche hätten zu ihm gesagt, das bringe doch nichts, meinte Mitinitiator Klaus Huber, Begründer der Initiative »Iss gemeinsam«. Doch wenn kirchliche Laien nicht länger alles schlucken, ändere sich vielleicht etwas. Eine Zuhörerin äußerte sich kritisch: »Wo sollen denn die Priester die Zeit für eine Familie hernehmen?« Ein Priester sei oft einsam und könne ob seiner großen Gemeinden kaum noch Seelsorger sein. Das Zölibat sei zweitrangig. Es gelte vielmehr, die Priester zu entlasten. Ein Zuhörer erwiderte: »Viele Priester wären gern in ihrem Amt geblieben. Darum geht es.«
Bis 31. Oktober sollen nun Unterschriftenlisten ausgelegt werden, so Mitinitiatorin Annette Bartsch, Leiterin der Caritasgruppe Achern. Jeder dürfe sich an der Verteilung beteiligen (Kontakt: klausvomdachsbuckel @t-online.de).
Die Anliegen der Petition
»Wir sind für die Abschaffung des Pflichtzölibats für katholische Priester«, heißt es in der Petition. Es belaste manchen Priester und sei nicht biblisch zu begründen. Man wende sich dabei nicht grundsätzlich gegen die zölibatäre Lebensform.
Man setze sich außerdem dafür ein, dass die Seelsorgeeinheiten kleiner werden. Die Änderung der Zulassungsbedingungen zum Priesteramt könne dazu beitragen. Auch geeignete Männer und Frauen könnten vom Bischof beauftragt werden, vor Ort die Eucharistie zu feiern sowie missionarisch und leitend tätig zu sein.
Schließlich heißt es, dass alle Getauften und Gefirmten Anteil am gemeinsamen Priestertum der Gläubigen haben. Sie sollten gehört werden und die Möglichkeit haben, Kirche mitzugestalten.