Achern / Oberkirch
Der dem Gaul ins Maul schaut
Michael Karle
22. August 2007
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Auch Pferde müssen regelmäßig zum Zahnarzt, sonst werden sie »maulig« – wie zuletzt der elfjährige Schimmelwallach der Fautenbacher Reiterin Susanna Dauser.
Achern-Fautenbach. »Wenn der Zahnarzt kommt, ist unsere ganze Familie immer ein bisschen aufgeregt, wie unsere Pferde die Behandlung mitmachen«, erzählt die 14-jährige Susanna Dauser aus Fautenbach, die für ihr Tier den Zahnarzt bestellt hatte. Ihr Pferd »Irish« war in den letzten Wochen richtig »maulig« und beim Reiten immer unkonzentrierter geworden, so dass die junge Reiterin folgerte, dass etwas nicht mehr in Ordnung sein könnte. Mit dem elfjährigen Schimmelwallach ist Susanna nicht nur vielfach in ihrer Freizeit unterwegs, sondern geht mittlerweile auch auf Springturniere.
»Maulige« Pferde
Wenn ein Pferd »maulig« und widersetzlich gegen das Gebiss wird, wenn es schlecht oder gar nicht mehr frisst, oder wenn es schlimmstenfalls nach einem längeren Prozess am Ende überhaupt nicht mehr reitbar ist, so können aus Erfahrung des Tierzahnarztes Frank Brüstle durchaus Probleme mit den Zähnen dahinter stecken. Das Pferdegebiss gehöre auf alle Fälle einmal im Jahr untersucht, weiß der Tierarzt, der sich bei der Iffezheimer »Pferdeklinik an der Rennbahn« seit einigen Jahren auf Pferdegebisse spezialisiert hat.
Mittlerweile schaut der Arzt im Laufe eines Jahres 750 bis 1000 Pferden ins Maul. Regelmäßig kommt er mit seiner Fahrpraxis seit einigen Jahren auch in die Pferdepension an der Fautenbacher Talstraße.
Pferdezähne wachsen kontinuierlich mit zwei bis drei Millimeter im Jahr aus dem Zahnfach heraus und sollten sich um dasselbe Maß auch abreiben, erläutert der Tierarzt, der sich freut, dass er das Gebiss von »Irish« in einem relativ gepflegten Zustand findet.
Mit einer Beruhigungsspritze trägt er dazu bei, dass das Tier nicht übermäßig in Stress gerät und die Prozedur ruhig über sich ergehen lässt, ehe er mit einer Spülung für einigermaßen hygienische Verhältnisse an seinem Arbeitsplatz sorgt. Ein Zahngatter, das der Tierarzt anbringt, bewirkt, dass die Zähne bis in den hintersten Winkel zugänglich bleiben.
Was Frank Brüstle vielfach in den Pferdemäulern mit Hilfe eines großen Spiegels sieht, sind Löcher in den Zähnen, Parodontose, Zahntaschen oder gar Brüche. Häufig muss er auch Fehlstellungen diagnostizieren, wie einen Vorbiss, Überbiss, ein Treppen-, Scheren- oder Wellengebiss, wie es in leichter Ausprägung auch »Irish« vorweist.
Schneidezähne gekürzt
Mit Ohrenkappen verhindert Susanna mittlerweile, dass das Pferd wegen der Mücken unruhig werden könnte, ehe der Arzt in einem zweiten Durchgang die mittelstarken Zahnkanten im Maul des Pferdes abschleift. Nach dem Staubabsaugen macht sich Brüstle noch an die Kürzung der vorderen Schneidezähne, die in den Jahren etwas zu lang geworden sind. Keinesfalls sollte, wie früher vielfach üblich, die Zahnbehandlung nebenbei mitgemacht werden, meint der Tierarzt, der sich in der Zahnheilkunde regelmäßig weiterbildet. Die Entwicklung zur Spezialisierung und differenzierteren Behandlung laufe hier glücklicherweise ähnlich wie in der Humanmedizin, und trage dazu bei, dass das Tier gut lebt und der Reiter möglichst lange Freude an einem gesunden Tier haben kann.
Susanna jedenfalls freut sich am Ende der einstündigen Behandlung ihres »Sensibelchens« ebenso wie ihre Mutter, dass »Irish« die Behandlung gut überstanden hat und denkt daran, dass sie mit dem Vollblüter in zwei Wochen am Springturnier des Reit- und Fahrvereins Fautenbach mitreiten wird. Das Pferd selbst muss, nachdem seine Zahnbehandlung mit Spülen endet, zunächst noch zwei Stunden fasten, um nicht auf Grund der Entspannungsspritze Probleme mit dem Schlucken zu bekommen.