Der Heilige, der Mensch und Tier vor Seuchen schützte
Kirchen, Kapelle, Statuen: Der heilige Wendelinus ist im Renchtal allgegenwärtig. Nicht zuletzt als »Helfer in der Not«, der das Vieh vor Seuchen schützte, waren die Menschen dem vor 1400 Jahren gestorbenen Schutzheiligen dankbar.
Der Straßburger Prediger Jeanjean verkündete im 18. Jahrhundert von der Kanzel des Straßburger Münsters: »St. Wendelins Name ist allerwärts bekannt, seine Fürbitte berühmt, seine Wunderwerke allenthalben gepriesen. So ist fast keine Gemeinde im ganzen Bistum, in der die Bewohner diesem Heiligen nicht ein Bildnis oder einen Altar oder selbst ein Kirchlein gewidmet haben.« Vom Erzbistum Trier war die Wendelinusverehrung früh entlang des Rheins und der Vogesen in das Bistum Straßburg vorgedrungen, zu dem kirchlich die gesamte Ortenau und politisch die Herrschaften Oberkirch und Ettenheim gehörten.
Das älteste Zeugnis der Wendelinusverehrung im Renchtal ist der Volksaltar vor dem Lettner in der Lautenbacher Kirche. Er wurde 1523 von Propst Heinrich vom Kloster Allerheiligen gestiftet. Als Halbrelief auf der rechten Innenseite ist Wendelin mit Rosenkranz, Hirtentasche und abgenommenem Hut dargestellt. Ihm gegenüber gestellt ist auf dem rechten Flügel der heilige Antonius, der als Beschützer der Schweine galt. In der Wolfhager Barbarakapelle ist als Pendant Wendelin der Wein- und Winzerpatron Urban zu sehen. Damit wird sichtbar, wie alltägliche Anliegen die Heiligenverehrung geprägt haben.
Allerheiligen nahm die Impulse der Volksfrömmigkeit auf. Am Prozessionsweg beim Kloster, auf dem die Pilger wandelten, stellten die Prämonstratenser 1711 eine Wendelinusstatue des Hirtenheiligen auf. Sie gelangte nach Oberkirch und steht heute bei der Wendelinusbrücke. In einer Grenzbeschreibung von 1591 ist zum ersten Mal die Wendelinuskapelle in Rohrbach genannt. Der Nußbacher Prämonstratenserpfarrer Norbert Pfeiffer führte 1716 eine Prozession mit Amt und Predigt ein, die Chorherren betreuten bis zur Auflösung des Klosters 1803 die Wallfahrt. So weihte auch Abt Karl Pulser 1757 die neu errichtete Rohrbacher Wallfahrtskapelle ein. Appenweierer und Urloffener Bürger hatten sich am Bau beteiligt.
Im Krieg zerstört
Statuen in den Kirchen St. Michael in Appenweier und St. Martin in Zimmern bekunden die Verehrung des Heiligen, die auch in der großen Teilnahme an der Nußbacher Wendelinuswallfahrt ihren Ausdruck fand. Mit der Kapelle in Ringelbach und der Friedhofskapelle in Lautenbach sind zwei weitere Sakralbauten dem heiligen Wendelin geweiht. Letztere wurde durch Pfarrer Wendelin Haid als Grabkapelle 1877 nach Planungen von Architekt Angelus Weis errichtet. In Ringelbach war 1863 eine St. Wendelin-Kapelle errichtet worden, die am 17. April 1945 dem Artilleriebeschuss zum Opfer fiel. In der 1946 neu errichteten Kapelle sind in der Apsis auch die Lebensstationen des heiligen Wendelin dargestellt.
Das Patrozinium der Pfarrkirche in Stadelhofen hat seinen Ursprung in der alten Wendelinuskapelle, die 1780 errichtet wurde. Sie erhielt 1795 eine Wendelinusreliquie. In Zusammenhang mit der Gründung einer eigenen Pfarrei – Stadelhofen gehörte bis dahin zu Ulm – wurde 1880-82 die heutige Pfarrkirche errichtet. Wendelinusmotive sind an der Kirchentür und am rechten Seitenaltar zu sehen.
Wendelin als Schäfer
Ein schönes Beispiel für ein Kleindenkmal steht in Ödsbach bei der alten Jakobuskapelle. Am Stamm eines Hochkreuzes ist ein Relief mit dem heiligen Wendelin als Schäfer zu sehen, die Krone verweist auf die königliche Herkunft. Wendelin hat sich wieder einmal als Helfer in der Not gezeigt, denn Cyriak Büchele und seine Ehefrau Catharina geborene Haas stifteten 1801 das Kreuz aus Dankbarkeit für die Verschonung vor einer Viehseuche.