Der Oberacherner Jörg Wilhelm zieht Koi-Karpfen groß
Ihre größten Feinde hierzulande sind die Fischreiher, Katzen brauchen sie nicht zu fürchten. Manche sind sehr wertvoll, doch normalere Exemplare kosten auch schon mehr als 100 Euro. Von Koi-Karpfen ist die Rede. Ihnen widmet sich seit fünf Jahren Jörg Wilhelm in der Acherstraße in Oberachern. Die ARZ hat ihn besucht.
Im Teich im Garten von Jörg Wilhelm schwimmen Koi-Männchen und -Weibchen. Seit zwei Jahren leben sie aber eher enthaltsam. Wieso, weiß ihr Besitzer nicht. Ihr vorübergehendes Zölibat hat aber den Vorteil, dass sie sich nicht verletzen. Denn bevor die Tiere ihre Eier und Samen ins Wasser absetzen, jagen die Herren den Damen ziemlich rustikal hinterher, erzählt der 50-Jährige Koi-Fan. Wenn die befruchteten Eier dann doch mal im Teich schwimmen, muss er Hebamme spielen – und zwar zügig, sonst fressen die Fische ihre eigene Brut.
Beim Besuch der ARZ sind die Tiere schüchtern. »Die erkennen Fremde und verhalten sich dementsprechend vorsichtig«, sagt der Experte. Pure Entspannung sei es für Jörg Wilhelm, wenn er abends eine halbe Stunde am Teich sitzt und die Tiere beobachtet: »Da komme ich total runter.«
Früher Goldfische
Als gelernter Gärtner hat Wilhelm früher Goldfische gezüchtet. Aber nur zwei der vielen Koi in seinem neuen Gartenteich hat er selbst gezüchtet, die anderen hat er dazugekauft. Er ist kein Züchter der edlen Karpfen, obwohl er schon manchen Sprössling verkauft hat.
In dem von der Straße gut einsehbaren Teich leben etwa 25 Koi, ein paar Störe und mancher Frosch sind auch darunter. Von diesen Koi verkauft er keinen, sagt Wilhelm, »das sind meine Lieblinge«. Fast jeder von ihnen hat einen Namen. Goldi heißt der große Gelbe, Dreckig heißt ein großer Fleckiger. Manche leben darin seit fünf Jahren, also seit der Gärtner Koi kennen gelernt hat. Ein Bekannter musste damals seine Koi hergeben und Jörg Wilhelm griff zu.
Da wusste er noch nicht viel über die Haltung der farbigen Karpfen. »Man muss sich schon schlau machen.« So lieben die Fische etwa 25 Grad warmes Wasser. Das Futter kauft der Oberacherner bei speziellen Händlern. Über Facebook tauscht er sich mit anderen Sammlern aus.
2500 Liter Leitungswaser braucht er zum wöchentlichen Reinigen. Nitrite und Ammoniak aus den Ausscheidungen der verfressenen Karpfen werden dadurch hinausgespült. Das sei für die Tiere die beste Gesundheitsfürsorge, erklärt Wilhelm. Teure Medikamente oder gar extra organisierte Tierarztbesuche kann er sich dadurch sparen.
Viel Frischwasser
Einen Bekannten im Dorf hat er einen Koi geschenkt, der ist jetzt auch angefixt. »Wenn Sie einmal auf den Zug aufspringen, bleiben Sie dabei«, sagt Wilhelm. Auch wenn dadurch nicht nur die Kosten für Frischwasser deutlich in die Höhe schnellen. Wilhelms Stromverbrauch gleicht wegen der vielen Pumpen eher dem einer kleinen Firma. Der Koi steht in Japan für Reichtum, für Glück. Die Tiere machen Jörg Wilhelm glücklich. Er erkennt, wenn es einem der Tiere schlecht geht. Nur drei Tiere sind ihm in fünf Jahren gestorben. Um die Pflege und künftig auch die Aufzuchtstation kümmert er sich allein, seiner Frau baut er nun einen eigenen Goldfischteich.
Soll Hobby bleiben
In seiner Garage in Oberachern hat er sich eine Aufzuchtstation gebaut. Wilhelm will umsatteln. Er wird im Sommer 50 bis 100 original japanische Koi kaufen und in seiner Garage etwa acht Monate lang bis zum Alter von ein, zwei Jahren aufziehen und sie dann in der Region verkaufen. Er wird keine Nachkommen von diesen Tieren züchten, »das wäre ein zu großes Unterfangen«, sagt Wilhelm. Es soll ja Hobby bleiben – kombiniert mit einem kleinen (Online-)Geschäftsbereich.
Verschicken wird er die groß gezogenen Koi nicht, die Kunden werden sie sich schon abholden müssen, sagt er. Es gibt hochpreisige Arten mit bis zu 60 000 Euro pro Stück, solche Exemplare hat der 50-Jährige nicht im Sortiment.
Obwohl Jörg Wilhelm seine Karpfen so schnell sicher nicht langweilig werden, besitzt seine Familie noch weitere Tiere: acht Landschildkröten, einige Geckos, ein Pferd, Hasen, Vögel und vier Katzen.
Eine Rundreise zu Koi-Züchtern in Japan, dem Mutterland des Koi, ist geplant. Das ist schon etwas Besonderes für den Oberacherner, denn auf Urlaub verzichtet er normalerweise – den Fischen zuliebe. Deren Pflege gibt er nur ungern aus der Hand. Dabei würden sie seine Abwesenheit für zehn, 14 Tage locker überleben, sagt Wilhelm, »sie würden im Teich vielleicht etwas abnehmen, aber in der Not futtern sie auch Algen«. Wie die Koi schmecken, interessiert den Oberacherner übrigens nicht: Er isst gar keinen Fisch.
Koi
Die Herkunft der Koi ist laut Wikipedia nicht eindeutig geklärt. Vermutlich stammen einfarbige Karpfen aus dem Iran und wurden vor etwa 2000 Jahren nach Asien gebracht, wo sie als Insektenfresser und Speisefische gehalten wurden.
Seit etwa 1870 wurden die Koi in Japan von Adeligen als Statussymbole gehalten. Inzwischen ist die Koizucht auch in Europa sehr beliebt. Aufgeteilt werden die Koi in mindestens 16 Hauptvarianten und über 100 Unterformen. Die Anzahl der Varianten erweitert sich laut Wikipedia fortlaufend.red/hei