Achern / Oberkirch
Die Proben frischten den Alltag auf
10. August 2005
Zusatzinhalte nur mit verfügbar - jetzt informieren
Der evangelische Kirchenchor hat zu seinem 100. Geburtstag eine Festschrift veröffentlicht, die dessen wechselvolle Geschichte auf interessante Weise darstellt. Die ersten Protestanten waren erst vor etwa 200 Jahren nach Achern gekommen.
Achern. Das 100-jährige Bestehen des evangelischen Kirchenchors war beim ökumenischen Sommerfest der beiden Kirchengemeinden gebührend gefeiert worden (die ARZ berichtete). Dem Grußwort des Obmanns des Kirchenchors, Kurt Hauser, in der Festschrift zufolge war es übrigens das erste Jubiläum des Chors überhaupt, das gefeiert wurde.
Diese bereits erschienene Festschrift stellt nicht nur die wechselvolle Geschichte des evangelischen Kirchenchors dar. Sie wirft auch ein Licht auf die Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde und ihrer Pfarrer im Laufe der Zeiten.
Die Pflege des Chorgesangs ist in Achern schon seit dem 17. Jahrhundert belegt, heißt es in der Festschrift. Intensiver belebt wurde der Gesang im Laufe des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts mit legendären Chören wie dem »Liederkranz« vor 1843, dem »Sängerbund« nach 1872 und der »Einigkeit«, dem 1902 gegründeten »Arbeitergesangverein« bis hin zur 1934 gegründeten »Liedertafel« als Zusammenschluss von »Liederkranz« und »Sängerbund«.
Nachdem es jedoch die ersten Protestanten in Achern, deren Zahl durch die Anstalt Illenau stark anstieg, erst seit 1805 gab, ist nicht mehr festzustellen, wie groß damals die Sangesfreude in Achern war. Belegt ist aus Visitationen zwischen 1891 und 1903 jedenfalls, »dass an Festtagen der Illenauer gemischte Chor sang«.
Am 1. November 1905 wurde der Kirchenchor gegründet. Erster Dirigent war der Hauptlehrer Jakob Eiermann. Er hatte schon den »Sängerbund« dirigiert, von 1902 an auch den damals neuen Volkschor »Einigkeit«. Ab 1906 war der evangelische Kirchenchor auch Mitglied im »Evangelischen Kirchengesangsverein für Baden«.
Dass der Kirchenchor Höhen und Tiefen erlebte, beweist einerseits eine »Blütezeit des Chors« in der Ära Friedrich Schweickhart, andererseits ein bis heute ungeklärter Vorfall bei einem Weihnachtsabend 1929 im »Tivoli«, was den damaligen Pfarrer Hans Koch dazu bewegte, den Vorsitz des Kirchenchores niederzulegen.
Vergebene Suchen
Manche Erscheinungen der Zeit wiederholen sich – nachzulesen in der Festschrift. Immer wieder wurden zwischen 1930 und 1964 Dirigenten gesucht. In der Garde namhafter Dirigenten weiß die Festschrift den Lehrer und späteren Schulrat Peter Betschl (1952-1959) aus Sasbach sowie den Acherner Ulrich Euscher (1964-1999) zu nennen, der ebenfalls eine Ära für sich beanspruchen darf. Neue Zeiten brachen mit Christoph Klövekorn – professioneller Querflötist und Lehrer an der Musikschule Achern/Oberkirch für Querflöte und Kammermusik – an, der den evangelischen Chor 1999 übernahm.
Trotz dieser wechselvollen Geschichte konnte der Kirchenchor »durch sein kontinuierliches Bestehen«, wie Kurt Hauser schreibt, »das Gemeindeleben und die markanten Stationen der Kirchengemeinde mitgestalten«.
Die Festschrift enthält nicht nur eine wieder lebendig werdende Geschichte des Kirchenchores, sondern auch Stimmen der Mitglieder zu ihrer Motivation. War es bei einem Chormitglied die Mutter, »die mich nach der Konfirmation mitgenommen hat«, so waren es bei anderen Mitgliedern Auftritte des Chors, die dazu anregten, dazugehören zu wollen.
Energischer Vater
Das Dabeibleiben wurde nicht nur durch einen »energisch auftretenden Vater« gesichert oder durch einen Dirigenten, der mit Besuchen bei Chormitgliedern um Stimmen warb, sondern auch dadurch, dass »die Probenabende und Auftritte willkommene Unterbrechungen des Alltags« darstellten.
Schließlich weiß die unterhaltsame Chronik auch Amüsantes am Rande zu berichten. Wer sich in die Festschrift des evangelischen Kirchenchores vertiefen möchte, kann dies gegen eine Spende im evangelischen Pfarramt, Martinstraße, <pi> 0 78 41/20 98 03, tun.