Die spannende Geschichte des Maiwalds
Das Interesse an Dorfgeschichte ist in Wagshurst vorhanden. Das war bei der gut besuchten Hauptversammlung des historischen Vereins »Anno Dazumal« im »Engel« zu spüren. Größter Wunsch ist, im Fachwerkhaus in der Hanauer Straße 57 ein Museum einzurichten.
Der Verein für Ortsgeschichte Wagshurst traf sich laut Schriftführer Manfred Mußler zweimal in Pauls Dreschschopf zur Pflege der dort gelagerten Geräte. Gut sieht es in der Kasse aus. »Wir haben vor allem beim Verkauf des sechsten Kalenders zugelegt, das Schaudreschen übertraf jegliche Erwartungen und auch die Spenden vielen gut aus«, sagte Kassierer Erich Knösel. Vorsitzender Werner Stüber ergänzte, dass 230 Kalender verkauft wurden – Rekord.
Hausnamen sammeln
Laut Stüber nimmt die Vorbereitung des Schau-Dreschens viel Raum ein (wir berichteten), dieses Jahr findet es am 17. August statt. Manfred Bähr, Anton Huber und Werner Stüber führten im Archivraum des Rathauses auch die Zusammenstellung von Wagshurster Hausnamen fort. Die im Volksmund gebrauchte Bezeichnung für jedes der älteren Häuser in Wagshurst soll dabei erfasst und in einer Broschüre veröffentlicht werden.
Der Wunsch, S’Munnis Haus zum Heimatmuseum auszubauen, bleibt. Am 10. April wird daher das Heimatmuseum in Freistett besucht.
Werner Stüber hielt bei der Versammlung am Dienstag einen Vortrag über die Geschichte des Maiwaldgebietes von 1200 bis 1811 unter dem Titel »Der missbrauchte Wald«. Mitgebracht hatte er eine Geländekarte von 1895. Der Maiwald war laut Stüber ein 1075 Hektar großes zusammenhängendes Waldgebiet, im Westen floss die Rench. Es erstreckte sich von Wagshurst bis Memprechtshofen, von Freistett bis Gamshurst.
Rench trat über die Ufer
Die Rench setzte jährlich Felder und Siedlungen unter Wasser. Auf manchen Waldflächen stand das Wasser wochenlang wegen undurchlässiger Lehm- und Lettschichten im Boden. Das sorgte für Schnakenplagen. Es gab, so Stüber, im Maiwald auch Lichtungen mit Grasflächen für das Vieh sowie Flächen mit Binsen und Weidenhecken. Der Name Maiwald wird wohl heidnischen Ursprungs sein und mit dem Ortsnamen Freistett in Zusammenhang gebracht. Bei den Alemannen waren die Wälder der Göttin Freya geweiht, ebenso der Monat Mai. Der genossenschaftlich verwaltete Maiwald wird in alten Dokumenten als »Gemeynwald« bezeichnet, daraus könnte im Laufe der Zeit »Maiwald« geworden sein, lautet eine andere Erklärung.
Stifterin des Maiwalds wie auch des Klosters Allerheiligen 1198 war die tiefgläubige Herzogin Uta von Schauenburg, Tochter des Grafen Gottfried von Calw und seiner Ehefrau Luitgard von Zähringen. Zum Maiwald sind keine Stiftungsdokumente mehr vorhanden, aber es gibt Waldbriefe, der älteste ist von 1534. Seit dem Jahr 1200 hatte die Maiwald-Genossenschaft 600 Jahre lang bestanden. Nach Napoleons Sieg über die Preußen wurde das Gebiet 1811 aufgeteilt unter den Gemeinden Renchen (430 Lose), Wagshurst (184), Ulm (211), Tiergarten (76), Haslach (53), Mösbach (132), Erlach (88) und Stadelhofen (93) sowie Waldulm (268 Lose).
Das Maiwaldgebiet bildet heute eine zusammenhängende Fläche von 985 Hektar, an der zehn Gemeinden Anteile haben: Ulm (108 Hektar), Erlach (42), Stadelhofen (46), Tiergarten (59), Mösbach (81), Renchen (305), Wagshurst (73), Rheinbischofsheim (43), Freistett (155) und Memprechtshofen (73 Hektar).
Legendärer Holzhof
Der Holzhof bei Gamshurst ungefähr auf Höhe des Wasserwerks war einst im Maiwald das einzige Gebäude, ein Forsthof mit Schankrecht, außerdem mit Abgabestelle für Steuern und Lohnzahlungen für abgegebenes Holz, mit Pfandstall für gepfändetes Vieh. Ein Bildstock erinnert an den Hof. In Wagshurst und Renchen leben heute viele Bergers, die von Andreas Berger und Maria Lorentz abstammen, die dort lebte. Sie war wohl Schwester des damaligen Holzhofbauers Martin Lorentz, der 1660 geboren wurde. Und der berüchtigte Wilderer Klaus Bihler vom Holzhof war mit einer Schwester von Maria und Martin verheiratet.