Elf Kantoren setzen im oberen Renchtal musikalische Akzente
Singen kann ansteckende Wirkung haben – leider nicht nur im positiven Sinn. Um die Corona-Gefahr einzudämmen, muss die Kirchengemeinde ihren Gesang einschränken. Aber es gibt ja noch die Kantoren.
Feierliche Gottesdienste, wie zuletzt die Patrozinien im Oberen Renchtal, leben auch von festlicher Musik. In Coronazeiten sind Chorgesang oder Orchesterklänge nicht möglich, der Gemeindegesang ist stark eingeschränkt. Damit dennoch ansprechende Lieder und liturgische Gesänge erklingen können, hat die Kirchengemeinde Oberes Renchtal mit dem Einsatz von Kantoren begonnen – und gute Erfahrungen gemacht. Damit greift die Kirchengemeinde auf ein liturgisches Amt zurück, das eine lange Geschichte hat.
„Schon seit dem Mittelalter stehen Kantoren als ‚Anstimmer und Solisten‘ dem Gottesdienst vor“, erläutert der verantwortliche Kirchenmusiker Thomas Strauß. Der Begriff leitet sich vom lateinischen „cantare“ (singen) ab. Heutzutage werde auch der Kirchenmusiker als Kantor bezeichnet, im Oberen Renchtal werden auch Vorsänger als Kantoren verstanden. Unter bestimmten Regeln durften seit dem 9. Mai wieder Gottesdienste gefeiert werden.
Jedes Wochenende „wird in allen drei Gemeinden jeweils ein Gottesdienst gefeiert, musikalisch mitgestaltet von jeweils einem Kantor und dem Organisten“, sagt Strauß. Die Idee dahinter war, „wie wir die Gottesdienste zusätzlich zur Instrumentalmusik liturgisch gestalten können“. Auch das Repertoire für den Gesang war schnell gefunden: „solistischer Gesang aus dem großen Schatz unseres Gesangbuches, des Gotteslob“. Die Auswahl treffen Strauß und Pfarrer Klaus Kimmig gemeinsam passend zum Gottesdienst und unter Überlegung, welche Gesänge sich auch besonders eignen, um vor- oder abwechselnd mit der Gemeinde gesungen zu werden. Strauß teilt dann die Kantoren nach ihren zeitlichen Möglichkeiten ein. Unbekanntere Lieder und Gesänge werden gemeinsam geprobt und die Kantoren „tragen dazu bei, das Liedrepertoire der Gemeinde zu erweitern“.
Momentan singen elf Kantoren abwechselnd in den Gottesdiensten am Wochenende. Schwierigkeiten, genügend geeignete Leute für diesen Dienst zu finden, hatte Strauß nach eigenen Angaben nicht, da Chorgesang in Coronazeiten nicht möglich war: „Alle wollten natürlich wieder gerne aktiv singen.“ Zusätzlich kamen in Festgottesdiensten wie den Patrozinien oder Fronleichnam und Pfingsten schon Instrumentalsolisten zum Einsatz.
Die Rückmeldungen aus den Gemeinden sind „überaus positiv. Viele genießen diese Gesänge als eine Art Meditation, andere freuen sich, neue Lieder kennen zu lernen“, so Strauß. Und in Zukunft? „Ich denke, dass ein Mittelweg gefunden wird, Kantorengesang und Gemeindegesang in ein Gleichgewicht zu bringen“, sagt der Kirchenmusiker.
„Die Chance, auf die Möglichkeit eines Vorsängers zurückzugreifen, wird sicherlich weiter Zukunft haben“, ist sich Strauß sicher und vergleicht den Dienst des Kantors mit dem von Lektor, Kommunionhelfer oder Ministrant.
Pfarrer Klaus Kimmig, Leiter der Kirchengemeinde, empfindet die Mitgestaltung der Gottesdienste durch Kantoren „als große Bereicherung und Hilfe“. Er sei „dankbar, dass Frauen und Männer bereit sind, diesen Dienst im Wechsel zu übernehmen und ich spüre, dass sie viel Freude beim Singen haben“. Auch freut er sich über die Erweiterung des Repertoires, „manche wertvollen Lieder konnten wir in dieser Zeit kennenlernen, die vorgesungen wurden“.
Auch er sieht die „Chance, dass der Kantorendienst stärker in die Feier der Gottesdienste eingebunden wird“. Denn: „Gemeindegesang und der Dienst des Kantors können sich gut ergänzen“.