Filmreifer Zwist unter Vettern in Achern
Achern/Renchen. Auf einem Familienfest am Sonntag haben sie festgestellt, dass ein Konflikt aufziehen könnte. »Egon, weißt du, wer dort Jagdpächter ist?«, hatte Frank Pluschke seinen Cousin gefragt. »Ja, ich!«, lautete die Antwort von Egon Busam. Der Landwirt sitzt für die CDU im Gemeinderat Renchen und ist zudem als Jäger tätig.
Sein Cousin Frank Pluschke ist Informatiker und engagiert sich in seiner Freizeit für den Vogelschutz. Beide wohnen in Renchen-Erlach. Im Bereich »Hohler Grund« in Renchen hat das Vogelschutzkomitee, in dem Pluschke Mitglied ist, bereits vor Jahren eine Streuobstwiese erworben und zum Vogelschutzgebiet gemacht. Nun setzt er sich dafür ein, dass auf dem 40 Ar großen Streifen keine Jagd betrieben wird. Dass der eigene Cousin dort jagt und damit sein Widersacher ist, weiß er erst seit Sonntag.
Dieser ungewöhnliche Familienkonflikt, der die Cousins jedoch nicht daran hindert, freundlich miteinander umzugehen, hat gestern das SWR-Fernsehen auf den Plan gerufen. Redakteur Alexander Stein war nach der Verabschiedung des neuen Jagdgesetzes im Bundestag (siehe Stichwort) auf der Suche nach einem Privatgrundstück, auf dem die Jagd nicht erlaubt ist. Über die Internetseite des Vogelschutzkomitees landete er bei Frank Pluschke. Als der Fernsehjournalist erzählte, dass er auch die andere Seite zu Wort kommen lassen möchte, sagte der Erlacher: »Das ist einfach, mein Cousin ist Jäger.« Und der zuständige obendrein.
Gedreht wurde gestern in Renchen, auf der Streuobstwiese des Vogelschutzkomitees an der L 89 sowie in Gamshurst in der Nähe des Grillplatzes. Dort gibt es bereits ein Vogelschutzgebiet, auf dem das Jagen untersagt ist. Das zeigen mehrere Tafeln mit der Aufschrift »Privateigentum – Jagen verboten« an (kleines Foto). Dafür hat sich das Komitee um Frank Pluschke mit Erfolg eingesetzt. Damals war der für Gamshurst zuständige Jäger einverstanden.
»Man kann Vögel nur schützen, wenn man die gesamte Natur schützt«, erklärt Pluschke. »Sie stehen am Ende der Futterkette.« Deshalb möchte er, dass sein Cousin beim Jagen die Streuobstwiese in Renchen nicht betritt. Egon Busam hält dagegen: »Wenn man Flächen aus dem Jagdgebiet rausnimmt, kann es sein, dass sich die Tiere dort wohlfühlen und es zu Wildschäden kommt«, erklärt der Jäger. »Dafür muss der Jagdpächter, also ich, Wildschäden an die Landwirtskollegen bezahlen.«
Frank Pluschke hat den Austritt aus der Jagdgenossenschaft bereits beantragt. »Wir werden sehen, was dabei herauskommt«, sagt Egon Busam, bevor sich die Cousins freundschaftlich verabschieden. Das nächste Familienfest kommt bestimmt.
Das neue Jagdgesetz
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied im Juni 2012, dass Eigentum nicht vom Jagdrecht trennbar ist. Daraufhin musste das deutsche Jagdrecht angepasst werden. In Deutschland war ein Grundstücksbesitzer bis dahin automatisch Teil der Jagdgenossenschaft. Wenn der Jagdpächter einverstanden ist, konnte man die Jagd jedoch ruhen lassen.
Der Bundestag verabschiedete Ende Februar das neue Jagdgesetz, das eine Aufhebung des Jagdrechts auf Privatbesitz unter bestimmten Voraussetzungen zulässt. Frank Pluschke geht das jedoch nicht weit genug. »Das ist ein Grundrecht«, betont er.
TV-Tipp
Der Beitrag über die Cousins läuft heute Abend, 20.15 Uhr, bei »Zur Sache Baden-Württemberg« im SWR Fernsehen.