In vollbesetzter Kapelle

Gedenken in der Jugendkapelle Achern an NS-Opfer

Michael Karle
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29. Januar 2019
Sie gestalteten die gut besuchte Gedenkfeier für die Opfer des Holocaust, von links Carlo Beck, Mayra Schoenenberg, Fabian Braun, Katja Lorenz, Hans-Gerd Krabbe, Klaus-Dieter Schoenenberg, Angelika Sarana, Eleni Bayer, Ariana Mainhardt, Klaus Muttach.

Sie gestalteten die gut besuchte Gedenkfeier für die Opfer des Holocaust, von links Carlo Beck, Mayra Schoenenberg, Fabian Braun, Katja Lorenz, Hans-Gerd Krabbe, Klaus-Dieter Schoenenberg, Angelika Sarana, Eleni Bayer, Ariana Mainhardt, Klaus Muttach. ©Michael Karle

Menschen, denen in der Zeit des Nationalsozialismus die leibliche Fruchtbarkeit, die Freiheit oder das Leben geraubt wurde, standen am Sonntag im Blickpunkt des Holocaust-Gedenkens in der Jugendkirche Illenau. 

Pfarrer Hans-Gerd Krabbe leitete die Feier in der vollbesetzten Kapelle. Jugendliche gestalteten musikalisch, mit Texten und Gebeten. Oberbürgermeister Klaus Muttach erinnerte in der Gedenkrede an unsägliches Leid von Millionen Menschen und an eine Roma-Frau. Sie war 1895 in einem Reisewagen in Gamshurst geboren und starb 1940 als Mutter eines siebenjähriges Sohnes in einem deutschen Konzentrationslager.

Protest und Hoffnung

Mit Joan Baez und dem Gospel »We Shall Overcome« brachte die Band um Klaus-Peter Schoenenberg und Carlo Beck gleichermaßen eine Stimmung von Protest wie Hoffnung. »Diesen Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee als staatlichen Gedenktag zu begehen, tut Not«, erinnerte Hans-Gerd Krabbe an den verbrecherischen Wahnsinn, der in Auschwitz, Buchenwald und anderen Konzentrationslagern, aber auch mit Menschen, die etwa in der Region um Achern oder in der Illenau lebten, geschah. Das im Januar 1934 erlassene Gesetz zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses sei in keinem anderen Bezirk so massiv umgesetzt worden wie in Bühl-Achern, führte der Pfarrer an. 

Angelika Saran, Eleni Bayer und Ariana Mainhardt belegten die dramatischen Zahlen mit drei konkreten Namen. Leonhard, ein 18 Jahre alter junger Mann aus Lauf, wurde gegen seinen Protest zur Unfruchtbarkeit verurteilt. »Er hatte in der Schule eine Klasse wiederholt und wurde als schwachsinnig eingestuft.« Maria, eine ledige Mutter aus Achern, galt als »asozial« und »schwachsinnig«. Wie sie wurde Frieda, eine junge Frau aus Kappelrodeck, und Hunderte andere im Acherner Krankenhaus zwangsweise sterilisiert. »Was aus den seelischen Verletzungen wurde, weiß keiner«, so eines der Mädchen.

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Frieden Gottes

Den Widerspruchsgeist junger Menschen setzte der Pfarrer in Verbindung zum Frieden Gottes, der allein zu heilen vermag. Das gemeinsam gesprochene »Vater Unser« galt der Hoffnung auf einen Frieden, der in der erlebten Weise nicht wieder zerstört wird.

Oberbürgermeister Klaus Muttach führte Zahlen an, die sich nach wie vor wohl niemand vorstellen kann. Sechs Millionen Juden und 500 000 Sinti und Roma wurden in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet. »Wir denken auch an die Mädchen, die in Polen geraubt und in die Illenau verschleppt wurden. Die im November 2018 verstorbene Helene Lanig gehörte zu ihnen. Sie war immer bei den Gedenkfeiern. Wir werden ihr schweres Schicksal wie die der anderen verschleppten Mädchen nicht vergessen.«

Mit dem gesungenen Gedicht, das der von Nationalsozialisten hingerichtete Dietrich Bonhoeffer im Winter 1944/1945 im Kerker in Berlin verfasst hatte, gestaltete die Band den Ausklang. »Von guten Mächten wunderbar ­geborgen.« 

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