In Achern gibt es neue Pläne für die Illenau-Kirche
Die Backsteinwand liegt nackt neben dem nur noch teilweise bemalten Fenster. Der Boden ist aufgerissen, Fensteröffnungen zugemauert. Die ehemalige Kirche über dem Festsaal der Illenau ist in einem traurigen Zustand. Was aus ihr werden soll, ist offen.
»Dass ich hier noch mal sein kann …«, sagte kürzlich sichtlich bewegt Pastor i.R. Wilhelm Reiniger aus Oberachern: »Hier bin ich vor 86 Jahren getauft worden.« Das war 1931. Als Junge sei er hergekommen, um die Liednummern für den evangelischen Gottesdienst in der Illenau an einer Tafel anzubringen. »Die Sakristei war hier hinten rechts …«, erinnert er sich.
Kino für Soldaten
Mit dem Ende der Heil- und Pflegeanstalt und dem Einzug der Nazis 1940 hörten die Gottesdienste in der Illenau auf. Die Tiroler Mädchen, die hier zur Schule gingen, seien sonntags in Reih und Glied zur Pfarrkirche St. Stefan nach Oberachern marschiert, weiß Hannelore Reiniger (84) noch. Die französischen Streitkräfte, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Illenau eine Kaserne machten, funktionierten den Kirchenraum in ein Kino um. Kirchenbänke und drehbarer Altar (eine Seite mit ewigem Licht, eine Seite ohne) verschwanden.
Zwei Kirchenfenster der Apsis kamen nach Memprechtshofen, die Utensilien für das Abendmahl, so hat Wilhelm Reiniger herausgefunden, gingen nach Helmlingen. »Dass aus diesem Ort wieder ein Raum der Besinnung wird, wäre mein größter Wunsch«, sagt der pensionierte Pastor. Gern würde er selbst zu Weihnachten oder zum Jahresabschluss hier eine Feier für alle christlichen Konfessionen anbieten, sagt er: » … damit die Botschaft, die uns trägt, nicht verloren geht.« Mit diesem Wunsch ist das Ehepaar Reiniger nicht alleine.
Ein Ort zum Beten
Annette Zittel, engagiert im ökumenischen Hospizdienst Achern-Achertal und Anwohnerin der Illenau sagt: »Ich würde mir wünschen, dass der ehemalige Kirchenraum wieder die Funktion eines Gebetshauses bekäme. Ein Ort, der öffentlich zugänglich ist und der zum Beten einlädt.« Dieser Ort könnte die Konfessionen verbinden, wie es auch in der Heil- und Pflegeanstalt möglich war. »Gemeinsame Veranstaltungen könnten auch Menschen ansprechen, die den traditionellen Kirchen fern stehen«, so Annette Zittel.
Auch kirchliche Trauungen sollten möglich sein. Für Paare, die in der Illenau heiraten, wäre dies eine wunderbare Ergänzung zum bestehenden Standesamt und Festsaal. Auch Werner Bonenberger, der nahe der Illenau lebt, äußert sich in diese Richtung: »Es wäre wünschenswert, den ehemaligen Kirchenraum in der Illenau seiner segensreichen Bestimmung zurückzugeben.« Er denke an konfessionsübergreifende Gottesdienste, Gebet und Kirchenmusik.
In welche Richtungen die Überlegungen des Förderkreises Forum Illenau gehen, lässt Jürgen Franck auf Anfrage offen. Man habe Ideen und Vorstellungen, was mit diesem Teil der Illenau geschehen könne. Diese könnten »freilich nur in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat erörtert werden.« Es wäre wünschenswert, dass die Gespräche darüber in naher Zukunft in Gang kämen.
Gemeinderat entscheidet bald
1843 evangelisch und 1844 zusätzlich katholisch geweiht, war der 240 Quadratmeter große Raum über dem Festsaal die Kirche der Heil- und Pflegeanstalt. Eine 115 Quadratmeter große Empore und ein 64 Quadratmeter großer Vorraum gehören dazu. »Es wird ein Betrag im Millionenbereich nötig sein, um diesen Teil der Illenau zu sanieren«, sagt Oberbürgermeister Klaus Muttach. Wegen seiner Größe sei der Raum als Stadthalle nicht geeignet. Ähnlich große kulturell nutzbare Räume habe Achern bereits mit dem Bürgersaal und dem Festsaal. Bisher stehe keine konkrete neue Nutzung im Raum. Demnächst werde der Gemeinderat darüber entscheiden, ob für diesen letzten Sanierungabschnitt der Illenau im kommenden Doppelhaushalt 2018/19 Geld bereit gestellt werden soll.