Infrastruktur: »Es wird keine einfachen Lösungen geben«
2700 Einwohner kommen in Bad Peterstal-Griesbach auf 41 Quadratkilometer. Wie die flächengroße Gemeinde ihre Infrastruktur angesichts knapper Kassen aufrechterhalten kann, mit dieser Frage hat die Acher-Rench-Zeitung im Vorfeld der Bürgermeisterwahl am 11. März die Gemeinderatsfraktionen konfrontiert.
Öffentliche Gebäude wie Kurhaus, Rathaus oder auch der »Badische Hof«, die Wasserversorgung und das Abwassernetz sowie die Gemeindestraßen: Die Infrastruktur der Gemeinde Bad Peterstal-Griesbach aufrecht zu erhalten zieht hohe Kosten nach sich. Die Acher-Rench-Zeitung wollte von den Vertretern der Fraktionen im Gemeinderat wissen, in welchen Bereichen der Infrastruktur sie die größten Baustellen der Zukunft sehen und wie sie diese gemeinsam mit dem künftigen Bürgermeister in den nächsten acht Jahren angehen wollen.
Zur Infrastruktur zählen neben öffentlichen Gebäude auch Straßen sowie das Wasser- und Abwassernetz der Gemeinde. In welchem Bereich sehen Sie den größten Handlungsbedarf?
Franz Doll (BV): Im Wasser- und Abwassernetz wird laufend etwas saniert, zwingend bei auftretenden Schäden, bei der Sanierung von Straßen, meist auch das komplette Netz, sofern veraltet. Da es sich hier um Einzelbetriebe handelt und der Gemeindehaushalt nicht direkt betroffen ist, können diese Sanierungen zeitnaher geplant und ausgeführt werden. Als Gemeinderat haben wir auch eine Verantwortung gegenüber öffentlichen Gebäuden und da besteht teilweise auch dringender Handlungsbedarf, zum Beispiel gehören dringend die Ortsverwaltung, das Schulhaus/Kindergarten und Kurhaus im Ortsteil Griesbach renoviert und einer energetischen Sanierung unterzogen.
Inge Bayer (FWV): Wir haben sehr viel Zeit und Geld in Wasser und Abwasser investiert. Das wird auch weiter so ein. Zur Zeit steht die Sanierung der Kindergärten im Vordergrund.
Franz Doll (SPD): In der Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung wird laufend investiert. Die Kosten werden über Beiträge und Gebühren refinanziert. So beträgt das Volumen der Ausgaben für die Abwasserbeseitigung im Verwaltungshaushalt jährlich etwa eine Million Euro. In diesem Betrag sind 2017 fast 160 000 Euro für die Kanalnetzunterhaltung vorgesehen. Im investiven Bereich sind zum Beispiel für die Kanalerneuerung in der Leopoldstraße über 450 000 Euro eingeplant. In der Wasserversorgung hat die Gemeinde in den letzten Jahren fast zehn Millionen Euro investiert. Die Sanierung der Hochbehälter ist größtenteils abgeschlossen. Auch in die öffentlichen Gebäude wurde und wird laufend investiert. Allerdings ist dies nur möglich, wenn auch Fördermittel des Landes fließen. Hier besteht sicher der größte Handlungsbedarf.
Melitta Hörr (CDU): Die Wasser- und Abwasserversorgung sind bei uns in einem guten Zustand. Wir haben in den vergangenen Jahren in das Wassernetz viel investiert. Es wurden die Entsäuerungsanlagen errichtet und die Hochbehälter und das Wassernetz verbunden. Ebenso haben wir jedes Jahr in das Abwassernetz investiert und wir werden es auch laufend tun.
Öffentliche Gebäude wie das Kur- und Kulturhaus verursachen laufende Kosten. Kann sich die Gemeinde diese Einrichtungen auf Dauer leisten oder sind hier langfristig Abstriche notwendig?
Inge Bayer (FWV): Wir versuchen die Gemeindegebäude so gut wie möglich zu erhalten. Kürzungen stehen nicht zur Debatte.
Franz Doll (BV): Das typische Kurhaus hat schon lange als solches ausgedient. Die Gemeinde braucht Begegnungsstätten, Möglichkeiten für Veranstaltungen der Vereine oder auch sonstige kulturelle Ereignisse. Hierzu werden die ehemaligen Kurhäuser gebraucht und auch genutzt. Das ehemalige Kurhaus im Ortsteil Peterstal, jetzt »Kulturhaus« genannt, ist im Ortsteil Bad Peterstal unverzichtbar. Es wird gerne auch zu privaten Festivitäten gemietet. Vor wenigen Jahren wurde das Haus einer energetischen Komplettsanierung unterzogen. Unsere Ortsteile Bad Peterstal und Bad Griesbach wurden durch die Gemeindereform eingemeindet, dennoch hat sich bis heute in jedem Ortsteil das eigene Gemeindewesen erhalten, das heißt, auch im Ortsteil Griesbach muss eine Begegnungsstätte und eine Möglichkeit für Veranstaltungen der Vereine geboten werden. Das »Kurhaus« im Ortsteil Griesbach sollte auch dringend umgetauft werden, ihm würde besser zum Beispiel der Name »Bürgerhaus« stehen. Würde das Haus einer gründlichen Sanierung unterzogen, könnte es als Bürgerhaus noch lange den Vereinen und als Begegnungsstätte zur Verfügung stehen.
Franz Doll (SPD): Die beiden Kurhäuser wurden in einer Zeit gebaut, in der ein Kurhaus zu einer kurörtlichen Grundeinrichtung gehörte. Gleichzeitig dienten sie als »Gemeindehallen«. Beide Einrichtungen verursachen hohe laufende Koste, die nicht durch Vermietung oder Verpachtung gedeckt werden können. Es ist klar, dass auf Dauer ein Umdenken stattfinden muss und wir nach konzeptionellen Lösungen suchen müssen. Allerdings wird es keine einfachen Lösungen geben.
Melitta Hörr (CDU): Das Kurhaus – Kulturhaus – ist renoviert und attraktiv für Veranstaltungen und Familienfeiern. Ferner dienen die »Kurhäuser« auch der Dorfgemeinschaft und den Vereinen als »Halle« für ihre Veranstaltungen.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Zustand der Gemeindestraßen? Welche Straße gehört Ihrer Meinung nach am dringendsten saniert?
Inge Bayer (FWV): Das größte aktuelle Problem liegt im Freyersbach, aber das ist leider oder zum Glück keine Gemeindestrasse. Andere Straßen, wie die Leopoldstrasse, werden saniert oder sind eigentlich gut im Plan.
Franz Doll (BV): Bei den Gemeindestraßen sind wir dran, es wird nicht nur repariert, nach und nach auch erneuert, je nachdem wie Finanzmittel zur Verfügung stehen. Es wurde eine Prioritätenliste erstellt und die einzelnen Straßen nach Dringlichkeit eingestuft. Nach dieser Liste wird nach finanzieller Möglichkeit auch saniert, bzw. erneuert.
Melitta Hörr (CDU): In den Straßenzustand haben wir jährlich investiert. Es wurden zum Beispiel die Eckenackerstraße und die Straße im Mülben saniert. Dieses Jahr wird die Leopoldstraße sowie ein Teil der Freiersbergstraße erneuert. Man muss die topografische Lage unserer Gemeinde berücksichtigen, da gibt es bei der Instandsetzung immer wieder Überraschungen die sehr kapitalintensiv sind, zum Beispiel Stützmauern. Je nach Haushaltslage werden die Straßen saniert.
Franz Doll (SPD): Die Gemeinde ist seit Jahren dabei, den Investitionsstau in diesem Bereich abzubauen. Wir haben inzwischen ein gutes Niveau im Zustand der Gemeindestraßen erreicht und werden nach und nach die restlichen Gemeindestraßen ebenso sanieren. Wie es weiter geht wird im Rahmen der Haushaltsberatungen entschieden. Ich könnte mir vorstellen, dass man an der Forthausstraße weiterbaut, nachdem die Leopoldstraße saniert ist.
Wie sehen Sie die Zukunft des Freibads Bad Peterstal?
Melitta Hörr (CDU): Der Zuspruch zum Freibad steigt. Wir sind durch die Verpachtung auf einem guten Weg. Die Besucher fühlen sich wohl in unserem schönen Freibad. Wo gibt es noch ein Freibad mit einem 50-Meter-Becken, in dem die Kinder schwimmen lernen können?
Franz Doll (SPD): Für die Bürger von Bad Peterstal-Griesbach ist das Schwimmbad eine sehr wichtige und willkommene Einrichtung. Seit der Neuverpachtung hat sich das Ganze positiv entwickelt. Momentan sehe ich die Zukunft nicht gefährdet. Natürlich wird das Schwimmbad ein Zuschussbetrieb bleiben, aber es ist auch eine notwendige und wichtige Einrichtung für unsere Kur- und Feriengäste und die Kinder und Jugendlichen unserer Gemeinde.
Franz Doll (BV): Das Freibad sollte schon so lange es geht erhalten bleiben. Wir sehen darin eine gerne genutzte Einrichtung für Gäste als auch für Einheimische. In den letzten Jahren wurde auch immer wieder Investiert, um es möglichst atraktiv zu halten und gestalten.
Inge Bayer (FWV): Wir haben sehr viel Geld investiert. Wir haben einen engagierten Pächter. Hier gibt es keine Probleme. Für Einwohner und Gästen ist das Schwimmbad ein Plus.
»Abrissbagger bestellen«
Bei der Frage nach der Zukunft von gemeindeeigenen Gebäuden wie der Flüchtlingsunterkunft im Lutherweg oder des Badischen Hofs gehen die Meinungen der Fraktionen im Gemeinderat Bad Peterstal-Griesbach auseinander. Da sich die Flüchtlingslage entspannt habe, sieht Inge Bayer (FWV) hier die Gelegenheit, langfristiger zu planen. Auch Melitta Hörr (CDU) plädiert dafür, die Gebäudenutzung laufend zu überprüfen. Überlegungen bezüglich der beiden Gebäude gebe es bereits.
Franz Doll (SPD) findet, dass das Gebäude im Lutherweg im jetzigen Zustand als Regelunterkunft nicht mehr dienen kann. »Sanieren wird sich das Haus sicher nicht lassen, deshalb wird die Gemeinde kurzfristig über das weitere Vorgehen beraten müssen.« Die SPD-Fraktion könne sich »vorstellen, dass man sich von dem Haus im Lutherweg trennt, den Badischen Hof aber im Kern erhält und saniert.«
»Das Haus im Lutherweg ist marode«, meint Franz Doll (BV). . Es könne zwar als Notunterkunft noch genutzt werden, »wenn größere Sanierungsmaßnahmen anstehen, ist es aber am besten, den Abrissbagger zu bestellen«. Beim Badischen Hof sehe es anders aus, »Teile der Außenfassade sind denkmalgeschützt«. Das Haus liege zentral, umgeben von Parkmöglichkeiten. »Hier könnten wir uns schon einen zentralen Treffpunkt im Ort vorstellen, auch die Unterbringung der KTG mit Info Zentrum.«
Nationalpark: Chance für eine Anbindung an Freudenstadt
Ein Verkehrskonzept soll künftig helfen, die Besucherströme in den Nationalpark zu lenken und für die umliegenden Gemeinden erträglich zu halten. Franz Doll (SPD) kann allerdings seit Eröffnung des Nationalparks »keine wesentliche Veränderung der Verkehrsdichte erkennen«. Er finde es nach wie vor gut, dass der Gemeinderat sich einstimmig für den Nationalpark ausgesprochen hat. »Risiken kann ich in der Entscheidung nicht sehen.« Inge Bayer (FWV) sieht eine »große Chance« in der Anbindung nach Freudenstadt. »Es wird unsere Infrastruktur zweifelsohne verbessern, übrigens auch, wenn es darum geht, dass Nationalparkbesucher in Griesbach oder Peterstal parken, wohnen, essen, übernachten.«
Hoffnungen auf »bessere Verbindungen des öffentlichen Nahverkehrs zum Kniebis und nach Freudenstadt sowie nach Straßburg« hegt auch Melitta Hörr (CDU). Den Nationalpark und auch das Tierreservat sehe ihre Fraktion als ein gutes touristisches Highlight für den Nordschwarzwald. Franz Doll (BV) geht davon aus, dass sich der Verkehr aufteilen wird. »Anfangs rechnen wir schon mit mehr Verkehrsaufkommen. Wir hoffen stark dass außerhalb der Ortschaften im Renchtal Parkmöglichkeiten geschaffen werden, um den Besuchern die Möglichkeit zu bieten, mit Shuttlebussen zum Nationalpark zu kommen.« Sonst, so Doll »wäre das Verkehrschaos im Bereich Alexanderschanze, Kniebis und Schwarzwaldhochstraße perfekt«.