Achern / Oberkirch
Kaum jemand gab Waffen ab
Kay Wagner
29. Dezember 2003
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Seit erstem April gilt ein neues Waffenrecht in Deutschland. Im Renchtal trennte sich jedoch kaum jemand von seinen jetzt verbotenen Waffen. Und richtig begeistert scheint keiner über die Neuerungen zu sein.
Renchtal. »Keine Einzige.« Die Antwort von Wolfgang Roll, Sachbearbeiter für Waffenrecht am Ordnungsamt Oberkirch, kommt wie aus der Pistole geschossen. Bei ihm habe niemand eine der Waffen abgegeben, die laut neuem Gesetz nicht mehr in Besitz von Privatpersonen sein dürfen: Wurfsterne, Butterfly-, Faust- und Springmesser. Oder für deren Mitführen man jetzt den so genannten kleinen Waffenschein haben muss: Schreckschuss-, Reizstoff- oder Signalwaffen.
Ähnlich die Bilanz von Michael Loritz, Rechtsdezernent im Landratsamt, das für die Gemeinden Oppenau und Bad Peterstal-Griesbach zuständig ist. »Wir konnten keinen verstärkten Rücklauf von Waffen feststellen«, sagt er. Am ersten April war das neue Waffengesetz in Kraft getreten. In einer Übergangsfrist bis Ende September konnten Bürger ihre seit jeher oder neuerdings verbotenen Waffen noch straffrei bei den Ordnungsämtern abgeben.
»Wenn jetzt noch jemand etwas auf dem Speicher findet und zu uns bringt, macht er sich strafbar«, sagt Roll. Doch engstirnig sei man beim Ordnungsamt nicht. Lieber jetzt noch mal nachschauen und vorbeikommen, als später. »Denn in einem halben Jahr können wir dann wirklich nichts mehr machen«, sagt er.
Abgegebene Waffen, so erklärt Loritz, werden zur Landespolizeidirektion nach Freiburg geschickt und dort gesichtet. Die meisten werden vernichtet. Einige wenige behält die Polizei, wertvolle werden versteigert. Den Erlös bekommt der ehemalige Besitzer. Der direkte Verkauf beim Händler ist ein weiterer Weg, sich von seiner Waffe zu trennen. »Seit neuestem kommen oft gerade ältere Jäger zu mir und wollen ein Gewehr verkaufen«, erzählt Siegfried Kälble, der in Oberkirch ein Waffengeschäft besitzt. Seine Antwort ist dann meistens negativ. »Der Markt ist gesättigt, weil viele direkt nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes gebrauchte Waffen schon verkauft haben.« Das habe die Preise gedrückt, neue Käufer gebe es kaum.
Im Schrank aufbewahren
Dabei kommen die von Kälble angesprochenen Jäger gar nicht gezwungenermaßen zu ihm. Abgeben müssen sie ihre Waffen nicht. »Aber das neue Gesetz schreibt vor, Langwaffen in einem speziellen Schrank aufzubewahren«, erklärt der Geschäftsmann. So ein Schrank koste einige hundert Euro. »Viele sagen sich dann, in meinem Alter gehe ich doch sowieso nicht mehr zur Jagd, warum soll ich mir dann noch einen so teuren Schrank leisten?«
Neue Schränke mussten sich auch einige der Sportler kaufen, die Mitglied im Schützenverein Oberkirch sind. »Aber die meisten hatten schon einen, das war nicht das große Problem«, sagt der Vorsitzende des Vereins, Karl-Heinz Teuscher. Der psychologische Effekt, den das neue Regelwerk ausgelöst habe, ist eher seine Sorge. »Es wird immer schwerer werden, Kinder und Jugendliche für den Schießsport, der ja jetzt schon nicht sehr populär ist, zu gewinnen«, sagt er. Deutsche Medaillen bei internationalen Wettbewerben könnten aufgrund des fehlenden Nachwuchses zur Mangelware werden.
Dass Deutschland oder auch nur das Renchtal durch das neue Gesetz sicherer geworden seien, daran glaubt keiner der Befragten. »Es werden doch sowieso nur etwa 0,2 Prozent der Straftaten mit Waffen begangen, die legal im Besitz der Täter sind«, sagt Kälble.
Und an illegale Waffen, so Teuscher, käme man in Städten wie Lahr und Straßburg mit den notwendigen Szenekenntnissen ohne große Probleme heran. Weitere Infos rund um das neue Waffenrecht gibt es gut aufbereitet im Internet auf den Seiten des in Emmendingen beheimateten Vereins »Forum Waffenrecht« unter www.fwr.de.
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