Achern / Oberkirch

Ladenhüter an der Klosterruine

Rüdiger Knie
Lesezeit 4 Minuten
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16. Juni 2011
Foto: Bernhard Huber - Seite an Seite stehen die beiden denkmalgeschützten Gästehäuser in Allerheiligen, die im 19. Jahrhundert gebaut wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie vom Bistum Mainz erworben und zunächst als Kurheim genutzt. Erich Schweiger (kleines Foto), der d

Foto: Bernhard Huber - Seite an Seite stehen die beiden denkmalgeschützten Gästehäuser in Allerheiligen, die im 19. Jahrhundert gebaut wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie vom Bistum Mainz erworben und zunächst als Kurheim genutzt. Erich Schweiger (kleines Foto), der d

Einem geschenkten Gaul schaut man nichts ins Maul, sagt der Volksmund. Doch genau das tut das Land Baden-Württemberg bei der kostenlosen Rückübertragung von vier Gebäuden auf dem Klosterareal Allerheiligen, die man 1947 an das Bistum Mainz verkauft hatte.

Oppenau. Die Gespräche zwischen dem Bischöflichen Ordinariat Mainz und Vertretern des Finanzministeriums in Stuttgart sind ins Stocken geraten. Und das schon lange vor der Landtagswahl und dem Regierungswechsel. Nachdem das Bistum vier zum Teil denkmalgeschützte Immobilien an der Klosterruine Allerheiligen an das Katholische Institut für Weltevangelisierung übertragen hatte (siehe Hintergrund), ist das Ordinariat jetzt bei der Rückgabe ans Land behilflich.
Das Problem: Das Land und die von ihm beauftragte Anstalt »Schlösser und Gärten« (siehe Stichwort) fürchten die zu erwartenden Unterhaltskosten. »Bis vor gut einem Jahr schien alles klar«, erinnert sich Volkmar Hommel. Der Verwaltungsdirektor leitet die Abteilung Bistums-Liegenschaften in Mainz. Man sei sich mit der zuständigen Baubehörde in Freiburg einig gewesen. »Wir mussten nur noch zum Notar.«
»Absage war Hammer«
Die vier Häuser sollten unentgeltlich übertragen werden, die Kapelle im Unterhalt der Kirche bleiben. Doch dann sei das Veto der Landesanstalt »Schlösser und Gärten« gekommen. Hommel: »Im September 2010 folgte die Komplettabsage. Das war schon ein Hammer nach so vielen Verhandlungen.« Forderungen des Landes, was man vom Bistum Mainz im Falle einer Übernahme an weiteren Zugeständnissen erwarte, lägen nicht vor.
Weiter entgegenkommen will das Bistum den Landesvertretern aber ohnehin nicht: Man habe vor gut 60 Jahren etwas erhalten und wolle dies jetzt wieder zurückgeben (siehe Fakten und Zahlen). »Und das in einer sozialverträglichen Aktion«, erklärt Hommel. »Wenn Sie etwas verschenken wollen, würden sie vorher auch nicht noch ein paar Hunderttausend Euro investieren.« Man habe die Gebäude in den vergangenen Jahren im Rahmen der Versicherungspflicht unterhalten, beispielsweise Brandschutztreppen angebaut. Mehr aber nicht.
Ob im Zweifelsfall alle vier Gebäude erhalten werden können, scheint angesichts der teils angegriffenen Bausubstanz fraglich. Dies bestätigt Lierbachs Ortsvorsteher Erich Schweiger, der in direkter Nachbarschaft seit einigen Jahren eine Gaststätte betreibt. Zumindest für einen Teil der leer stehenden Gebäude hätte er trotzdem ein Nutzungskonzept in der Schublade. »Doch zuerst muss man mal den Zustand anschauen«, sagt Schweiger. Für Investitionen sei indes der Eigentümer zuständig. Ob alter oder neuer, da hält sich der Gastronom raus. »Im Sinne der Gaststätte wäre eine Nutzung der Gebäude schon. Es fehlen beispielsweise Übernachtungsmöglichkeiten für 20 Bedienstete.« Die könnten in den Gästehäusern schlafen – und dem Eigentümer einige Euro als Einnahme bescheren.
»Nicht an Dritte«
Eine Veräußerung an Dritte kommt für das Bistum derzeit nicht in Frage: »Es haben sich einige Interessenten gemeldet. Die würden bis zu 75 000 Euro zahlen«, sagt Hommel. Um die zu verhindern, könnte das Land ein Vorkaufsrecht nutzen – und müsste damit für etwas zahlen, was es noch geschenkt kriegt. »Bei allem Verständnis für die Baustellen des Landes, wir haben viele Brücken gebaut. Jetzt muss man das Geschäft mal abwickeln«, bilanziert der Mainzer Liegenschaftsexperte. Im Finanzministerium hält man sich bedeckt. Dort wollte ein Sprecher nur bestätigen, dass es Gespräche mit dem Bistum Mainz gibt. Der Landesbetrieb »Vermögen und Bau« prüfe die Kosten für den Unterhalt und, so der Sprecher, »steht mit dieser Arbeit erst am Anfang«.

Hintergrund
ICPE-Mission
Das Katholische Institut für Weltevangelisierung (ICPE) ist nach eigenen Angaben eine katholische Laienmissionsorganisation. Unterstützt wird das Missionierungs-Anliegen vom Bistum Mainz und dem Erzbistum Freiburg. Gegründet 1985 auf Malta, eröffnete die Gemeinschaft 1990 ihr erstes Haus in Allerheiligen. In diesem »Mutterhaus« wurden viele Missionar-Teams ausgebildet, die in anderen Ländern Niederlassungen zur Neuevangelisierung gründeten. 2009 wurde das Haus in Allerheiligen geschlossen. Die Team-Ausbildung findet zwischenzeitlich in Asien statt, wo es in Indien, den Philippinen, Südkorea und China missionarische Schwerpunkte gibt. Die deutsche Sektion zog auf Bitten von Erzbischof Robert Zollitsch nach Mannheim um, um von dort Anstöße und Unterstützung bei der Neuevangelisierung im Erzbistum Freiburg anzubieten, wie das Erzbischöfliche Ordinariat bestätigt.rüd

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Fakten und Zahlen
Hotel und Kinderheim
1947 erwarb das Bistum Mainz das Hotelareal in Allerheiligen, insgesamt vier Gebäude. Dazu gehörten zwei im 19. Jahrhundert gebaute, denkmalgeschützte Gästehäuser, eine Liegehalle und das Verwaltergebäude – letztere in den 1960er Jahren gebaut. Der Caritasverband Mainz hatte dort nach dem Zweiten Weltkrieg ein Kurheim für Kinder eröffnet. Ab 1978 wurde der Komplex als Landschulheim weitergeführt und stand vor der Übernahme durch die ICPE leer. Das Bistum Mainz errichtete 1960 eine Kapelle.

Stichwort
»Schlösser und Gärten«
Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ist eine nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die vom Finanzministerium Baden-Württemberg betreut wird.
Die Anstalt verwaltet und vermarktet Schlösser, Burgen, Gärten und Klöster, darunter auch die Ruine von Allerheiligen, im Besitz des Landes Baden-Württemberg.rüd

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