Verhandlung in Kehl

Landwirt muss sich wegen Beleidigung vor Gericht verantworten

Von Daniel Wunsch
Lesezeit 4 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
25. Januar 2023
Um den Vorwurf der Beleidigung ging es vor dem Kehler Amtsgericht.

Um den Vorwurf der Beleidigung ging es vor dem Kehler Amtsgericht. ©Daniel Wunsch

Ein 66-jähriger Landwirt zog nach langer Diskussion seinen Einspruch gegen den Strafbefehl wegen Beleidigung zurück – da ihm am Ende sogar eine Verurteilung wegen Körperverletzung drohte.

Rheinau/Kehl. Für den Prozessbeobachter im Kehler Amtsgericht handelte es sich zunächst um keine außergewöhnliche Situation, die sich am 14. April gegen 9.30 Uhr auf einem Landwirtschaftsweg von Rheinau kommend in Richtung Renchen ereignet hatte: Diesen Weg befuhr der Angeklagte mit seinem Traktor nach eigenen Aussagen „gemütlich mit höchstens 20 Stundenkilometern“, als plötzlich „über 100 Meter“ vor ihm zwei Pferde auftauchten, die von ihren Halterinnen – neben ihnen laufend – an den Zügeln gehalten wurden.

Wäre die Vierergruppe nur ein kleines Stückchen auf die Seite gegangen, hätte der Landwirt, wie er sagte, mit seinem Gefährt „mühelos an ihnen vorbeifahren können“. Doch dazu kam es erst gar nicht, da der 66-Jährige laut Anklage direkt verbal übel beleidigend auf die beiden Damen losgegangen ist. Deshalb war er zunächst wegen zweifacher Beleidigung angeklagt, so Staatsanwalt Norman Senk.

Der Angeklagte verteidige sich: „Ich habe schon viele Konfrontationen erlebt, aber noch nie so was. Bei mir muss niemand auf die Seite springen.“ 80 bis 100 Meter sei er hinter der Gruppe hergefahren in der Hoffnung, dass sie Platz machen würde. Doch als das nicht geschah, habe er seinen Traktor angehalten und nur gefragt, ob sie „ein Problem“ hätten? Eine der beiden Damen habe dann auch den restlichen Weg versperrt, mit den Armen gefuchtelt und ihn als „Arschloch“ bezeichnet. Dann sei er „einfach rechts auf dem Grünstreifen“ vorbeigefahren. Bei einer ähnlichen Situation sei eine andere Gruppe gleich auf die Seite gegangen. „Das sollte eigentlich normal sein.“

„Bedrohliche Situation“

Er könne es verstehen, „wenn der Weg eng, abschüssig oder brenzlig“ wäre, oder wenn es schwierig gewesen wäre, auf die Seite zu gehen. Die Straße war aber „rund sechs Meter breit, der Schlepper nicht groß und der Frontlader ganz oben“. Beim letzten Punkt warfen ihm die Damen laut Polizeiprotokoll vor, den Frontlader vor lauter Wut „hoch- und runtergefahren“ zu haben, während „der Traktor ohne zu verlangsamen auf uns zufuhr“. Diese „bedrohliche Situation“ habe dazu geführt, dass die Pferde gescheut hätten und nur mit Mühe festgehalten werden konnten. „Hätte die Frau nicht so mit den Armen gefuchtelt und geschrien, hätten die Pferde auch nicht so gezogen“, verteidigte sich der Angeklagte weiter.

- Anzeige -

Warum er das Angebot der Staatsanwaltschaft auf einen „Täter-Opfer-Ausgleich“ abgelehnt habe?, fragte der Richter. „Weil ich selbst das Opfer bin“, antwortete der Renchener. „Keiner, der nicht dabei war, kann entscheiden, was passiert ist.“ Heise entgegnete: „Doch, dafür gibt es ein unabhängiges Rechtssystem.“ Anschließend fasste der Richter zusammen: „Nach bisherigem Stand entsprechen die Schilderungen der beiden Frauen für mich der Wahrheit. Warum sollten sie sich so verhalten haben, wie Sie behaupten!?“

„Das kann ich mir auch nicht erklären, ich war wirklich schockiert“, betonte der Angeklagte. Nach diesem ersten Eindruck käme, laut Heise, bei einer Verurteilung nach der Beweisaufnahme auch fahrlässige Körperverletzung in Betracht. Durch das Ziehen der Zügel habe die Geschädigte nämlich eine Brandwunde an der Hand davongetragen. Sogar Nötigung und ein Fahrverbot könnten ihm daher drohen.

Wäre dies der Fall, würden auch die im Strafbefehl angenommenen 15 Tagessätze – „das absolute Minimum“ – mehr werden. Die Höhe von jeweils 60 Euro dagegen müsste aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation „ein bisschen gesenkt“ werden. „All dies erläutere ich Ihnen, damit es später kein böses Erwachen gibt“, so der Richter.

Tagessatz halbiert

Schließlich entschied sich der 66-Jährige, den Einspruch nur auf die Rechtsfolgen, also auf die Höhe des einzelnen Tagessatzes, zu beschränken. Glück im Unglück für den Angeklagten: Der Richter halbierte in seinem Urteil den Tagessatz auf 30 Euro. Somit muss der Landwirt „nur“ noch eine Geldstrafe von 450 statt 900 Euro bezahlen. Und die beiden Zeuginnen konnten auch ohne Beweisaufnahme entlassen werden.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Achern / Oberkirch

Patric König kommentiert, warum die Toilettensanierung dem Oberkircher Gemeinderat eher Pluspunkte bringt als eine geringere Neuverschuldung.
vor 5 Stunden
Kommentar zu den Haushaltsberatungen
Bei den Haushaltsberatungen in Oberkirch bediente der Oberkircher Gemeinderat alte Reflexe, als er Geld für die Zusenhofener Ortsverwaltung und die Stadelhofener Toiletten ausgab. Hoffnung macht eine andere Idee.
Die Ortsverwaltung Zusenhofen soll nun doch einen barrierefreien Zugang erhalten.
vor 5 Stunden
OB überstimmt
Mit zwei Wünschen aus Zusenhofen und Stadelhofen hat der Gemeinderat sich bei den Haushaltsberatungen am Montag auseinandergesetzt. OB Bühler warnte vor einem Präzedenzfall.
Ein Fiat 500 wurden am Dienstagabend bei einem Unfall auf der B 28 schwer beschädigt.
vor 7 Stunden
Mercedes kollidierte mit zwei Fahrzeugen
Die B 28 war zwischen Zusenhofen und Oberkirch gut zweieinhalb Stunden gesperrt. Drei Fahrzeuge waren dort in einen schweren Unfall verwickelt. Inzwischen steht die Unfallursache fest.
In der Martinstraße ist wegen des hohen Parkaufkommens meist wenig Platz auf der Fahrbahn.
vor 9 Stunden
Mal fehlt ein Sackgassenschild
Im Moment ist es eine Kunst, mit dem Auto in Achern von A nach B zu kommen. Wichtige Verkehrsadern sind gesperrt, unglückliche Beschilderungen inklusive. Parkende Autos tun ihr Übriges.
Die Unterstützung des Gracius-Montesori-Kindergartens mit Lern- und Lebensmitteln – hier mit der Vorsitzenden Brigitte Schmidt – ist nur eines von mehreren Projekten in Tansania des Rheinauer Vereins Helfende Hände für Kinder (HHK).
vor 12 Stunden
"Helfende Hände für Kinder"
Die Arbeit geht nie aus: Mit aktuell 41 Patenkindern und einem Nähmaschinenprojekt für junge Frauen setzt der in Tansania tätige Verein Helfende Hände für Kinder Zeichen der Hoffnung.
Einen sechsstelligen Betrag kostet die Fassadensanierung der Mediathek.
vor 15 Stunden
Zwei Stadträte hinterfragen Fassadensanierung
Die Fassade der Oberkircher Mediathek wird 15 Jahre nach deren Einweihung saniert. Die Kosten und die mögliche Regelmäßigkeit dieses Schritts sorgten im Gemeinderat für Unmut.
Für neugierige Blicke sorgte am Dienstagmorgen ein großes Feuerwehraufgebot vor dem Lidl an der Fautenbacher Straße in Achern.
vor 16 Stunden
Viel Blaulicht
Für etwa eine halbe Stunde konnte am Dienstagmorgen niemand im Lidl in Achern einkaufen gehen. Die Feuerwehr musste Schmorgeruch nachgehen.
Auch gegen Willstätt gab es einen großen Sieg.  Die Fußballer des Sportvereins (links) waren auf dem Weg in die seinerzeit vierthöchste deutsche Fußballliga. 
vor 18 Stunden
Achern - Fautenbach
Mit Fußballern allesamt aus der eigenen Ortschaft schafften die Rothosen vor 50 Jahren den Aufstieg. Zehn Jahre spielten sie in der zweiten Amateurliga, der vierthöchsten Klasse.
An der Stirnseite des Honauer Kindergartengebäudes soll das neue Gebäude für die Hackschnitzelheizung errichtet werden, die Kita, Halle und Hallenbad beheizen soll.
vor 21 Stunden
Honau
Die Sanierung des Honauer Hallenbads steht kurz bevor. Wann es losgehen soll und welche Schwierigkeiten es bei den Arbeitsvergaben gab, erführen die Ortschaftsräte am Dienstag.
Die höchste Ehrung des Kolpingwerks und die Ernennung zum Ehrenvorsitzenden sind der Dank für die jahrzehntelange Treue von Hansjörg Siefermann zur Kolpingsfamilie und dessen zukunftsweisenden Aktivitäten (von links): Hubert Köninger, Hansjörg Siefermann und Antonia Bäumler.
vor 22 Stunden
Hansjörg Siefermann
Die höchste Ehrung des Kolpingwerkes hat Hansjörg Siefermann aus Kappelrodeck erhalten. Für sein Engagement erhielt er die Ehrennadel "Münsterturm". Erster Ehrenvorsitzender seines Vereins ist er auch.
Roland Benkeser ist tief verwurzelt in Tansania. Sein gemeinnütziger Verein Smile and Help baut dort eine Schule.
vor 23 Stunden
Patenschaften für jedermann
Der gemeinnützige Verein Smile and Help des Laufer Unternehmers will afrikanischen Kindern ein Lächeln schenken. Benkeser bietet an, Patenschaften für Kinder oder Projekte zu übernehmen.
Mit neuem Programm startet der ehemalige Kameradschaftsbund unter dem Namen "Wir in Fautenbach", von links Rainer Ganter, Gebhard Glaser, Josef Burgert, Max Schindler, Raimund Schreiber, Roland Gleiß, Christian Weber. Es fehlen auf dem Foto Verena Huber und Peter Stiebitz.
vor 23 Stunden
Achern - Fautenbach
Der Kameradschaftsbund hat sich in „Wir für Fautenbach“ umbenannt und neue Ziele gesetzt.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Das Stadtquartier Rée Carré bietet viele verschiedene Aktionen in der Adventszeit an.
    25.11.2023
    Offenburg: Aktionen und Events im Stadtquartier
    In der Adventszeit pflegt das Rée Carré lieb gewonnene Traditionen. Das Stadtquartier erstrahlt im Lichterglanz und bietet neben Glühwein und den vertrauten vorweihnachtlichen Düften ganz besondere Events, um die besinnliche Zeit zu begehen.
  • Petro Müller, Inhaber des Autohauses Baral in Lahr (rechts), und sein Sohn Gerrit suchen noch einen Mechatroniker, um das Team zu verstärken. 
    21.11.2023
    Im Suzuki-Autohaus Baral wächst die nächste Generation heran
    Das Suzuki-Autohaus Baral in Lahr hat sich auf Kleinwagen – neu und gebraucht - spezialisiert. Inhaber Petro Müller und sein Team setzen auf Beratung und Meisterservice in der Werkstatt.
  • Sie halten die Tradition des Bierbrauens hoch im Brauwerk (von links): Der neue Betriebsleiter und Braumeister Martin Schmitt, Geschäftsführer Oliver Braun, Ulrich Nauhauser, der ausgeschiedene Betriebsleiter und Braumeister, sowie Rick Pfeffer, der neue Braumeister.
    21.11.2023
    Brauwerk Baden: Immer am Puls der Zeit
    Die alte und neue Generation der Braumeister des Brauwerks Baden bieten den Kunden neben traditioneller Braukunst auch nachhaltige Ideen und neue Trends.
  • Marc Karkossa, Peter Sutter und Luis Weber (von links) haben das Start-Up Dyno aus der Taufe gehoben. 
    20.11.2023
    Offenburger Start-Up startet Großoffensive in Offenburg
    Mehr Geld im Alter: Das Offenburger Unternehmen "Dyno" will Arbeitnehmern Gutes tun. Die Mission des Start-ups: "Dyno rettet die Rente!"