Leimener Forscherin sezierte Oberkircher Fasent-Balzrituale
Stabhalter Denis der Tischdennis konnte beim Staatsakt am Montag stolz sein: Seine Leimener Minister brachten in der Bütt ihre Schmetterbälle sicher ins Ziel.
Ideen hat der Mann schon mal: Leimens Stabhalter Denis Huber hat die Lösung für das Fußball-WM-Problem gefunden, vor dem Oberkirch wegen der Sanierung des Narrenkellers steht. Eine Alternative für die Fußballübertragungen, so Denis der Tischdennis, wäre die evangelische Kirche: »Die ist als Begegnungsstätte renoviert worden.«
Auch die Minister zeigten sich einfallsreich: Ihre Rente aufzubessern versuchte Marisa Birner. Nachdem ihr die Rolle als beweglicher Poller in der Fußgängerzone zu gefährlich war, probierte sie es als Blutspenderin. Den Spenderfragebogen arbeitete sie mit dem Publikum durch.
Wickelt der Kinderwagen bald die Kinder?
Über »37 Jahre im Ehejoch« berichtete Martin Huber. Seine Frau gönnte ihm immerhin eine Geliebte: »Mich alder Knoche macht sie rasend, mini heiß geliebte Oberkircher Fasent.« Damit war der Einstieg in die familiäre Seite des Staatsakts geschafft. Daran knüpften auch »Mutti und Tante« Alexandra Spinner und Saskia Harter an. Im Mittelpunkt: die Anschaffungen für ein Baby, zum Beispiel ein Kinderwagen für 953 Euro – »da hab ich gefragt, ob der für das Kind auch wickelt.«
Um handfeste Erziehungsarbeit stritten sich Melanie Schmid und ihr Onkel Jürgen Müller. Dass Babysitter»Gogo« die Windeln ihrer Kinder mit Hosenträgern und Klebeband befestigte, gefiel Melanie gar nicht. Zudem seien die Kinder bei ihrer Rückkehr aus Gogos Wohnung ziemlich dreckig gewesen. »Da kann ich nix dafür«, verteidigte er sich: »Ich habe gesagt: Bleibt auf der Couch. Aber nein, sie müssen unbedingt auf dem Wohnzimmerboden spielen.«
Die Berufsgenossenschaft schlug zu
Gleich in mehrere Rollen schlüpfte Simon Spinner: Dem Kasperl aus der Fasenteröffnung ließ er den Auftritt eines Kasperls von der Berufsgenossenschaft folgen. Die »Fachkraft zur Untersuchung regresspflichtiger Fälle« (kurz: Furz) stellte prompt fest, dass auf dem Weg zur Bühne eine Zwischenstufe fehlte. Spinners Tipp: Einer der Minister sollte sich als Stufe hinlegen. Oder eine Ministerinnen, »die Leimen-Frauen sind ja gewohnt, dass auf ihnen herumgetrampelt wird.«
Forscherin stufte Stabhaltereien als bedrohte Art ein
Regine Harter drehte in dieser Hinsicht den Spieß um: In einer Paraderolle als norddeutsche Verhaltensforscherin nahm sie die Oberkircher Fasent und die Balzrituale ihrer Akteure wissenschaftlich unter die Lupe. Die Stabhaltereien bestünden zum Beispiel aus möglichst vielen Männern und »zwei jungen Weibchen, die zu Dekorationszwecken benötigt werden«.
Die Stabhaltereien stünden auf der Liste der bedrohten Arten«: Der »homo lohmus« sei schon vor zehn Jahren von der Bildfläche verschwunden und der »homo gallus«, die Stabhalterei der französische Garnison, nicht aus dem Winterquartier zurückgekehrt.
Am besten hatte der Forscherin natürlich der goldene Leimen gefallen: »Nur den Zusammenhang zwischen Namen und Farbe habe ich nicht ergründen können: Leim ist doch farblos.« Besser passe das Blau der Klein Basler – »ihr Standardaggregatszustand in der Fasent«. Auch die Zunft kam nicht ungeschoren davon: Aus dem ärmlichen, aus Filzresten zusammengestückelten Schnurrihäs schloss sie, dass die Abkürzung NZO für »Nix zum Oziehe« stehe.
Ein Zahnarztgutschein für den Stadtrat
Apropos studiert: Zwischen dem Lernen und dem Nebenjob in der »Tränke« hatte auch Markus Ziegler noch die Zeit für einen Auftritt gefunden. Der »gestresste Student« machte vor allem der Stadt Stress. So empfahl er, die Stadträte nicht nur mit Sitzungsgeld, sondern auch mit einem Zahnarztgutschein zu entschädigen: »So oft wie die zähneknirschend Mehrkosten abnicken mussten ...«
Und das neue Fontänenfeld am Marktplatz könne zum Erfolg werden – »wenn man es als Cleanpark für Rollatoren anpreist«.
ZITATE
»Die Kostensteigerung für den Bauhof war damit begründet, dass die alle zur selben Zeit Pause machen und deshalb 30 Pissoirs nötig sind. In der Stadthalle gehen 400 Leute in die Pause – und das mit sechs Pissoirs.«
Dennis Huber
»Egal ob das Spielzeug für den Hund oder für das Baby ist: Es ist bunt und des quietscht.«
Alexandra Spinner und Saskia Harter
»Ich habe die Hoffnung, dass die auch zum Laufen Google Maps benutzen. Dann erledigt sich das Problem von selbst, wenn der nächste Sonntagsspaziergang auf die Autobahn geht.«
Simon Spinner (Foto) über Autofahrer, die angeblich von ihrem Navi in die Fußgängerzone geleitet wurden.
»Die Stabhalter scheinen kein sehr ausdauerndes Naturell zu haben. Jedes Jahr muss das ein anderer machen, dabei ist das Ding doch gar nicht so schwer.«
Regine Harter, Verhaltensforscherin, über diejenigen in den Stabhaltereien, die an Fasent »eine Art Stock in der Hand« halten
»Zwischen Tränke und Simpl gibt es vier Straßenarten: die Fußgängerzone, den verkehrsberuhigten Bereich, die Straße, wo man richtig Gas geben kann und die untere Hauptstraße, die ich spontan keiner Straßenkategorie zuordnen kann.«
Markus Ziegler, gestresster Student, über die Oberkircher Hauptstraße.
»Ich glaube, dass der OB anstrebt, dass Stuttgart 21, der Flughafen BER Berlin und die Wasserrinne August Ganther Oberkirch an einem Tag eröffnet werden.«
Markus Ziegler über die aus Sicherheitsgründen trocken gelegte Wasserspielrinne.
Öko-Vorkämpfer hatte Verbündete im Rathaus
Sein Staatsaktdebüt als Minister gab Gregor Huber (Foto) mit einem fulminanten Auftritt als Umweltminister. Er wollte aus dem Leimen eine ökologisch-nachhaltige Stabhalterei machen. Ein erstes Zeichen habe Oberkirch ja schon in der Form eines Biosupermarkts gesetzt. Als Vorbild diente Huber sein Wohnort Freiburg: Dort werde sogar der Datenmüll von Windows-Computern wiederverwertet: »Daraus entsteht zum Beispiel das Fernsehprogramm von RTL oder der eine oder andere Artikel in der ARZ.«
Huber warb für das so genannte »urban gardening«: Statt Lebensmittel quer durch die ganze Welt zu transportieren, sollten die Leimener lieber in ihren gut isolierten Häusern Pilze züchten. »Dann muss keiner mehr nach Lautenbach zum Zieglerhof oder nach Zusenhofen zum Wurth fahren.« Apropos Auto: Mit einem Grünkernkonto wollte der Umweltminister den ökologischen Fußabdruck der Oberkircher erfassen. Pro Kilometer Autofahrt wurden dort fünf Grünkerne abgezogen.
Hoffnungen im Kampf gegen das Autofahren machten Huber die Baustellen der Stadt: »Mit dem Auto kommt man in Oberkirch ja nirgends mehr hin. Einzigartig! Die nehmen mir ein ganzes Stück Arbeit ab. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, der OB ist auch ein Grüner.«