Achern / Oberkirch

»Lernen, was Armut bedeutet«

Michaela Gabriel
Lesezeit 3 Minuten
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16. November 2007
Von einem kleinen Flecken am Rand der Ortenau in die Sechsmillionenstadt Santiago de Chile: Julia Kist wird zusammen mit ihrem Freund Simon Störk ein Jahr lang ohne Bezahlung in einem Armenviertel arbeiten.
Lauf-Aspich. »Sonderbehandlung wird es für uns nicht geben. Wir müssen mit den Bedingungen vor Ort leben«, weiß die knapp 20-Jährige, die in diesem Jahr ihr Abitur an der Heimschule Lender gemacht hat. Bei Vorbereitungstreffen der Hilfsorganisation Amntena in Pforzheim-Tiefenbronn hat man den Bewerbern nahe gebracht, dass sie vor Ort nicht alles verstehen werden. »Wir dürfen dort nicht unsere Maßstäbe anlegen«, das sei bereits klar. Sie sollen in einer Tageseinrichtung arbeiten, in der Kinder aus problematischen Verhältnissen betreut werden. Die Tagesstätte gehört zur christlichen Stiftung »Cristo Vive« und lebt mit vom Einsatz der Freiwilligen, die ehrenamtlich jeweils ein Jahr lang helfen. Gabriel Gruhle-Kist wünscht ihrer Tochter gute und prägende Erfahrungen. Sie war selbst gemeinsam mit ihrem Mann in Afrika in der Entwicklungshilfe tätig und arbeitet jetzt als Leiterin der Interkulturellen Sprachinitiative der Stadt Achern. »Sie werden Verantwortung übernehmen, eigenständige Entscheidungen treffen und sich entwickeln«, befürwortet sie das Freiwilligenjahr in Lateinamerika. Für den Freund ihrer Tochter war die Überzeugungsarbeit schwerer. »Meine Mutter war erst skeptisch. Sie meinte, ich würde das Jahr verlieren und sollte lieber gleich studieren gehen«, berichtet der 20-jährige Lender-Abiturient aus Bühlertal. Doch inzwischen habe er seine Eltern überzeugt. Er wird in Chile seinen Zivildienst ableisten und weiß schon heute, dass er im sozialen Bereich auch später seinen Beruf finden wird. Fremd sein, betroffen sein von Armut, Elend und Leid, in die Welt geworfen und auf sich gestellt zu sein – diese Erfahrungen gehören zu einem Freiwilligendienst wie diesem. Simon Störk will daran wachsen: »Ich will lernen, was Armut wirklich bedeutet und ich hoffe, dass ich meine Erfahrungen anderen Menschen mitteilen kann. Natürlich hoffe ich, auch Spanisch zu lernen.« Die fremde Sprache übt er erst seit wenigen Wochen, während seine Freundin sich bereits in der neunten Klasse für Spanisch entschieden hat. »Ich fühle mich gut damit. Deshalb wollte ich auch unbedingt nach La- teinamerika«, sagt sie. Julia Kist hofft, die Kultur und die Menschen Chiles näher kennen zu lernen und will für die Menschen da sein. Beide hatten nicht damit gerechnet, dass sie für einen ehrenamtlichen Dienst Geld mitbringen müssen. Mehrere tausend Euro kann ein Jahr im Ausland kosten. Dass ihr Projekt gerade in das Förderprogramm »weltwärts« des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aufgenommen wurde, ist ein Glücksfall für die beiden Abenteurer. Trotzdem benötigen sie finanzielle Hilfe, um den eigenen Lebensunterhalt bestreiten und das Projekt in Chile unterstützen zu können. Den ersten Ausflug ins Arbeitsleben haben sie schon hinter sich. Beide verdienten sich nach dem Schulabschluss das ersten Geld in Rastatt bei der Montage von Autos. Julia Kist merkte schnell: »So was möchte ich später sicher nicht machen.« Derzeit absolviert sie ein Pflegepraktikum am Ortenau- Klinikum Achern. Doch der Tag des Abflugs rückt näher. Im Januar geht es nach Chile – mehr als 12 000 Kilometer entfernt von dem kleinen Flecken Aspich am Rand der Ortenau.

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