Maseltov-Ensemble spielt jiddische Lieder in Ottenhöfen
Das aus Freudenstadt stammende Maseltov-Ensemble präsentierte am Vorabend des Ottenhöfener Patroziniumfestes jiddische Lieder in der Pfarrkirche. Ebenso interessant wie die einzelnen Werke waren dabei deren Hintergründe.
Als gute Tradition bezeichnete es Tim Huber in seiner Begrüßung als Organisator der kirchenmusikalischen Veranstaltungen in Ottenhöfen, am Vorabend des Patroziniums zu einem Konzert in die Kirche einzuladen. Für dieses Jahr hatte er das Ensemble Maseltov aus Freudenstadt dafür gewonnen. Und so jauchzten und schluchzten Geige und Klarinette, unterstützt von Akkordeon und Kontrabass, zu Liedern in jiddischer Sprache aus der neuen und der alten Welt.
Seit 20 Jahren musizieren Werner Wilms (Geige, Bratsche und Gesang) und Burkhard Eulberg (Gitarre, Klarinette und Gesang) zusammen. Als weitere Besetzung kamen Johannes Köstler (Akkordeon und Gesang) und Uli Schmidt-Haase (Kontrabass) im Wechsel für andere Musiker dazu; alle sind Musiklehrer oder Berufsmusiker. Dass sie nun jiddische Musik spielen, bezeichnete Wilms, der Leiter der Gruppe, als glücklichen Zufall, ganz im Sinne einer Liedzeile »shpil, shpil, Klezmer, a Lidele, mit Harz un Gefihl«. Wie glücklich dieser Zufall die Zuhörer machte, zeigte der anhaltende Applaus, nicht nur am Ende des Konzerts.
Hintergründe erklärt
Wilms und Eulberg führten durch das Programm, erläuterten beziehungsweise übersetzten auch die einzelnen Musikstücke und lieferten geschichtliche Hintergründe dazu. So nahmen sie die Zuhörer mit zu einer Hochzeitsgesellschaft und ließen dem Brautpaar Maseltov viel Glück, wünschen. Oder die Gruppe zeigte, wie sich Musik aus der alten und neuen Welt wechselseitig beeinflussten, etwa wenn Mordechai Gebirtig in dem Lied »Kum Lejbke tanzn« sowohl Charleston wie auch den Tango aus der neuen Welt übernahm, und das im Krakauer Getto. Andererseits ließen sich auch viele Juden, die um 1900 nach Amerika ausgewandert waren, von der Musik dort inspirieren, wie bei »Yiddle on your fidddle«, einem quirligen Ragtime, zu hören war. Im Gegensatz dazu das melancholische »Momele«, ein Loblied auf die älter werdende Mutter. Dass sich aber die Juden aus der alten und der neuen Welt nicht immer vertrugen, weil man unterschiedliche Lebensansichten hatte, zeigte »Vot ken ju makh? Es is Amerike«, das dem Programm auch den Titel verlieh.
»Redt Yidisch« hieß es, als nach dem Zweiten Weltkrieg alles Jüdische, vor allem die jiddische Sprache, verloren schien und man sich erst wieder daran gewöhnen musste, mit der eigenen Sprache »süße Geheimnisse« teilen zu können, die die Umgebung nicht verstand. Einige der dargebotenen Lieder sind heutigen Hörern unter anderen Titeln wohlbekannt, etwa das »Schnucki putzi«, das man auch als »Yes, Sir, kiss my baby« oder »Bai mir bistu shen« aus dem Comedy-Musical »Men Ken Lebn, Nor Men Lost Nisht« aus dem Jahr 1932.
Mit beißendem Witz
Dass die Musiker diese Art Musik nicht nur spielen, sondern mit Herzblut lebendig werden lassen, konnten die Zuhörer bei jedem Stück spüren. Sie beherrschten nicht nur ihre Instrumente virtuos, sie setzten auch ihre Stimmen gekonnt ein und füllten den Kirchenraum mit »überschäumender Lebensfreude, beißendem Witz und Melancholie«, wie sie in ihrer Ankündigung versprochen hatten. Diesen Esprit betonte Pfarrer Georg Schmitt in seinen Dankesworten für einen großartigen Abend. Er wünschte allen, dass diese Heiterkeit im Leben weiter wirke, auch am folgenden Festtag der Pfarrei (siehe Artikel links).