Mystische, neue Kunst in alter Ziegelei-Halle in Oberachern

Jochen Süsser, Katharina Doll und Benjamin Hodapp (von links) haben die alte Ofenhalle der Ziegelfabrik in Oberachern aus dem Dornröschenschlaf geholt. ©Michaela Gabriel
Studenten der Akademie für bildende Kunst in Lahr haben die alte Ofenhalle der Ziegelfabrik Kegelmann in eine Galerie verwandelt. Nach monatelanger Arbeit ist jetzt das Ergebnis zu bewundern.
Der helle Betonboden ist blitzsauber, die tiefroten Ziegelwände bilden den Kontrast. Die Sonne malt Schatten von herbstlichen Ästen auf die großen Glasscheiben. Eine Installation aus sechs schwebenden Birken im gelbem Blätterkleid verstärkt die magische Stimmung – über einer mit bunten Blättern gefüllten Rinne hängen sie, die nach 80 Metern in einen Teich mit dunklem Wasser mündet. Benjamin Hodapp und Jochen Süsser aus Lahr haben es verstanden, die Natur zu einem Teil der neuen Welt in der alten Halle zu machen.
Längst keine Ziegel mehr
Seit mehr als 15 Jahren werden in Oberachern keine Ziegel mehr gebrannt. Die Maschinen sind vor Jahren schon abgeholt worden. Das Gelände der ehemaligen Ziegelfabrik wurde danach zur Spielwiese von Vandalen und ein Refugium für Tiere. Die 22-jährige Kunststudentin Katharina Doll aus Ottersweier, ihre Familie und ihre Freunde erlösten sie aus dem Dornröschenschlaf und schufen daraus einen Raum der Ästhetik.
Sie überzeugten Eigentümer Dierk Kegelmann davon, dass die alte Halle zu neuen Ehren kommen kann. Seit Mai investierten sie jedes Wochenende und jeden Ferientag fürs Aufräumen, Fegen, Saugen und Gestalten.
Frau in Folie gewickelt
»Rituale« hat Katharina Doll ihre Ausstellung zum Abschluss ihres vierjährigen Kunststudiums überschrieben. »Jedes Objekt, das ganze Leben ist für mich ein Ritual«, sagt sie. Sechs Varianten einer in Folie gewickelten Frau hat sie an alle vier Ecken in die Stahlrahmen einer Trennwand gespannt. Sie hat Fadengespinste geschaffen, zeigt eine Sammlung aus Federn, korallenartige Skulpturen, dreidimensionale Collagen aus Fundstücken, Zeichnungen mit verdichteten Linien, hinterleuchtete Bilder – rund 45 Werke.
»Die Kluft zwischen Kunst und Leben wird hier überbrückt«, würdigte der Leiter der Kunstakademie Lahr, Franzjoseph Held, die Kreativität der jungen Frau. Abgenutzte Dinge lasse sie neu aufleben. Sie adle das Banale, indem sie es in spannende Beziehungen zu anderen Fundstücken setze. Katharina Doll suche nach Wahrhaftigkeit, gebe Gegenständen an einem neuen Ort eine rein ästhetische Funktion. Held sprach von »mystischen und poetischen Ansätzen«. Er forderte mehr als 100 Besucher der Vernissage am Samstagnachmittag auf, über die Absichten hinter den Objekten selbst zu entscheiden.
Professor Held zeigt selbst in der Ziegelfabrik seine Skulptur »neugieriger Pucci«. Darüber hinaus sind Fotos von Markus Kammerer aus Offenburg von der Fabrik Kegelmann als »verlassener Ort« zu sehen. Weitere Künstler der jungen Produzentengalerie Punkt aus Lahr zeigen Werke.
Die Ausstellung in der Ziegelfabrik Kegelmann läuft bis 19. Dezember und ist samstags von 11 bis 16 Uhr geöffnet. Individuelle Öffnungszeiten sind möglich: • 01 51/70523516 oder kathi.doll@web.de.