Orts-Namen-Serie (2)

Viele Familien in Memprechtshofen haben eine lange Tradition

Josef Budai
Lesezeit 4 Minuten
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05. Januar 2016
In den Pfarrhäusern wurde einst genau Buch geführt über Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle, wodurch viele ­historische Details bewahrt wurden.

(Bild 1/2) In den Pfarrhäusern wurde einst genau Buch geführt über Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle, wodurch viele ­historische Details bewahrt wurden. ©Budai

Familiennamen sind wie Blumen, sie »blühen in Büscheln«, heißt es in einem Sprichwort. Derartige »Namensbüschel« finden sich auch in Memprechtshofen, wenn man sich ältere Aufzeichnungen anschaut.

Memprechtshofen wurde, genau wie viele Orte im Hanauer­land, von der wechselvollen Geschichte nicht unerheblich beeinflusst. Die zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen und sonstige geschichtliche Ereignisse während der vergangenen Jahrhunderte haben auch die Häufigkeit bestimmter Familiennamen geprägt. Ein Blick in die aktuellen Melderegister gibt dazu erste Aufschlüsse. So ist der Name »Weiß« mit 20 Einträgen (Stand 2015) am häufigsten. Knapp dahinter folgen die Namen »Zimmer« und »Frei« (je 17) und mit etwas Abstand die Namen »Knösel« und »Zimpfer« mit je elf Notierungen. Damit haben die Weiß-Familien die Zimmers von der Spitze abgelöst, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts den häufigsten Familienname stellten.

Eigene Dynastie

Zu den ältesten urkundlich erwähnten Namen zählen insbesondere Knösel (Nachweis ab 1664), Wickersheimer (1730), Zimmer (1737), Weiß (1740), Zimpfer (1749) und Frey(i) (1754). Wie Memprechtshofens bekannter Heimatforscher Heinz Großholz ermitteln konnte, stammten die Memprechtshofener Zimmers aus dem benachbarten Muckenschopf. Zwei Brüder, Mathias und Hans Georg Zimmer, heirateten anfangs die beiden Töchter des Müllers Jacob Koch aus Memprechtshofen, bezogen größere Anwesen und die Zimmer-Familien galten allgemein als wohlhabend und einflussreich. Die genauen verwandtschaftlichen Zusammenhänge konnten allerdings nicht bei allen Verzweigungen dokumentiert werden. Nachgewiesen ist jedoch, dass alleine der Name Karl Zimmer etwa 15-mal vergeben wurde. Ähnlich verhielt es sich beim Namen »Weiß«, der seit jeher häufig vorkommt.

19 Kinder

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Der Wagner Friedrich Weiß aus Scherzheim heiratete 1740 eine Bürgerstochter aus Memprechtshofen und begründete damit die alteingesessenen Weiß-Familien in Memprechtshofen, abgesehen von weiteren, zwischenzeitlichen Zuzügen ohne direkte verwandtschaftliche Verbindung, so die Ergebnisse der lokalen Heimatforschung. Einige Familien waren sehr kinderreich, wie die von Benjamin Weiß (geb. 1779). Er war Vater von 19 (!) Kindern, von denen jedoch elf schon im Kindesalter starben.

Ein bemerkenswerter Vertreter aus diesen Familien ist der Dragoner Friedrich Weiß. Er war im 1870er-Krieg mit dem Grafen Zeppelin, Erbauer des gleichnamigen Luftschiffes, auf einem legendären Erkundungsritt im Elsass unterwegs. Aus der »Nachbarschaft« stammt auch der Name »Knösel« eine Art »Lieblingsname« aller Schriftgelehrten. Denn die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder veränderte Schreibweise wie Knösel, Knössel, Knößel oder Knoesel sorgte gelegentlich für einige Verwirrungen. So gab es in einer Knösel-Familie einst zwei Brüder, wobei sich der eine im Nachnamen mit »s« und der andere mit »ss« schrieb.

»Stammvater« der Knösel-Familien war Jacob Knösel aus Straßburg, der 1665 die Mühle in Memprechtshofen erwarb. Eine weitere Knösel-Familie war über Generationen als Schneider tätig. So auch Georg Knösel. Er wanderte 1871 nach Amerika aus und eröffnete in New York erfolgreich eine Schneiderei. 1913 kehrte er nach Memprechtshofen zurück, wo er sich ein stattliches Wohnhaus errichten ließ.
»Eingewandert«, allerdings von nebenan, ist auch der Name Zimpfer. Denn 1749 heiratete Christian Zimpfer aus Helmlingen die Tochter eines Schweizer Einwanderers. In der Schweiz sind ebenfalls die Wurzeln der Frei(y)-Familien zu suchen. Besonders nach dem Dreißigjährigen Krieg, ab 1648, gab es beworbene Zuwanderung in die Region, die zuvor starke Verluste bei der Bevölkerung erlitten hatte. Die ehemalige Schreibweise »Frey« hat sich dabei im Laufe der Jahrhunderte in das heutige »Frei« gewandelt.

Letzte Scharfrichter

Heute nicht mehr zu den häufigsten Namen zählend, war der Name »Wickersheimer« früher stärker verbreitet. Die Herkunft konnte nicht eindeutig geklärt werden, doch in mehreren Aufzeichnungen scheint der Name auch im Elsass, dort meist als »Wickersheim« geschrieben, ebenfalls häufiger aufgetreten zu sein. So wohnte die Familie des Leinenwebers Johannes Wickersheimer ab 1730 in der Höllengasse. Und Georg Wickersheimer, geboren 1873, war, wie schon sein Großvater, Entenfänger und auch der letzte seiner Zunft in Memprechtshofen. Geschichtlich einiges zu bieten hat auch die Familie Großholz, in deren Ahnengalerie die letzten Scharfrichter von Memprechtshofen zu finden sind.

Stichwort

Steter Wandel

Auch wenn manche Familiennamen heute nicht mehr wie die »Büschel« blühen, manches haben sie aber alle gemeinsam. Vielerlei Wurzeln, bemerkenswerte Geschichten, markante Gesichter und viele Einzelschicksale. Wie auch in den Jahrhunderten zuvor wird sich die Struktur der jeweiligen Familiennamen durch Verheiratung, Zu-und Wegzug oder allgemeine demographische Faktoren auch künftig weiter verändern, eben wie die sprichwörtlichen »Blumenbüschel«, die aufblühen und auch mal wieder verwelken.job

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