Oberkirch erhöht Kindergartengebühren in zwei Schritten
Viele Eltern müssen in Oberkirch bald tiefer in die Tasche greifen. Der Gemeinderat hat am Montag eine Erhöhung der Kindergartenbeiträge um fünf (ab Oktober 2017) und um weitere drei Prozent (ab Oktober 2018) beschlossen. Und das war noch die mildere Variante.
Was darf Bildung kosten? Diese Frage war am Montag der philosophische Unterbau der Diskussion um die Kindergartenbeiträge in Oberkirch. Eine erste Antwort hatte in der Bürgerfragestunde der Bottenauer Albert Braun gegeben. Er zahlt für die Kindergartenplätze seiner beiden Kinder über 2000 Euro jährlich. Angesichts der geplanten Erhöhung mache man sich Gedanken, ob man sich Kinder noch leisten könne. Er forderte die Stadträte auf, über eine Entlastung für Familien nachzudenken.
Brauns Argumente verhallten nicht gänzlich ungehört: Der Gemeinderat blieb jedenfalls unter dem geplanten Aufschlag, welchen die Verwaltung in ihrer Vorlage eingearbeitet hatte und die selbst Kämmerer Frank Spengler als »vergleichsweise hoch« bezeichnete. Diese Berechnung folgte den Empfehlungen der Kommunalen Landesverbände, die ab Oktober 2017 eine Erhöhung um acht Prozent vorschlugen. 2018 sollte dann, wie in den drei anderen diskutierten Modellen auch, eine weitere Erhöhung um drei Prozent folgen. Der Vorschlag hätte Oberkirch in der Summe beider Jahre 104 000 Euro Mehreinnahmen eingebracht.
Die Landesverbände begründeten die Empfehlung mit Tariferhöhungen und der neuen Entgeltordnung für die Sozialberufe und Erzieher. Sie gilt seit 2015 und brachte den Kommunen Kostensteigerungen von sechs bis zwölf Prozent ein. Weiteres Argument: Im Jahr 2016 schoss die Stadt 3,5 Millionen Euro aus allgemeinen Steuermitteln zu (siehe Stichwort). Und angesichts des knappen Platzangebotes soll in die Erweiterung von Kindergärten investiert werden.
OB Matthias Braun brachte ins Gespräch, die Sätze für die Drei- bis Sechsjährigen (»Die bewegen sich im Mittelmaß«) um acht und die für die Ein- und Zweijährigen nur um fünf Prozent zu erhöhen. Im U 3-Bereich seien die Beitragssätze schon jetzt relativ hoch. Mehreinnahmen: 88 000 Euro.
Die CDU und die Freien Wähler wollten die Erhöhung für 2017 für alle Betreuungsplätze auf fünf Prozent drosseln (Mehreinnahmen: 68 000 Euro). Sie wichen damit vom Ergebnis der nicht öffentlichen Vorberatungen ab. Michael Braun (CDU) begründete dies damit, dass man die breite Akzeptanz der Elternbeiträge beibehalten wolle. »Wir haben eine qualitativ sehr gut ausgestattete Betreuung. Sie rechtfertigt diese Erhöhung«, ergänzte Frank Meier (FWV). Auch Manuela Bijanfar (Grüne) empfahl einen moderaten Aufschlag: Angesichts von Mehreinnahmen von maximal 104 000 Euro pro Jahr sei die Erhöhung »nur ein Tropfen auf den heißen Stein.«
Die SPD hingegen sprach sich dafür aus, in beiden Jahren nur drei Prozent draufzulegen. Die Mehreinnahmen: 50 000 Euro. »Wenn wir als kinder- und familienfreundliche Gemeinde wahrgenommen werden wollen, müssen wir uns mit Gebührensprüngen zurückhalten«, erklärte Hans-Jürgen Kiefer. Die Elternbeiträge decken in Oberkirch momentan zwölf Prozent der Kindergartenausgaben. Von der Empfehlung der Verbände, diesen Anteil auf 20 Prozent zu steigern, riet Kiefer ab.
Gebürenfreiheit gefordert
Noch ein Schritt weiter gingen die Bürger für Oberkirch: Sie stimmten keinem der vorgelegten Modelle zu: »Es ist nicht einzusehen, warum der Schule gebührenfrei ist und der Kindergarten nicht«, sagte Rudolf Hans Zillgith.
Die Mehrheit des Rates verfolgte eine andere Linie: Mit den Stimmen von CDU, FWV und Teilen der Grünen hielt der Gemeinderat für 2017 eine Erhöhung um fünf und für 2018 um weitere drei Prozent fest.
Die Elternbeiträge
Die Elternbeiträge in den Oberkircher Kindergärten sind nach der Zahl der minderjährigen Kinder der Familie und im Falle der Ganztagsbetreuung nach Einkommen gestaffelt. So wirkt sich die Erhöhung ab Oktober 2017 aus:
◼ dreijähriges Kind ohne Geschwister (R): 103 ▹ 108 Euro monatlich
◼ zweijähriges Kind ohne Geschwister (R): 150 ▹ 158 Euro
◼ einjähriges Kind ohne Geschwister (R): 226 ▹ 237 Euro
◼ dreijähriges Kind mit einem Geschwister (R): 78 ▹ 82 Euro
◼ dreijähriges Kind mit drei Geschwistern (R): 17 ▹ 18 Euro
◼ zweijähriges Kind mit einem Geschwister (VÖ): 130 ▹ 137 Euro
◼ dreijähriges Kind mit einem Geschwister (VÖ): 94 ▹ 99 Euro.
◼ dreijähriges Kind ohne Geschwister, Elterneinkommen 45 000 Euro jährlich (G): 247 ▹ 259 Euro
◼ zweijähriges Kind mit einem Geschwister, Elterneinkommen 52 000 Euro jährlich (G): 260 ▹ 272 Euro
◼ zweijähriges Kind ohne Geschwister, Elterneinkommen 62 000 Euro jährlich (G): 419 ▹ 440 Euro pro Monat
R = Regelbetreuung; VÖ = verlängerte Öffnungszeiten; G = Ganztagsbetreuung
STICHWORT II
Oberkirch teurer als Stuttgart
Die zehn Kindergärten in Oberkirch erwirtschafteten im Jahr 2016 ein Defizit von 3,72 Millionen Euro. 3,49 Millionen Euro davon begleicht die Stadt aus allgemeinen Steuermitteln, 239 000 Euro übernehmen die Kirchen.
Auf den Betrieb der Kindergärten entfielen 5,73 Millionen Euro Kosten, für die Gebäude waren 1,2 Millionen Euro fällig, wobei die Stadt hier auch Abschreibungen einrechnete. Die Elternbeiträge (2016: 831 000 Euro) decken zwölf Prozent der Gesamtausgaben. Mit Zuschüssen und anderen Erträgen hatte die Stadt allerdings noch weitere Einnahmequellen.
Die Oberkircher Beiträge bewegten sich schon 2016 über dem Großstadtniveau: In Stuttgart kostet der Halbtags-Kindergartenplatz für Familien mit einem dreijährigen Kind 75 Euro, die Regelbetreuung/verlängerte Öffnungszeiten 112 Euro. In Oberkirch zahtlen Familien mit einem Kind für die Regelbetreuung 103, für verlängerte Öffnungszeiten 123 Euro. Für die Ganztagsbetreuung ihres einzigen Kindes zahlt eine Familie mit 49 000 Euro Jahreseinkommen in Oberkirch 247 Euro, in Stuttgart maximal 186 Euro.pak
Günstig geht anders
Von Patric König
Wer zu Hause kleine Kinder hat, muss öfter mal mit Überraschungen rechnen. Auf eines können sich die Eltern aber verlassen: Die Kindergartengebühren in Oberkirch steigen so zuverlässig wie der Renchpegel an einem Regentag. Ab Oktober 2017 zahlt eine Familie mit zwei Kindern für einen ganz normalen Kindergartenplatz rund ein Viertel mehr als noch im Oktober 2010. Auch die Stadt hat ihren Zuschuss von Jahr zu Jahr erhöhen müssen. Das ist auch den Tarifsteigerungen und der Aufwertung des Erzieherinnen-Berufs auf der Gehaltstabelle geschuldet. Was die Kosten betrifft, hat Oberkirch im Kindergartenbereich längst Großstadtverhältnisse erreicht. Die Erhöhung, die der Stadt in zwei Jahren 68 000 Euro mehr einbringt, trifft vor allem diejenigen, die Politiker jedweder Couleur in ihren Sonntagsreden als erstes entlasten wollen: Durchschnittsverdiener mit Kindern, die gerade so über die Runden kommen und sich nicht jedes Jahr über eine Tariferhöhung freuen können.
Dass der Gemeinderat die happigen Empfehlungen der Kommunalen Landesverbände etwas abgemildert hat, ist nur zwangsläufig. Angesichts der Nonchalance, mit der die Räte wenige Minuten zuvor Kosten in fast identischer Höhe für Verschönerungsmaßnahmen am Tiefgarageneingang absegneten, wäre alles andere den Eltern nicht vermittelbar gewesen.
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