Oberkircher Künstler huldigen der Erdbeere
Das lange Warten soll sich lohnen: Mit mehr als einem Jahr Verspätung können die Oberkircher Künstler ihre schon für 2021 geplante Ausstellung „Strawberry Fields – Hommage an die Erdbeere“ in der Galerie im Alten Rathaus zeigen. Sie wird vom 3. Juli bis zum 1. August zu sehen sein.
Das Besondere der Veranstaltung: Nicht nur sechs Oberkircher Künstler zeigen ihre eigene Visualisierung des Themas, sondern auch sechs illustre Gäste, die aus dem ganzen Land kommen – von Hamburg über Nürnberg bis Karlsruhe und Baden-Baden. Denn das Motiv der Erdbeere im Repertoire der Bildenden Kunst ist beileibe keine Oberkircher Erfindung, sondern zieht sich, wie der Nürnberger Künstler Norbert Nolte erforscht hat, seit Jahrhunderten durch Werke berühmter Meister von Hieronymus Bosch bis zu Stilllebenmalern wie Georg Flegel oder Jean-Baptiste Chardin. Und in der Musik haben sich selbst die Beatles mit dem Thema befasst („Strawbeery Fields forever“).
Da man in Oberkirch zu gewissen Zeiten um diese Frucht nicht herum kommt und selbst die erste baden-württembergische Erdbeerkönigin von hier kam, lag der Gedanke nahe, sich mit dem Motiv künstlerisch auseinanderzusetzen. Der Reiz dabei ist: Jeder tut dies in seiner eigenen Bildsprache. Es gelang sogar, im Nachlass des im Februar 2020 überraschend verstorbenen Heinz Schultz-Koernig, der sich nicht mehr aktiv an dem Projekt beteiligen konnte, einige Werke zu finden, die in den Kontext der Ausstellung passen, so etwa seine hinreißende Zeichnung der auf dem Feld werkelnden Landfrau, die ein Gewand mit der Aufschrift „Aerobic“ trägt.
Gabi Streile und Rainer Braxmaier haben sich schon früh in den 1980er Jahren von dem Motiv der Erdbeere faszinieren lassen. Werner Schmidt wird in seinen abstrakten Farbfeldmalereien das intensive Rot der Frucht modellieren. Rainer Nepita und Manfred Grommelt haben sich mit großer Präzision auf das Motiv eingelassen. Die verschiedenen Weisen der Annäherung an das Motiv „Erdbeere“ schaffen eine dichte Atmosphäre – eine echte Hommage eben. Die Gäste vervollkommnen das Potpourri.
Mit der Kettensäge
Die gewaltigste Erdbeere kommt von dem in Baden-Baden lebenden Bildhauer Karl Manfred Rennertz, der als einer der ersten Künstler in Deutschland die Kettensäge als Instrument entdeckt hatte. Seine wuchtige Schnitttechnik korrespondiert mit der expressiven Bemalung.
Eva Schaeuble aus Karlsruhe, eigentlich Malerin, setzt der Erdbeere mit einer allegorischen Frauengestalt aus bemalter Keramik ein Denkmal. Elisabeth Wagner aus Hamburg, Professorin an der Kunstakademie in Kiel, fertigte eigens für die Ausstellung eine Serie feiner Bleistiftzeichnungen. Der Nürnberger Norbert Nolte, Studienfreund von Manfred Grommelt, ist ein Meister der kleinteiligen Collage. Sabine Brand-Scheffel aus Karlsruhe setzt, ähnlich wie Werner Schmidt, auf die farbige Atmosphäre der süßen Frucht, die mehr zu bieten hat als ein simples Rot. Schließlich Ernst W. Schneider aus Ottersweier, auch in Oberkirch bekannt für seinen humorvollen erzählerischen Stil; er haucht dem beliebten Obst mit leichter Hand ganz neue Lebensaspekte ein.
Bei aller Lebensfreude, welche dieses Unterfangen ausstrahlt, das die Freunde der Kunst mit den Freunden der Erdbeere verbinden will, bleibt die Angst vor der Ungewissheit der Ausstellungsbedingungen zu Pandemiezeiten. Erst kurzfristig wird sich zeigen, in welcher Form die Präsentation am Samstag, 3. Juli eröffnet werden kann. Da kommt einem Prosatext, den Rainer Braxmaier schon 1981 geschrieben hat, fast prophetischer Charakter zu: „Die Erntezeit war längst vorbei, da wir diesen Zustand immer noch als quälend und unvollendet empfanden…“