Obersasbacher Museum erhält neues Gesicht
»Gesichter unserer Zeit«, zeigen Schüler der Heimschule Lender. Am Sonntag traf man sich zur Vernissage im Toni-Merz Museum.
Bürgermeister Gregor Bühler übernahm mit dem Obersasbacher Ortvorsteher Rudi Retsch die Begrüßung der zahlreichen Gäste mit einem deutlichen Hinweis auf neue Wege. »Ich habe es bei den Eröffnungen immer wieder erwähnt, auch das Toni-Merz-Museum unterliegt einem Wandel«. Da es sich nicht um ein privat finanziertes Museum handle, müsse es einer breiteren Masse zur Verfügung gestellt werden: »Durch Ausstellungen unserer Grundschulen und Kindergärten, sowie der Kooperation mit der Heimschule Lender werden wir das Museum beleben«.
»Etwas ungewöhnlich«
Elisabeth Naumann, Kunstlehrerin der Heimschule Lender, übernahm die offizielle Einführung: »Für mich war es zunächst etwas ungewöhnlich, dort, wo ich seit über 25 Jahren immer nur Profis gesehen habe, plötzlich Schülerarbeiten zu begegnen«, so die Dozentin. Gerne sei sie jedoch der Bitte der Gemeinde nachgekommen, eine Ausstellung aus dem Fachbereich Kunst zu organisieren. »Gesichter unserer Zeit« ist eine interessante, durchaus nachdenklich machende Ausstellung junger Menschen, die hier Antworten geben auf die Frage, wie erlebe ich mich selbst, die Umwelt, das Leben ganz aktuell.
So zeigt eine auf Acrylplatten aufgezogen Fotoreihe, junge Menschen in nachgeahmten Porträts, »alte Meister treffen auf Müll«. Vier Arbeiten entführen in die Welt der Comics. »Laut, schrill, bunt entfliehen wir in solchen plakativen Äußerungen einer eintönigen, wenig spektakulären Welt«, so Elisabeth Naumann. Entfliehen und abschotten, das demonstrieren drei Gemälde im Stil des alten Rembrandt. Die Lichtquelle des Handys spiegelt sich im Gesicht. Die Zwiesprache findet anonym und isoliert ab.
Erfrischend dagegen die vielen kleinen Selbstporträts einer fünften Klasse. Stolz zeigen Juliana und Chiara ihre Mitschüler, Collagen aus Zeitschriftenschnipseln zusammen gesetzt.
»Unsere Aufgabe ist es, junge Menschen für sich selbst und andere zu sensibilisieren«, so Elisabeth Naumann. In der heutigen digitalisierten Welt fehle in der Entstehung von Bildern die mediale Zwiesprache. Massen von Bildern würden gleich einem Fotodauerfeuer in Sekundenschnelle dem menschlichen Gehirn zugemutet. Unter diesem Aspekt betrachtet man die feinen Radierungen, die eine Person in unterschiedlichen Alterstufen zeigen, noch intensiver.
Nicht weniger als die mit übersteigertem Gesichtsausdruck erschaffenen Masken aus Ton und die malerischen Selbstporträts, Fragen aufwerfend abgeklebt mit geometrischen Formen. Und wer hat den entblösten Schultern schöner Damen vergangener Zeiten feine Sternchentattoos, Nasenringe und Augenbrauenpircings verpasst? Junge Menschen und ihre ersten Gehversuche in Sachen Kunst. Dass sie hier einen Ausstellungsplatz bekommen, wird ihnen gegönnt. Dass das Toni-Merz-Museum nun aber nach 25 Jahren eine Charakterveränderung erlebt, lässt bei manchen Anwesenden Wehmut aufkommen und einem Prozess in Gang setzen, der Loslassen bedeutet.