Immer teurer: Zweifel an legendärer Ortsrufanlage
8000 Euro an außerplanmäßigen Ausgaben genehmigte der Gemeinderat Kappelrodeck am Montag für Reparaturen an der Ortsrufanlage, an deren Existenzberechtigung langsam die ersten Zweifel aufkommen.
Die Kappelrodecker hängen an ihrer Ortsrufanlage. Das bekommen besonders die Rathausmitarbeiter zu spüren, so Bürgermeister Stefan Hattenbach: »Wenn sie nicht geht, geht’s rund und wenn sie geht, geht’s auch rund.« Versagt die mehrere Jahrzehnte alte Anlage ihren Dienst werde »auf allen erreichbaren Nummern« im Rathaus angerufen, ebenso aber auch, wenn die gespielte Musik nicht den Geschmack der Bürger trifft oder Schichtarbeiter aus dem Schlaf reißt. Fakt ist, dass die Ortsrufanlage Emotionen weckt.
Dem gegenüber stehen aber nackte Zahlen. Allein von 2007 bis 2014 kostete das Informationssystem die Gemeinde knapp 48 000 Euro. Für dieses Jahr waren 5000 Euro eingeplant, doch das Geld reicht nicht. Die Reparaturen häufen sich, im Eichenwäldele ist die Anlage komplett ausgefallen, die bereits angefallenen überplanmäßigen Kosten von 5600 Euro werden nicht ausreichen, die Verwaltung schlug deshalb dem Gemeinderat vor, diesen Posten gleich auf 8000 Euro zu erhöhen. Einstimmig folgte das Gremium dem Vorschlag. Öffentlich in Frage zu stellen wagte (noch) niemand das System, denn vielen Gemeinderäten geht es wohl wie Markus Vogel (CDU): »Einen öffentlichen Aufruhr wollen wir alle nicht.« Werner Mandat sprach aber das aus, was wohl viele dachten: »Wie lange können wir uns das noch leisten?«
Konkrete Vorschläge, wie von Michael Köninger, die Anlage komplett auf Funk umzustellen, scheitern wohl am Geld, wie Ortsbaumeister Paul Huber darlegte: »Komplett neu wird richtig teuer. Bis jetzt gibt es noch technische Lösungen, wenn aber auf ein Schlag größere Investitionen kommen, dann muss man sehen.« Bürgermeister Stefan Hattenbach hatte eingangs den Zwiespalt auf den Punkt gebracht: »Es kostet Geld, aber es ist etwas ganz Besonderes.«
Die Ortsrufanlage
Gebaut wurde die Ortsrufanlage Anfang der fünfziger Jahre durch die Firma Siemens, auch um der Gemeinde eine Einnahmequelle zu beschaffen. So konnten etwa Gewerbetreibende ihre Angebote öffentlich kund machen. Heute dient die Ortsrufanlage mehr der öffentlichen Information. Um 11.40 Uhr werden amtliche Bekanntmachungen ebenso durchgesagt wie runde Geburstage oder Sterbefälle. Jubilare können sich für Aufmerksamkeiten bedanken und sich ein eigenes Lied wünschen. Oft wird dazu die eigene CD ins Rathaus gebracht, von wo aus zwei Mitarbeiter wechselweise unter der Woche und bei Bedarf am Wochenende alle Kappelrodecker über 270 Lautsprecher informieren, was es Neues und Wichtiges gibt. An Fasnacht sorgt entsprechende Musik für gute Stimmung im Ort. Die Kosten 2007: 11174 Euro 2008: 4819 2009: 9338 2010: 6310 2011: 2423 2012: 3817 2013: 2207 2014: 7618.
Ungewisse Zukunft
Die Ortsrufanlage in Kappelrodeck ist angezählt. Ausgaben von rund 55 000 Euro in nicht einmal zehn Jahren für ein liebgewonnenes, aber nicht mehr zeitgemäßes Informationssystem stoßen nicht bei allen Bürgern auf Begeisterung. Das Geld könnte auch anderweitig gebraucht werden. Dagegen steht der ideelle Wert dieser Anlage, die wohl nur jemand ermessen kann, der mit ihr aufgewachsen ist. Vielleicht könnte sich ein Förderverein für ihren Erhalt einsetzen und so die Allgemeinheit entlasten. Was die Ortsrufanlage den Kappelrodeckern wert ist, werden sie bei der nächsten großen Investition zeigen müssen. @ Wie ist Ihre Meinung? Schreiben Sie an lokales.achern@reiff.de