Raimund Fischer - ein Apotheker mit Leidenschaft fürs Meer
In der Oberkircher Hauptstraße wuchs im 19. Jahrhundert ein Mädchen mit einem besonders klingenden Namen auf: Adolphine Alexandra Delphine Fischer, die Tochter von Raimund Fischer. Raimund Fischer war Inhaber der ersten bekannten Oberkircher Apotheke. Sie war 1792 gegründet worden und befand sich zunächst im Haus Hauptstraße 63 am Abzweig zur Metzgerstraße.
Im Jahr 1823 gab es bei Familie Fischer zwei wichtige Ereignisse zu vermelden: Tochter Adolphine Alexandra Delphine wurde geboren, und Raimund Fischer kaufte das so genannte Stadtschloss in der Hauptstraße 22. Er ließ es umbauen und zog mit Familie und Apotheke dort ein. Nachdem der direkt vor dem Gebäude stehende Gefängnisturm abgerissen worden war, konnte der Haupteingang von der heutigen Gebäuderückseite an die Hauptstraße verlegt werden.
Offenbar haben es Raimund Fischer die Delphine angetan, wie nicht nur der Name seiner Tochter zeigt. Fischer gab zudem der Apotheke den Namen Delphinen-Apotheke und ließ über dem neuen Eingang die beiden Meerestiere anbringen, die sich dort bis heute befinden.
Bereits 1829 verstarb Adolphine Fischers Mutter. Der Vater ging eine neue Ehe ein. Adolphine Fischer selbst heiratete 1842 im Alter von 19 Jahren den Anwalt Friedrich Frech aus Staufen. Sie zog mit ihm in das ihrem Vater gehörende Gebäude hinter der Apotheke, das heutige »freche hus«. Es wurden ein Sohn und eine Tochter geboren. Allerdings währte das junge Glück nicht lange. Als Adolphine Frech geborene Fischer 26 Jahre alt war, wurde die Revolution von 1848/49 niedergeschlagen. Friedrich Frech wurde als Revolutionär in Abwesenheit zu acht Jahren Zuchthaus und Beschlagnahmung seines Vermögens verurteilt. Er floh in die USA, wo sich seine Spuren verloren.
Der Apothekerswald
1861 starb Adolphine Frechs Vater. Er hatte neben der Apotheke auch landwirtschaftliche Grundstücke besessen, unter anderem einen Wald in Butschbach. Die Erben versteigerten den Wald an einen Zusammenschluss von elf Personen, größtenteils Landwirte aus Butschbach. Der Wald heißt bis heute Apothekerswald. Die Delphinen-Apotheke übernahm Adolphine Frechs Bruder und schließlich 1876 ihr Sohn Friedrich Raimund Frech. Er heiratete eine junge Frau aus der unteren Hauptstraße: Theresia Faist. Deren Vater hatte das Kaufhaus Faist, heute Peters, gegründet. Adolphine Alexandra Delphine Frech geborene Fischer starb 1895 in Oberkirch. Ihr Grabstein befindet sich bis heute auf dem hiesigen Friedhof. Die Delphinen-Apotheke blieb noch lange ohne Konkurrenz. Erst 1954 wurde – ebenfalls in der Hauptstraße – die Marien-Apotheke eröffnet.
Bis zum 24. September ist im Heimat- und Grimmelshausenmuseum in Oberkirch eine Ausstellung über die historische Entwicklung der Hauptstraße zu sehen. Dienstag und Donnerstag 15 bis 19 Uhr, Sonntag 10 bis 12.30 Uhr und 14 bis 17 Uhr.
Das Stadtschloss
Das Stadtschloss wurde 1743 durch den bischöflich-straßburgischen Oberamtmann Heinrich Fischer errichtet. Als Baumeister engagierte er Matthias Fuchs, der zuvor das Offenburger Rathaus gebaut hatte. Die Familie Fischer war sehr wohlhabend. Mitglieder der Familie besetzten einflussreiche Stellen in der Verwaltung, waren Wirte oder schlugen kirchliche Laufbahnen ein. Adolphine Fischer und der Erbauer des Stadtschlosses waren nur entfernt verwandt. Sie hatten einen gemeinsamen Vorfahren: den 1641 geborenen Oberkircher Lindenwirt Christian Fischer.