Renchtalsteig verliert das Zertifikat Qualitätswanderweg
Der Renchtalsteig verliert das Prädikat »Qualitätswanderweg«. Für die in diesem Jahr angestandene Rezertifizierung wurde der vorgeschriebene 35-Prozent-Anteil an naturnahen Wegen nicht mehr erfüllt.
Es hat nicht mehr gereicht: »Wir liegen jetzt beim Renchtalsteig bei 32 oder 33 Prozent naturnaher Wege«, erklärt Patrick Schenk. Zu diesem Ergebnis kam der Mitarbeiter im Referat Wege beim Schwarzwaldverein in Freiburg bei der jüngsten Bestandserfassung des rund 100 Kilometer langen Qualitätswanderwegs gemeinsam mit dem Bezirksvorsitzenden Renchtal, Gerd Schwarz. Die für dieses Jahr angestandene Rezertifizierung des Wegs kann mit diesem Wert nicht in Angriff genommen werden.
2011 wurde der Renchtalsteig als erster Qualitätswanderweg im Renchtal eingeweiht, seither wird er von den beiden Tourismusorganisationen des Renchtals gemeinsam vermarktet, für den Unterhalt sind die jeweiligen Ortsgruppen des Schwarzwaldvereins zuständig. Die Federführung liegt bei der Renchtal Tourismus GmbH, in deren Regie drei der insgesamt fünf Etappen des Wegs liegen.
»Wenn es Veränderungen am gemeinsamen Weg gibt, wäre es guter Stil gewesen, den Partner frühzeitig darüber zu informieren«, ärgert sich Axel Singer. Der Geschäftsführer der Kur und Tourismus GmbH Bad Peterstal-Griesbach will erst vor etwa vier Wochen erfahren haben, dass die Rezertifizierung durch Veränderungen am Wegenetz in diesem Jahr nicht mehr möglich ist. Insbesondere im Bereich Kalikutt habe der Renchtalsteig durch »zwei bis drei Wegverlegungen seine Naturnähe eingebüßt«, meint Schenk. »Wir haben darauf geachtet, dass unsere beiden Etappen gut in Schuss sind«, sagt Singer.
Ärgerlich für Wanderer
Ohne gültiges Zertifikat dürfen die Tourismusorganisationen den Renchtalsteig nicht als Qualitätswanderweg bewerben. Für Axel Singer aber nicht das einzige Problem: »Der auf den Broschüren abgedruckte Weg ist nicht mehr aktuell, das ist ärgerlich für den Wanderer.« Auch trübe es den Wandergenuss, wenn der Weg an manchen Stellen nur noch über Schotter führe anstatt wie vorgesehen über urwüchsige Flächen.
Gunia Wassmer, Interimsgeschäftsführerin der Renchtal Tourismus GmbH, will den Verlust des Prädikats »Qualitätswanderweg« nicht überbewerten. »Wichtig ist, wie die Gäste den Renchtalsteig erleben.« Hier habe es bislang keine negativen Rückmeldungen gegeben. Durch die neue Vielzahl an ausgezeichneten Wegen im Renchtal habe der Renchtalsteig zudem nicht mehr ein Alleinstellungsmerkmal wie noch 2011, betont Wassmer. Wichtig sei nun, den Weg genauer unter die Lupe zu nehmen und ihn zu verbessern.
Neues Konzept erarbeiten
Im Frühjahr, erklärt Singer, wollen sich die Tourismusverantwortlichen und die Gastronomen zusammensetzen, um ein Konzept für den Renchtalsteig zu erarbeiten. »Wir brauchen neue Impulse.« Ziel sei es dann, für 2018 eine Förderung durch den Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord für den Ausbau zu bekommen.
»Das ist jetzt die Chance, den Weg noch einmal anzugehen«, meint auch Patrick Schenk vom Schwarzwaldverein. Normalerweise hätte die nach drei Jahren fällige Rezertifizierung bei der Tourismusmesse CMT Mitte Januar in Stuttgart über die Bühne gehen sollen. »Eine spätere Übergabe des Zertifikats beispielsweise bei der Tour Natur im Sommer ist aber auch möglich.«
An die Wand gefahren
Der Renchtalsteig als Vehikel einer talübergreifenden Zusammenarbeit in Sachen Tourismus im Renchtal wurde in voller Fahrt gegen die Wand gefahren. Da kann es nur wenig trösten, dass der Qualitätswanderweg als solcher mit ein wenig Nachbessern wieder auf einen guten Weg gebracht werden kann. Die ausbesserungswürdigen Etappen des Steigs im Bereich der Renchtal Tourismus GmbH werfen ein Licht auf deren Zustand. Hier ist es mit Flickschusterei nicht getan. Das neu zu erstellende Konzept für den Renchtalsteig muss deshalb als Chance begriffen werden, die Zusammenarbeit der beiden Tourismusorganisationen auf neue Beine zu stellen.
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Singer: Premiumwanderweg als ehrgeiziges Ziel
Am 22. Mai 2011 wurde der 98,3 Kilometer lange Renchtalsteig eingeweiht, Ende 2010 erhielt er erstmals das Zertifikat »Qualitätsweg Wanderbares Deutschland«. Laut Patrick Schenk vom Referat Wege beim Schwarzwaldverein in Freiburg zählt der Renchtalsteig zu den touristischen Fernwegen ähnlich dem Westweg oder Schluchtensteig. »Dass sich am Wegenetz etwas ändert, wird immer vorkommen«, meint er. Ziel müsse es sein, Abstriche an anderen Stellen durch eine Aufwertung zu kompensieren. »Knapp am 35-Prozent-Wert zu fahren, ist immer schwierig.« Insbesondere im Bereich Oberkirch brauche es mehr naturnahe Strecken. »Naturnah« bedeute, dass der Weg wurzelig oder teilweise zugewachsen ist. Dass ein Prädikat zeitweise ausgesetzt wird, ist für Patrick Schenk keine Besonderheit. Auch in Baiersbronn habe es diesen Fall bereits gegeben.
Ein Weg, der nicht als Qualitätswanderweg zertifiziert ist, darf auch nicht als solcher beworben werden. Axel Singer bewirbt den Renchtalsteig im neuen Urlaubsmagazin Bad Peterstal-Griesbachs auf einer Doppelseite als Etappenwanderweg. »Offiziell wurde uns das Siegel noch nicht entzogen.« Unabhängig vom Zertifikat stimmt er mit seiner Oberkircher Kollegin Gunia Wassmer darin überein, dass alleine wegen des Zertifikats »kein Wanderer mehr oder weniger kommen wird.« Ein ehrgeiziges Ziel könnte nun laut Singer sein, den Renchtalsteig als Premiumwanderweg an den Start zu bringen. »Das wäre jetzt eine Option nach sechs Jahren.«
Die Renchtal Tourismus GmbH veröffentlicht ihr Urlaubsmagazin laut Interimsgeschäftsführerin Gunia Wassmer im zweijährigen Rhythmus. Der Druck für die Auflage 2017/18 stehe kurz bevor. Derzeit liefen noch die Abstimmungen, unter welcher Bezeichnung der Renchtalsteig beworben wird.