Schlangenfrau Lantana ist im Hauptberuf Kammerjägerin
Sie geht Kakerlaken, Ratten und Wespen an den Kragen und legt sich große Schlangen um ihre Hüfte: Die groß gewachsene Anja Glaser aus Stadelhofen wird sowohl als Schädlingsbekämpferin als auch als Lantana, die Schlangenfrau, gebucht. Beileibe kein Widerspruch…
Mein Nachbar Lothar Kopf kratzt sich sorgenvoll am Kopf: Er hat ein Wespennest gesichtet. Die gelb-schwarzen Biester sind in Diersheim ausgeschwärmt und scharf auf seinen noch dampfenden, warmen »Quetschekuche«. Da ist Fest im Wespennest. Es ist ganz oben, unterm Dach. »Soll ich bei den Kopperts in Appewieher mal anrufen? Die sind doch Kammerjäger und wissen, was zu tun ist«, grübelt er.
Nicht nötig, denn per Zufall habe ich gerade Anja Glaser an der Strippe. Die ist eine geborene Koppert und im Brotberuf Schädlingsbekämpferin. »Wenn die Wespen nicht allzu sehr nerven, dann lasst sie einfach in Ruhe«, sagt sie, »die sterben jedes Jahr ab«. Sollten sie aber bedrohlich nah – zum Beispiel im Rollladenkasten des Schlafzimmers – ihr Unwesen treiben, dann würde sich die Investition von etwas mehr als 100 Euro lohnen: Dann würde sie ihren Job machen und mit einem Spezialspray für die gelb-schwarzen, manchmal stechfreudigen Biester innerhalb weniger Sekunden den Sensenmann spielen.
Im Kakerlaken, Bettwanzen, Motten, Ratten und anderem schädlichem Ungetier den Garaus machen, ist die furchtlose »Mit-Leib-und-Seele-Kammerjägerin« nicht schlecht und letztlich auch populär geworden.
In der Sendung »Achtung Kontrolle« war sie Wespennester beseitigend zu sehen und vor drei Jahren auch in der SWR-Landesschau. Unter der Woche bringt sie Taubenschutz an Gebäuden an, hantiert mit Druckkolbenpumpe, macht Flöhen, Küchenschaben, Motten den Garaus. Und sie ist sich keineswegs zu schade, auch mal einen Schlagbohrer in die Hand zu nehmen. Ein echtes Rasseweib also mit durchaus der Männerwelt zuzurechnenden Attributen. Und an den Wochenenden häutet sie sich und wird zu Lantana.
Als sie vor einem guten Dutzend Jahren in Freiburg einen feschen Buben kennenlernte, verliebte sich die damals 18-jährige Chemielaborantin nicht in ihn, sondern in dessen Schlangen. Seither schlängelt sich das groß gewachsene Model auch als Lantana mit bis zu 4,50 Meter langen Reptilien auf Bühnen und durchs Leben und macht dabei eine überaus gute Figur. Und die hat sie auch: Übergröße. Konfektionsgröße 42. Na und? Es juckt sie keineswegs, wenn dabei auch mal ihr Hüftgold aufblitzt.
Sieben Schlangen nennt sie ihr Eigen: unter anderem zwei Königspythons, eine Boa Constrictor, eine kalifornische Kettennatter, eine Kornnatter und eine etwa 40 Kilo schwere, knapp fünf Meter lange Albino-Tigerpython.
Putzige Namen haben die allesamt ungiftigen Reptilien: Knecht Ruprecht zum Beispiel oder Mister Big. Die haben ihr eigenes, 17 Quadratmeter großes Zimmer, und die müssen nicht nur mit auf ihre Shows: Gerne zeigt sie sie Kindern und Erwachsenen, geht mit ihnen in Schulen und Kindergärten, um den Kids die Angst zu nehmen. »Vielleicht sollte ich sie jenen Zweite-Klasse-Promis zum Trainieren anbieten, die sich aufs Dschungelcamp vorbereiten wollen«, grinst sie.
Damit sie nicht verhungern, verfüttert die 32-Jährige ihren Schlangen nicht etwa die Beute ihrer Kammerjäger-Erfolge, sondern junge Ratten, die sie als Frostfutter im Internet bestellt: »Da gibt’s alle möglichen Nager tiefgefroren. Der großen Python ist das aber zu wenig. Die bekommt einen lebenden Hasen vom Bauern im Ort.
Alle Schlangen bekommen nur einmal pro Monat etwas zu fressen. »Mehr brauchen die nicht«, weiß sie, »manche Schlangen können sogar bis zu zwei Jahre ohne Futter auskommen«.
In ihrem abgeschlossenen Schlangenzimmer, das mit Teichfolie ausgekleidet und in dem Rindenmulch verteilt ist, dürfen die großen Exemplare frei herumkriechen. Die kleinen Nattern sind im Terrarium. Es gibt für das Getier ein großes Wasserbecken, Kletteräste, Möglichkeiten, sich zu verstecken und Wärmelampen, alles artgerecht.
Artgerecht – darauf legt das Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) größten Wert. Dies bestätigt auch der Amtstierarzt, der diesen Raum und die Terrarien in gewissen Abständen kontrolliert. Und die Kosten? »Die Futterkosten sind eher gering, aber dafür sind die Energiekosten hoch. Schließlich mögen es die Schlangen warm.
Bleibt noch die Frage, warum Lantana? Ihren Künstlernamen hat die gelernte Chemielaborantin aus dem Periodensystem im Chemieunterricht. »Das seltene Element Lanthan stach mir da sofort ins Auge.« Die Bedeutung des Namens, das Verborgene, wurde zum Synonym für sie und ihr ausgefallenes Hobby.
Den Spagat zwischen Kakerlake und Schlangen wie Suri, die zwei Meter lange Boa Constrictor, schafft Anja Glaser bravourös. Seit sie 18 war, macht sie als Lantana Shows mit Schlangen und Feuer zu unterschiedlichen Mottos (Latin, Bauchtanz, Weihnachtsshows). Da geht es heiß her. Gebucht wurde sie schon von großen Firmen wie L’Óreal, Mercedes oder Phillips, aber auch von Privatkunden für Geburtstage oder Hochzeiten. Heute und morgen ist sie übrigens im Europa-Park auf dem African-Food-Festival ab 19 Uhr zu sehen. Beim »Walking Act« dürfen die Schlangen angefasst und Lantana Fragen gestellt werden.
Schlangenfrau
Wer Anja Glaser als Lantana, die Schlangenfrau, buchen möchte, kann sie finden unter dem Link www.snake-show.de. Und wer die Hilfe der Kammerjägerin bei der Jagd nach Bettwanzen, Ratten, Motten und anderem Ungetier benötigt, findet sie unter:
www.koppert-
appenweier.de