Schwarze Tusche und bunte Farben in Oberachern
Wie vereint man filigrane schwarz-weiß Momente auf japanischem handgeschröpftem Washi-Papier mit farbintensiven exakt auserwählten fotographischen Aufnahmen? Indem man sie aufeinander zugehen lässt. Ein Spannungsbogen entsteht und somit eine Ausstellung, die den Betrachter anzieht.
An diesem Sonntag in der Galerie Backhouse im Artcafé in Oberachern, waren es viele, die sich anziehen ließen und sie sollten auf ihre Kosten kommen. Gerd Weismann begrüßte Nicole Reuther, die seit April Joachim Lemme als Kulturbeauftragten der Stadt ablöste und ihren Ehemann Oliver Reuther, der seit vielen Jahren beim SWR arbeitet. Wo Nicole Reuther ihre Faszination für die Japanische Tuschemalerei entdeckt hat, ist für Oliver Reuther die Fotografie als inspirierende Lebensquelle wahrzunehmen. Zwei unterschiedliche Künstler und doch vereint im Dialog.
»Ich bin Sumi-e-Malerin« stellte sich Nicole Reuther vor und gemeint ist »Malen mit schwarzer Tusche«. Dies sei eine Tradition zenbuddhistischer Mönche und tatsächlich geht von den Werken eine faszinierende Ruhe aus. Bilder, die aus dem Augenblick heraus »geschehen«, dem Augenblick, dem eine tiefe Ruhe, eine innere Einkehr voraus geht. Es heißt, das Bild wird niedergeschrieben. Dies blitzschnell und entschlossen und doch sind es ihren Angaben nach nur Sekunden, in denen der Pinsel über das hauchdünne Papier schwingt. Zu sehen sind filigrane Bambusblätter, tanzende Wesen und mystisch angehauchte Nebelzauberwelten. »Warten« heißt ein Bild, das berührt. Fünf Pinselstriche fangen eine ganze Geschichte auf. Ein Mensch, eingehüllt in eine braune Decke. Wartend auf das, was das Fukushima Unglück übrig gelassen hat. Nicole Reuther gelingt eine ganz besondere Sprache, sanft und zart implodieren ihre Werke in sich und lassen eine lange Betrachtungszeit zu.
Neue Sicht von Achern
Bei Oliver Reuther sind es die Farben, die er in seinen Fotografien zu finden weiß. Doch Punkte, Flächen, Muster, Struktur, alles kann für ihn ein Indiz sein, es festzuhalten zu wollen. Hat er eine ganze Werkserie »seinem SWR« gewidmet, so ist auf zwei Wänden der Galerie Backhouse, »Achtzig Bilder Achern« – das erste Jahr, zu sehen. Der Bahnhof in einem warmen Spiel von Licht und Farben, ein Wegkreuz, das unschwer an Wagshurst erinnert. Ein Hühnerstall, deren Hahn und Henne sich in funkelnd leuchtenden Augen begegnen. Oliver Reuter stellt seine Ausstellungseröffnung unter Rezitationen von Faust I: »Was hat diese Inszenierung mit meiner Fotografie zu tun?« fragt er verschmitzt und antwortet sogleich: »Alles!« Denn: »Nur was der Augenblick erschafft, das kann er nützen!« Genutzt hat Oliver Reuther als sensibler Betrachter und versierter Fotokünstler die erste Zeit seiner Frau Nicole in Achern. Als Begleiter, als Bestätiger in einer »bunten und vielfältigen«, Region angekommen zu sein. Eine sehenswerte Gemeinschaftsausstellung zweier Weltenbetrachter, die allein eines miteinander verbindet, dem Augenblick alle Ehre zu gewähren.
Künstler sind da
Am Freitag, 26. Januar, (letzter Tag der Ausstellung) sind die Künstler anwesend zu den Caféöffnungszeiten von 14.30 bis 17.30 Uhr.