Skandalöse Szenen spielen sich im Hallenbad von Draveil ab
Schüler eines beruflichen Gymnasiums sorgen für negative Schlagzeilen in Oberkirchs französischer Partnerstadt Draveil. Wo sich außerdem der Bürgermeister vor Gericht verantworten muss und ein Krankenhaus schließt.
Schlägerei, zerstörtes Material, Voyeurismus in den Umkleidekabinen für Frauen und Mädchen – zu viel für die Leitung des Hallenbads Aqua Sénart in Oberkirchs französischer Partnerstadt Draveil. Die betroffene Schulklasse des beruflichen Gymnasiums Nadar, das direkt neben dem Schwimmbad liegt, bekommt kurzerhand Hausverbot. Eine Maßnahme, die bei der Schuldirektorin auf Verständnis trifft. Nach einem Gespräch mit der Schwimmbadleitung gibt sie zu Protokoll: »Die Sache ist geregelt, weiter nicht der Rede wert«. Eine andere Meinung hat die Lokalpolitik. Bis zu Bürgermeister Georges Tron gelangt die Sache. Und der erinnert daran, dass schon im vergangenen Herbst Schüler des Gymnasiums städtisches Material beschädigt hatten. Für 80 000 Euro musste eine Sporthalle wieder auf Vordermann gebracht werden, nachdem Einrichtung und Geräte der Halle von Nadar-Schülern beschädigt worden war. Um die Rechnung gibt es jetzt Streit: Die Stadt ging in Vorlage, will das Geld aber von der Schule zurück. Die verweist auf die übergeordnete Verwaltungsebene… Immerhin wurde die Sporthalle wieder für die Schüler zugänglich. Die Sperre für die besagte Klasse im Schwimmbad bleibt bestehen.
Eine Art politische Sperre könnte Tron bald selbst treffen. Der konservative Politiker steht ja immer noch im Verdacht, Mitarbeiterinnen im Rathaus sexuell belästigt zu haben. Die Vorwürfe stammen aus dem Jahr 2011, ein Prozess dazu hat jetzt begonnen – um nach einigen turbulenten Prozesstagen auf unbestimmte Zeit verschoben zu werden. Französische Medien bescheinigen Tron eine solide Verteidigungsstrategie. Er selbst hält sich für unschuldig, und das sehen auch viele Bürger in Draveil so. »Die Sache ist aus der Luft gegriffen«, sagte gegenüber der Lokalpresse eine Besucherin des Neujahrsempfangs von Tron. Der gab sich dort kämpferisch: »Mir geht es gut, meine Zuversicht ist ungebrochen«, sagte Tron zu seinen Anhängern.
Die Ankündigung wenige Tage später, dass ein Krankenhaus in Draveil im Sommer die Tore für immer schließen will, hat daran sicher nichts geändert. Denn das auf die Altersforschung spezialisierte Hôpital Joffre sollte schon lange schließen. Zunächst 2004, dann 2011, zuletzt 2020. Jetzt also schon in diesem Jahr. Für die Gewerkschaften ist der geänderte Kalender allerdings nicht zu akzeptieren. Sie machen sich Sorgen um die 150 Mitarbeiter, die ihre Arbeit verlieren könnten. Sie sollten nach Gewerkschaftsvorstellungen in dem wenige hundert Meter weiter gelegenen Hôpital Joffre-Dupuyten weiterbeschäftigt werden.
Im Stadtzentrum machen unterdessen die langjährigen Umbaupläne weiter Fortschritte, und auch auf dem großen Parkplatz hinter dem Rathaus gibt es jetzt eine Neuerung: Seit Anfang des Jahres stehen dort acht öffentliche Ladestationen für Elektroautos bereit. Ein erster Schritt, um die neue Autotechnologie auch seitens der Gemeindeverwaltung zu fördern. Der oppositionellen Liste im Rathaus »100% Draveil« ist das allerdings nicht genug. Sie fordert vielmehr, Autos grundsätzlich weniger dominierend im Stadtbild zu machen. So soll der Parkplatz hinter dem Rathaus unter die Erde gelegt und die Fläche über der Erde in einen großen Park umgeformt werden. Der Sénart-Wald soll mit Fahrradwegen und über weitgehend verkehrsberuhigte Straßen mit der großen Freizeitanlage am Seine-Ufer verbunden werden. Vorschläge, die an der bürgerlichen Mehrheit abprallen. Denn einer der beiden »100% Draveil«-Gemeinderatsmitglieder ist Philippe Brun, der vergangenes Jahr für den rechtsradikalen Front National an den Parlamentswahlen teilnahm. »Von so jemandem werden wir uns keine Ratschläge geben lassen«, schreibt die Mehrheit im Stadtmagazin »Vivre à Draveil«. Zumal Brun bei all den Gemeinderatssitzungen, in denen es um die Neugestaltung des Stadtzentrums gegangen war, nicht anwesend gewesen sei.