Achern / Oberkirch

Tausendsassa mit Hang nach Afrika

Silke Keil
Lesezeit 6 Minuten
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26. August 2010
Mit seiner Frau Brigitte Santos (links) musiziert Carlo Parisel zugunsten des Burundi-Projektes des Oberkircher Kaplans Gregoire.

Mit seiner Frau Brigitte Santos (links) musiziert Carlo Parisel zugunsten des Burundi-Projektes des Oberkircher Kaplans Gregoire.

Carlo Parisel, Sohn eines Oberkircher Drogisten, bleibt selten lange an einem Ort. Als politisch engagierter Student, Sänger und Unternehmensberater verschlug es ihn nach New York, Paris und Pakistan. Derzeit lebt er mit zweien seiner Kinder in Sasbachried.

Oberkirch. Auch mit 62 Jahren ist Carlo Parisel des Fliegens nicht müde. Er nutzt Flugzeuge wie manch anderer Oberkircher Bus und Bahn und überschreitet nicht nur Landesgrenzen, sondern auch rationale und kulturhistorische Grenzen mit der Selbstverständlichkeit eines heimatlosen Zugvogels. Zuhause ist er überall – in Sasbachried genauso wie in Paris, New York, Karachi oder Nimayaga. Er mischte in der amerikanischen Musikindustrie mit, begleitete ein Hilfsprojekt in Pakistan und singt heute mit seiner dritten Frau für Burundi. Daneben ist er Berater eines Unternehmens im Bereich der erneuerbaren Energien und der Elektromobilität.
Parisel ist rastlos, getrieben von stets neuen Ideen. Vielleicht liegt ihm dieser Geist im Blut. Er stammt von einer Hugenottenfamilie ab, die vor rund 200 Jahren das französische Dijon verließ und auf ihrer Suche nach sicherem Land in Oberkirch Fuß fasste. Eine engagierte Familie, die großes Interesse an kulturellem Erbe zeigt. Die Ofenplatten, die das Treppenhaus im Oberkircher Rathaus zieren, stammen aus dem Nachlass der Familie. Es sind gesammelte Werke, teilweise bis zu 600 Jahre alt. Carlo Parisel selbst sammelt Erfahrungen.
Bereits in seiner Jugendzeit war er begeistert davon, in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Seite an Seite mit Karl Maria Brand­auer

spielte er Ende der 50er Jahre bei der Laienspielgruppe Oberkirch. »Ich erinnere mich noch, wie uns Brandauer als 16- oder 17-Jähriger versprach: »Ich werde einmal der berühmteste Schauspieler Deutschlands sein.« Brand­auer machte tatsächlich Filmkarriere.
Auch Parisel hatte einen Traum: nach New York zu gehen. New York war der Inbegriff der großen Welt der Musikindustrie. Und diese hatte es dem Oberkircher schon in jungen Jahren angetan. Direkt nach seinem Examen schloss er sich als Sänger einer Band an. Da sie nicht ganz nach seinem Geschmack war, formierte er sie neu und nannte sie »Look and Listen«. Mit dabei war auch Brad Howell, der später in der Band »The Real Milli Vanilli« Karriere machte.
Die Band »Look and Listen« war so erfolgreich, dass sie bei der Familie

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Diemenstein einen Plattenvertrag erhielt. Als das Label einen juristischen Berater suchte, ließ Carlo Parisel sein Chance nicht vorüberziehen und bewarb sich als studierter Jurist. »Sechseinhalb Jahre war ich als Berater on top of the top«, erzählt der Oberkircher.
Dann kam es zu einem Streit zwischen der Plattenfirma und Peter Maffay, den er nicht mittragen wollte. Er ging, doch mit wehenden Fahnen. »Ich hatte viele Kontakte und exzellente Reputationen«, erzählt er. Mit ihrer Hilfe baute er sich 1982 in New York eine neue Existenz als PR-Berater für Musiker auf, die in Europa Fuß fassen wollten. »Mein erster Kunde waren die Commodors«, erzählt Parisel. Es folgten Jose Feliciano und Lile Rodgers, der Entdecker vieler Shooting-Stars, wie Madonna.
Carlo Parisels Familie – seine Frau und zwei Kinder – lebte in Zunsweier, so dass er stets zwischen den USA und der Ortenau pendelte. Als der Offenburger Verleger Peter Reiff 1984 das »Radio Ohr« (heute

»Hitradio Ohr«) gründete, arbeitete auch Parisel mit. An seiner Seite waren Klaus Sturn, ehemaliger Redaktionsleiter der ARZ, Jürgen Götz, Geschäftsführer des gleichnamigen Auktionshauses, sowie Fritz Bierer, heute Leiter des Pressebüros Bierer in Oberkirch, in der Funktion als Sportreporter. Nach drei Jahren endete Parisels Zeit bei Radio Ohr.
In dieser Zeit ging seine erste Ehe zu Bruch. Gemeinsam mit seiner neuen Liebe, Michele Boos, einer aus Korea stammenden Französin, zog Carlo Parisel Ende der 80er Jahre ganz nach New York und widmete sich dort seiner PR-Tätigkeit. Zusätzlich privatisierte das Paar eine Modelleisenbahn-Firma in Berlin. Wieder pendelte Carlo Parisel zwischen den USA und Deutschland, 1995 geschlagene 22-mal. Seine junge Frau startete eine erfolgreiche Karriere als Unternehmerin, bekam zwei Kinder.
In einem ihrer Unternehmen, »Nano Energy GmbH«, arbeitet der 62-Jährige heute als Berater der Geschäftsleitung in strategischen und politischen Belangen. Das Projektentwicklungs- und Beteiligungsunternehmen ist im Bereich erneuerbare Energien, netzunabhängige Stromversorgungssysteme und Elektromobilität tätig.
1998 endete die zweite Ehe. Gemeinsam mit seinen beiden, damals vier- und sechsjährigen Kindern, zog Carlo Parisel nach Paris. Noch bevor seine Tochter Sophia eingeschulte wurde, folgte er dem Ruf der Bundesregierung Deutschland ins pakistanische Karachi. Dort sollte er ein Projekt der Ärztin und Nonne Ruth Pfau unter dem Dach des Deutschen Aussätzigenhilfswerks protokollieren. Zwei Jahre ging er dieser Arbeit nach.
Über seine 16-jährige Tochter Sophia lernte der alleinerziehende Vater die Sängerin Brigitte Santos kennen, mit der er nach afrikanischer Zeremonie am 6. September 2008 vermählt wurde. Als Gesangsduo »CB in Love« treten sie auf, um Spenden für das Burundi-Projekt der katholischen Pfarrgemeinde in Oberkirch zu sammeln. 2,50 Euro pro Eintrittskarte fließen dem Projekt des Oberkircher Kaplans Gregoire zu. »In diesem Jahr konnten wir bereits 1500 Euro sammeln, 510 Euro alleine mit dem Osterkonzert in Willstätt am 4. April«, freut sich der 62-Jährige. Mit im Team sind auch die »Dreamsisters« – seine und Brigitte Santos’ Tochter.
Im Frühjahr reiste Carlo Parisel ins Dorf Nimayaga, um sich davon zu überzeugen, wie die Hilfe ankommt. »Es ist ein sakraler Ort in einer Gebirgslandschaft, der einen Blick über den Tanganjikasee bis in den Kongo freigibt«, ist Carlo Parisel begeistert.
Ein Hochgefühl in einem Leben, das seiner Aussage nach viele »Ups and Downs« hatte. »Ich war immer risiko- und unternehmungsfreudig«, so Carlo Parisel.
Und das ist er auch heute noch. Am 5. August trat er mit seiner Frau und den »Dreamsisters« in Burundi auf. Und wieder saß der Oberkircher, der sich als »Weltentyp« bezeichnet, im Flieger und überschreitet Grenzen.

ZUR PERSON
Carlo Parisel
Carlo Parisel kam im November 1947 in Oberkirch zur Welt. Sein Vater leitete im Haus der Großeltern, in dem heute die Greifen-Apotheke untergebracht ist, eine prosperierende Drogerie. Die Immobilie erbten Carlos Geschwister, Friedrich und Julita Parisel. Seine Schwester lebt noch heute in Oberkirch und ist in der katholischen Kirchengemeinde engagiert.
Nach der Grundschule in Oberkirch besuchte Carlo Parisel die Heimschule Lender in Sasbach. Nach dem Abitur studierte er in Genf, Freiburg und Frankfurt Jura, Politik sowie Psychologie. Der 62-Jährige hat vier leibliche Kinder aus zwei Ehen sowie drei adoptierte Kinder aus seiner dritten Ehe mit Brigitte Santos aus Willstätt. Er lebt mit seinen zwei jüngsten Kindern Sophia (16) und Alexander (18) in Sasbachried, plant jedoch einen Umzug nach Sasbach

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