Weggefährten von Matthias Fallert üben Kritik am Zölibat
Für Überraschung sorgte die jüngst bekannt gewordene Entscheidung des früheren Acherner Stadtpfarrers, Matthias Fallert, aus dem Priesteramt auszuscheiden. Seine früheren Weggefärten zeigen aber durchweg Verständnis für diesen Schritt. Kritik gibt es an der Kirche.
»Schade für die Kirche, dass sie an überlebten Strukturen festhält. Schade für die Menschen, die einen charismatischen Priester verlieren«, so die Reaktion einer Oberachernerin auf die Nachricht, dass Matthias Fallert nach seinem Jahr in Bolivien aus dem Priesteramt ausscheidet (wir berichteten gestern).
Volle Kirchen
Während seiner Zeit in der Seelsorgeeinheit Achern von 2007 bis 2015 hatte er neue Gottesdienstformen eingeführt, Glaubenskurse veranstaltet und bekannte christlicher Liedermacher eingeladen. Volle Kirchen und spirituell neu inspirierte und engagierte Katholiken waren der Erfolg.
»Unvergessen ist die Ausstrahlungskraft, mit der Matthias Fallert als Seelsorger den Menschen seine Glaubensüberzeugung vermittelte. Unsere Kirche braucht solche Menschen mit Charisma und Kreativität, unabhängig in welcher Funktion auch immer.« Diese Stellungnahme schickte die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates der Seelsorgeeinheit Achern, Regine Schwall-Geier, aus dem Urlaub. Es sei jetzt »an uns, ihm diese Zuversicht und Unterstützung zurück zu geben.«
»Ich kann mir vorstellen, dass er weiter für die Kirche arbeitet. Er ist ein wertvoller Mensch, ein toller Prediger und Seelsorger«, spricht Bernd Müller, stellvertretender Vorsitzender des Pfarrgemeinderates, eine Hoffnung aus. Er sei kurz vor der Bekanntgabe des Entschlusses per Mail von Matthias Fallert informiert worden und habe vorher seit Langem keinen Kontakt gehabt. Dass Matthias Fallert dieses Jahr gebraucht habe, um Klarheit zu bekommen, dafür habe er vollstes Verständnis. Auch dafür, dass er sich in dieser Zeit nicht bei seiner ehemaligen Gemeinde gemeldet habe.
Ein herber Verlust
Der Grund für sein Ausscheiden aus dem Priesteramt habe ihn überrascht, so Bernd Müller. Dass Fallert mit den kirchlichen Strukturen gekämpft hat, den Eindruck habe er gehabt. Aber dass die Ehelosigkeit für ihn das entscheidende Problem gewesen sei, habe er trotz enger Zusammenarbeit nicht wahrgenommen. Dass der Zölibat für Priester freiwillig wird, das wäre aus Müllers Sicht der richtige Weg. Veränderungen anzumahnen und so an der katholischen Kirche zu arbeiten, das wünsche er sich von den Gläubigen.
»Der Rückzug von Matthias Fallert aus dem Priesteramt mag wie ein Paukenschlag wirken und bringt für die Römische Kirche nach dem Rückzug von Dekan Edgar Eisele nun erneut die Frage nach dem Zölibat, der biblisch nicht begründet ist, in der Römischen Tradition jedoch einen wohl unüberwindbar hohen Stellenwert genießt. Ob sich jemals daran rütteln lässt?«, so nimmt Acherns evangelischer Pfarrer Hans-Gerd Krabbe Stellung. Die Entscheidung bedeute für die Römische Kirche einen herben Verlust.
Matthias Fallert, mit dem sie und ihr Mann in der Ökumene in Achern gerne zusammengearbeitet haben, sei ein engagierter und theologisch versierter Kollege, ergänzt Pfarrerin Renate Müller-Krabbe. Sie wünsche sich, dass er eine Aufgabe findet, in der er sein theologisches Wissen und sein seelsorgerliches Können auch in Zukunft einbringen kann. »Die katholische Kirche muss sich gut überlegen, wie sie in Zukunft ihre Priester halten und neue gewinnen kann«, ergänzt sie noch.
Mutig und verständlich
»Schade, dass durch das Zölibat die Berufung zum Hirten und Familie nicht vereinbar sind«, meint auch Matthias Czepl, Pastor der freikirchlichen Josua-Christengemeinde aus Achern. Die Kirche verliere einen fähigen Priester. Er wünsche Matthias Fallert, dass er weiterhin ein Segen für Christen und Nichtchristen sein kann.
»Er ist für mich einer der Menschen, die ich immer bewundert habe«, bekennt Roland Fischer, Gemeinderat in Fallerts Heimatort Sasbachwalden. Der Schritt, aus dem Priesteramt auszuscheiden, sei mutig und verständlich.
Fallert habe ihn und seine Frau getraut und dafür sei er ihm ewig dankbar. Ob Matthias Fallert nun selbst eine Partnerin gefunden hat und heiraten will – diese Frage bleibt vorerst genauso offen wie sein derzeitiger Aufenthalts- oder sein künftiger Wirkungsort.
»Schmerzliche Erfahrung«
»Das Ausscheiden von Matthias Fallert aus dem priesterlichen Dienst bedaure ich persönlich sehr und es ist eine schmerzliche Erfahrung, wenn wieder einer aus unseren Reihen der sehr beliebten und charismatischen Priester aus dem Dienst ausscheidet«, kommentiert Dekan Georg Schmitt aus Kappelrodeck die Nachricht vom Wochenende. Er schätze Matthias Fallert als Mensch und Priester sehr. Mit großartigem Engagement und Ideenreichtum habe er die Menschen in der Seelsorgeeinheit Achern und im Dekanat Achern angesprochen und auf Glaubens- und Lebenswegen mitgenommen: »Wir hätten seinen priesterlichen Dienst weiterhin sehr gut gebrauchen können.«