Von drei Vorwürfen bleibt letztendlich nur einer übrig

Vor dem Amtsgericht Achern ging es um einen Konflikt zweier Autofahrer. ©Andreas Cibis
Ein Gutachter wurde zu einem Verkehrsvorfall gehört. Der angeklagte erhält eine Geldstrafe.
Bereits im Dezember wurde einem 46-jährigen Berufskraftfahrer vorgeworfen, sich unerlaubt im Mai des vergangenen Jahres vom Unfallort entfernt zu haben. Zusätzlich hätte er sich schuldig gemacht wegen grob verkehrswidrigem Verhalten und der Nötigung eines Verkehrsteilnehmers während einer Fahrt auf einer Nebenstraße in einer Umlandgemeinde.
Nunmehr wurde in der Fortsetzungsverhandlung dem Ansinnen der Staatsanwaltschaft, aber auch des Verteidigers Rechnung getragen und ein Gutachter gehört. Dieser betonte, dass er aufgrund der Fotos der Polizei zwar darlegen könne, dass es zu einer minimalen Kollision der Fahrzeuge des Geschädigten und des Angeklagten gekommen sei, die aber zur Sprache gebrachte Schadenshöhe von 2700 Euro nicht aufrecht zu erhalten sei. Er läge je nach Betrachtung zwischen 800 und 1400 Euro. Zusätzlich könne man noch nicht ausschließen, dass das Auto des 21-jährigen Mannes einen Vorschaden hatte.
Im Zeugenstand, so Amtsrichterin Jule Jantzen, habe dieser erwähnt, dass er das KFZ seines Vaters gefahren hätte und er wisse, dass an diesem die Stoßstange repariert wurde. Man müsse auch, wie der Sachverständige ausführte, von einer Kollision ausgehen, die bei relativ geringer Geschwindigkeit zustande kam.
Vorfahrt genommen
Oberamtsanwalt Schäfer sah indessen eine Bestätigung seiner Schuldvorwürfe. Der Berufskraftfahrer habe auf einer Nebenstraße mit einem Tempolimit von 30 Stundenkilometern zunächst seinem „Kontrahenten“ die Vorfahrt genommen, sei nach dessen Gestikulieren diesem gefolgt und habe ihn wohl deshalb zur Rede stellen wollen. Dafür habe er eine Kollision in Kauf genommen, als er ihn überholte und geschnitten habe, auch wenn er wegen eines parkenden Autos eine Vollbremsung vornehmen musste, bei der es zur „ Berührung“ der beiden Fahrzeuge gekommen sei.
Danach habe er dem 21-Jährigen wegen seiner Gesten zur Rede gestellt. Ohne auf den Schaden zu achten, hätte er sich vom Unfallort entfernt. Dies sei ebenso ein Straftatbestand wie sein grob verkehrswidrigen Verhalten im Blick auf die Vorfahrt und die folgende Nötigung. In allen Fällen müsse man von Vorsatz beziehungsweise Absicht sprechen.
Für das grob verkehrswidrige Verhalten und die Nötigung fordere er eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 50 Euro. Für das unerlaubte Entfernen wolle er von einem Entzug der Fahrerlaubnis absehen, aber ein zweimonatiges Fahrverbot als Mindestmaß ansetzen.
Geringerer Schaden
In seinem Plädoyer verwies Verteidiger Benedikt Jaeschke auf die Aussagen des Gutachters und die deutlich geringere Schadenshöhe, hob hervor, dass das Gestikulieren durchaus auch ein Zeigen des Mittelfingers gewesen sein könne, was sein Mandant wohl als Beleidigung aufgefasst habe. Ob er diese „Berührung“ der beiden PKWs bemerkt hätte, sei ebenfalls fraglich.
Er könne weder von einer Nötigung sprechen noch von einem grob verkehrswidrigem Verhalten, weil er noch schnell an einem geparkten Auto vorbei fuhr. Letztlich bat er um eine milde Bestrafung für seinen Mandanten, denn gänzlich schuldfrei sei er nicht.
Amtsrichterin Jule Jantzen sprach den Angeklagten schuldig des unerlaubten Entfernens vom Unfallort und verhängte eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 50 Euro. Ansonsten könne sie ihn wegen der beiden anderen Tatvorwürfe freisprechen.
Die Kosten des Verfahrens seien nur bezogen auf die Verurteilung zu bezahlen. Es stelle sich letztlich so dar, dass das Verhalten des Geschädigten, das sicherlich der Auslöser der folgenden Handlungen war, nicht genau darzustellen sei. Insofern müsse der Grundsatz gelten „in dubio pro reo“. Dass es zu einem Ausbremsen in der dargestellten Form kam, könne auch an dem auf der Straße geparkten KFZ gelegen haben. Auch eine Nötigung erkenne sie nicht, so dass es zwangsläufig nur für eine Verurteilung wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort geben könne.