Wechsel bei den Oberkircher Grimmelshausenfreunden
Obwohl Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen lange Zeit in Oberkirch lebte und in seinem Werk viele Spuren seiner Zeit im Renchtal zu finden sind, ist er im Alltag und im Stadtbild wenig präsent. Das ist umso bedauerlicher, als die Texte des Barockdichters nicht nur äußerst vielfältig sind, sondern auch viele Denkanstöße für aktuelle Fragen bieten, heißt es in der Pressemitteilung des Grimmelshausen-Gesprächskreises. Eine kleine Gruppe begeisterter Grimmelshausenleser hält das Andenken des Autors in Ehren und trifft sich einmal im Monat zum Grimmelshausen-Gesprächskreis. Vergangene Woche feierte die Gruppe mit der 300. Gesprächsrunde ein kleines Jubiläum.
Aus Anlass des Jubiläums eröffnete Manuela Bijanfar die Veranstaltung mit einem kurzen Rückblick auf die Geschichte der Gesprächsrunde. Nach zwei gescheiterten Anläufen nahm der Renchner Bürgermeister Erich Huber im Jahr 1976 den 300. Todestag des Dichters zum Anlass, die Gesprächsrunde ins Leben zu rufen. Seither führt die Runde regelmäßig im »Silbernen Stern« in Oberkirch-Gaisbach begeisterte Grimmelshausenleser zusammen.
Von 1984 bis 2000 leitete Erich Graf die Grimmelshausenrunde. Fritz Heermann hat seither die Runde 16 Jahre erfolgreich organisiert. Im Namen von Oberbürgermeister Matthias Braun bedankte sich Archivarin Irmgard Schwanke bei Fritz Heermann für seinen ehrenamtlichen Einsatz. Sah es zum Jahresanfang noch so aus, als ob dies die letzte Gesprächsrunde sein würde, so kann Heermann mit der 300. Veranstaltung die Organisation der Gesprächsrunde in jüngere Hände abgeben.
Die Künstlerin Manuela Bijanfar und die Literaturwissenschaftlerin Miriam Seidler werden künftig für die Programmgestaltung zuständig sein. Der nächste Termin steht bereits fest: Am 3. Mai um 19 Uhr wird die Basler Professorin Rosmarie Zeller über die Kleidersymbolik im Werk Grimmelshausens referieren.
Neben diesem Rück- und Ausblick stand aber auch an diesem Abend das Werk Grimmelshausens im Mittelpunkt. Zum Vortrag eingeladen war einer der besten Kenner von Grimmelshausens Werken: Dieter Breuer aus Aachen, der sich in seinem unterhaltsamen Vortrag mit Grimmelshausens »seltsamen Heiligen« beschäftigte.
Dass Heilige und überhaupt religiöse Themen in Grimmelshausens bekanntestem Werk, dem Simplicissimus Teutsch aus dem Jahr 1668, eine so bedeutende Rolle spielen, verwundert auf den ersten Blick, schildert der Roman doch den Lebensweg eines jungen Mannes, der dem Laster nicht abgewandt ist und sich von den Reizen der Welt und den Nöten der Gesellschaft des Dreißigjährigen Krieges immer wieder zu Lug und Betrug, aber auch zu sexuellen und kulinarischen Ausschweifungen verführen lässt. In diesem Umfeld bieten die Heiligenfiguren immer wieder Momente der Besinnung.
»Viel Köpf, viel Sinn«
Auch wenn es dem Helden oftmals nicht dauerhaft gelingt, ihrem Vorbild zu folgen, so regen sie ihn doch dazu an, sein Verhalten zu reflektieren und zumindest kurzfristig an christlichen Verhaltensnormen auszurichten. »Viel Köpf, viel Sinn«, so formuliert Grimmelshausen im Roman. Ein einfaches Verständnis seiner Romane bietet er dem Leser an keiner Stelle an und so gibt es auch für die Grimmelshausen- Gesprächsrunde noch vielfach die Möglichkeit, über Sinn und Unsinn in seinen Texten zu sprechen.