Wie Ehrenamtliche im Renchtal den Mundschutzmangel beseitigen
Wer nähen kann, kann zurzeit etwas sehr Sinnvolles tun. Weil Mundschutz gerade Mangelware ist, gibt es auch im Renchtal einige Menschen, die sich an die Nähmaschine setzen und ehrenamtlich Behelfsmasken nähen.
Ab Montag gilt auch in Baden-Württemberg die Maskenpflicht beim Einkaufen und in Bussen und Bahnen. Gut, dass es im Renchtal viele Ehrenamtliche gibt, die in ihrer Freizeit Initiative ergreifen.
Wer nähen kann, kann zurzeit etwas sehr Sinnvolles tun. Weil Mundschutz gerade Mangelware ist, gibt es auch im Renchtal einige Menschen, die sich an die Nähmaschine setzen und ehrenamtlich Behelfsmasken nähen. Manch eine hat dafür das Nähen erst gelernt. Christiane Roth aus Oppenau kann eigentlich gar nicht nähen, jetzt hat sie es aber gelernt. Zumindest für ein Schnittmuster: das einer Behelfsmaske. „Wir sind sechs Frauen aus Oppenau. Eine davon ist Schneiderin und hat es mir gezeigt“, berichtet Christiane Roth.
Über 200 Exemplare des Mund- und Nasenschutzes haben die Frauen bereits gefertigt – sie gehen an das Pflegeheim in Bad Peterstal, das Oppenauer Vincentiushaus und eine Hausarztpraxis. Stoff haben die ehrenamtlichen Näherinnen noch genug, allerdings geht ihnen der Gummi aus, mit dem der Mundschutz hinter den Ohren befestigt wird. Auch im Internet ist er inzwischen vergriffen.
„Besser als nichts“
Mehr als 80 Mund- und Nasenschutzmasken hat Christel Bischoff aus Bottenau bereits genäht. Sie ist Pflegekraft beim ambulanten Pflegedienst des Schwesternverbands in Oberkirch. „Als ich die ersten Mundschutze genäht habe, wurde ich noch belächelt“, berichtet sie. Inzwischen hat sich das geändert. Nachdem sie ihre Familie mit Mundschutz versorgt hatte, hat sie für die Kollegen des Schwesternverbands weiter genäht. Eine Sicherheit vor dem Coronavirus bieten die Mundschutze nicht, aber sie seien besser als nichts. Stoffe hat Christel Bischoff, die in ihrer Freizeit gerne näht, sowieso vorrätig. Außerdem nutzt sie alte Leintücher ihrer Mutter und Schwiegermutter. Die Baumwollstoffe haben den Vorteil, dass man sie auskochen kann. Um die Atemschutze möglichst praktisch zu gestalten, werden sie mit Gummi statt mit Bändern befestigt. Weil Gummis inzwischen überall ausverkauft seien, haben sämtliche Kollegen die heimischen Nähkästchen geplündert und alle Gummis gespendet.
2500 Masken genäht
Bis tief in die Nacht rattert die Nähmaschine bei Selma Emine Demir aus Oberkirch. Sie arbeitet normalerweise im Stoffparadies der Firma Apelt. Das hat aber gerade geschlossen. Durch Erzählungen einer Ärztin und einer Polizistin aus der Familie, dass es überall an Mundschutz fehle, ist sie auf die Idee gekommen, selbst tätig zu werden. Einen Tag hat sie getüftelt, dann war das Modell aus zweilagigem Baumwollstoff entworfen. Inzwischen ist eine achtköpfige Gruppe rund um Selma Demir damit beschäftigt, Behelfsmasken zu nähen.
Von Beginn an waren Elena Asmus, Andrea Utmaleki und Lore Dietz dabei. Selma Demirs Bruder Yakup Demir schneidet für alle Näherinnen die Stoffe und die Drähte über der Nase zu und die Frauen nähen. Inzwischen hat die Gruppe 2500 Mundschutze genäht. Abnehmer sind Krankenhäuser, Pflegeheime, die Caritas und Privatpersonen. Zunächst hat Selma Demir ihren privaten Stoffvorrat verbraucht, dann hat die Firma Apelt eine größere Menge Stoff gespendet. Inzwischen kauft die Gruppe den Baumwollstoff. „Er kann im Kochtopf abgekocht und damit desinfiziert werden“, erklärt Selma Demir. Erst haben die Näherinnen die Masken verschenkt, inzwischen erheben sie eine kleine Gebühr, um die Materialkosten zu decken. Verdienen wollen sie an ihrer Arbeit nichts.
Alle, die sich gerade an die Nähmaschine setzen, um Behelfsmasken zu nähen, wissen: Sie sind kein Ersatz für Schutzmasken, die vor dem Coronavirus schützen. Sie eignen sich aber, um andere zu schützen, zum Beispiel dann, wenn man infiziert ist und es noch gar nicht weiß.