Wissenschaftler Sittler über den Klimawandel an der Arktis
Beim Verein für Regenerative Energien Mittelbaden referierte der Wissenschaftler Benoit Sittler. Er berichtete von seinen Erkenntnissen über die Auswirkungen des Klimawandels an der Arktis.
Bereits zum dritten Mal begrüßte Peter Griebl im Anschluss an die Mitgliederversammlung des REM (Verein für Regenerative Energien Mittelbaden) den aus Frankreich stammenden und in Freiburg lebenden Wissenschaftler Benoît Sittler zu einem Gastvortrag zum Thema »Klimawandel in der Arktis«.
Der Wissenschaftler, der jeden Sommer drei bis vier Monate in Grönland verbringt, räumte anfangs mit der Fabel auf, dass Lemminge in immer dieselbe Richtung laufen und Selbstmord begehen, wenn sich ihre Zahl zu sehr erhöht. Die Beobachtungen des Ausbleibens der sogenannten Lemming-Zyklen seit zirka zehn Jahren deuteten nun allerdings auf Änderungen hin, die wohl mit dem Klimawandel in Verbindung stehen könnten. Das Fehlen dieser Zyklen ist auch für das Ausbleiben von Nachwuchs bei den von Lemmingen abhängigen Beutegreifern verantwortlich, etwa bei den Schnee-Eulen.
Lange Polarnacht
Ein ähnlicher Trend gilt auch für die Bruterfolge bei den Raubmöwen. Gegenstand seiner Forschungen waren die gesamten Zyklen des dortigen Ökosystems und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Regionen.
Die Arktis als nördlichstes Polargebiet mit fast einem halben Jahr Polarnacht und ebenso langer Helligkeit im Wechsel weist jenseits der Baumgrenze minus zehn Grad Temperatur auf. Das Wasser des nördlichen Eismeers, das auf einer Fläche von 13 Millionen Quadratkilometern von Eis bedeckt ist und der Größe von 13-mal Deutschland entspricht, befinde sich in ständiger Bewegung. Der Golfstrom fungiere als Wärmepumpe für den Nordpol. Inzwischen seien nur noch in über 2500 Metern Höhe Eis und Schnee vorhanden.
Die Arktis bietet Benoît Sittler zufolge Laborbedingungen für Feldforschungen als logistische Herausforderung. Es galt für ihn und sein Forscherteam, in unbeheizten Zelten zu leben –zeitweise auch in völliger Dunkelheit – und bis 4000 Winternester von Lemmingen zu zählen, mit Massenvermehrungen bei bis zu fünf Würfen jährlich. Die Zelte mussten zudem zeitweise gegen gefräßige Eisbären geschützt werden. Der Wissenschaftler hatte alle Hände voll zu tun bei der Registrierung der Brutvögel und deren Flugrouten, die per Funk Tausende Kilometer weit verfolgt werden.
Alarmierendes Zeichen war beispielsweise das Ausbleiben von Brutversuchen bei Schneeeulen wegen der Klimaveränderung. Als Indikatoren des Wandels im Küstenbereich sind die zunehmenden Begegnungen mit Eisbären zu betrachten, die durch das drastische Schwinden der Eisdrift in der Grönlandsee immer häufiger an Land zu beobachten sind.
Sei Eis und Schnee auf dem Rückgang, so würden auch Brutgebiete nach Norden verlegt. Und Fuchs und Hermelin folgen den Lemmingen in den Norden. Das Auftauen von Permafrost führe zu Erdrutschen und neuen Pionierpflanzen. Ein letzter Blick auf Grönland heute eröffnete Beispiele der Erfassung des Klimawandels. So habe sich die Erderwärmung im 21. Jahrhundert um wenige Grade, in der Arktis aber um ein Vielfaches erhöht, weil die Sonnenrückspiegelung des Gletschers verloren geht. So zeigte ein Schlussbild die Arktis als »Alarmanlage des Klimawandels«.