Zivilcourage: Es geht auch ohne Heldentaten

Viele gegen einen: Wer bei Gewalttaten oder Mobbing einfach wegschaut, steht auf der Seite des Täters. ©Rolf Vennenbernd
Anfang des Jahres soll eine etwa zehnköpfige Gruppe im Alter von 16 bis 20 Jahren einen 19-jährigen im Ortsteil einer Großen Kreisstadt in der Ortenau hinter das Rathaus gelockt haben. Als der junge Mann eine Bedrohung vermutete und flüchtete, sei er von Unbekannten verfolgt worden, die von hinten auf den Flüchtenden eingeschlagen, ihn getreten und seine Jacke beschädigt hätten.
Als der 19-Jährige zu Boden gefallen sei, soll die Bande weiter auf ihn eingeschlagen haben. Das Geschehen fand ein plötzliches Ende: Als Anwohner mit Rufen eingriffen, ließen die Angreifer vom 19-Jährigen ab. Dieser fand Unterschlupf bei den Anwohnern.
Anwohner in Lahr schützten 19-Jährigen vor Schlägergruppe
Szenen, wie sie sich im Winter laut der Polizei in Lahr-Langenwinkel ereignet haben, sind im Renchtal selten ein Grund für Einsätze der Polizei. Konkrete Zahlen seien hierzu jedoch nicht ermittelbar: „Delikte im Zusammenhang mit Zivilcourage werden nicht als eigener Parameter in der Kriminalstatistik erfasst“, teilt Pressesprecher Wolfgang Kramer vom Polizeipräsidium Offenburg der ARZ mit.
Polizei setzt auf Prävention
Zivilcourage sei ein gesellschaftspolitisch wichtiges Thema, um das die Polizei sich im Bereich der Prävention vielschichtig kümmere: „Seit 2015 besteht die bundesweit einzigartige Kooperation namens ‚Polizeiliche Prävention auf dem Stundenplan‘ zwischen dem Innen- und Kultusministerium“, berichtet der Polizeibeamte. Schwerpunkt sei die Gewaltprävention, die an allen Schulen in Baden-Württemberg angeboten werde: „Die Polizei hat 2022 an den Schulen in Achern, Oberkirch, Renchen und Oppenau zum Thema ‚Zivilcourage im Netz“ 20 Veranstaltungen durchgeführt‘, bilanziert Kramer.
"Wir sind schon sehr froh, wenn der Notruf gewählt wird"
Unter dem Aspekt “Helfen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen“ dürfe grundsätzlich jeder nach eigener Einschätzung da einschreiten, wo Unrecht geschieht. „Wir sind aber schon dankbar und sehr froh, wenn bei Beobachtung eines entsprechenden Vorfalls der Notruf gewählt und die Polizei verständigt wird“, sagt Polizei-Sprecher Kramer. Menschen, die sich in besonderem Maße für andere eingesetzt oder die Arbeit der Polizei unterstützt haben, werden ins Polizeipräsidium Offenburg eingeladen und bekommen ein kleines Dankeschön.