Andrea Schlegel neue Integrationsbeauftragte in Willstätt
Andrea Schlegel ist seit Dezember die neue Integrationsbeauftragte in Willstätt. Zuvor war sie fünf Jahre lang in der Jugendhilfe in Kehl tätig. Die 39-Jährige stammt aus dem Kreis Waldshut und hat in Mannheim, München und Wales Politologie studiert. Sie lebt mit ihrer Familie in Straßburg. Die Kehler Zeitung hat mit Andrea Schlegel über ihre Vorstellungen und ihre Aufgaben gesprochen.
Wie kamen Sie auf die Idee, sich in Willstätt auf die Stelle der Integrationsbeauftragten zu bewerben?
Andrea Schlegel: Ich finde es spannend, dass ich in diesem Job meine beiden Interessenfelder vereinen kann – Arbeit im sozialen Bereich mit einem politischen Hintergrund. Willstätt kannte ich vorher schon ein bisschen, weil ich früher einen Jugendlichen an der Moscheroschschule begleitet habe.
Was ist Ihnen in den ersten Wochen in Willstätt besonders aufgefallen?
Schlegel: Ich war positiv überrascht, wie viel Arbeit hier schon geleistet wurde, sowohl von der Gemeinde als auch vom Helferkreis. Alle 126 Geflüchteten sind in der Anschlussunterbringung und leben in Wohnungen mitten in den Dörfern. Viele haben dadurch auch Kontakte zu Einheimischen. Das ist der Vorteil im ländlichen Raum: Eine Ghettobildung gibt es hier nicht.
Gibt es nirgends Probleme?
Schlegel: Nein, eigentlich nicht. Wir haben in Willstätt zumeist junge Familien. Die Kinder bekommen durch den Kindergarten und die Schule am schnellsten Kontakt und haben auch mit der Sprache die wenigsten Probleme. Viele der Väter haben inzwischen Arbeit. In Eckartsweier gibt es eine Männer-WG, die auch gut funktioniert. Das einzige, womit sie manchmal hadern, ist der Putzplan (lacht). Ich war echt erstaunt, wie reibungslos das hier klappt und dass viele schon so gut Deutsch sprechen. Für mich ist es toll, dass ich nicht erst noch »Feuerwehr« spielen muss und gleich mit konkreten Projekten anfangen kann.
Welche Projekte haben Sie sich vorgenommen?
Schlegel: Die meisten Kinder sind gut angekommen, die Männer haben meist durch die Arbeit Berührungspunkte. Nun geht es darum, auch die Frauen zu erreichen. Viele sind überwiegend zuhause und kümmern sich um die Kinder. Oft haben sie deshalb noch keinen offiziellen Sprachkurs gemacht. Da würde ich gerne etwas aufbauen, ein regelmäßiges Frauencafé zum Beispiel, wo sie sich austauschen können. Ein Anfang war das gemeinsame Plätzchenbacken vor Weihnachten.
Wie war der Zuspruch gewesen?
Schlegel: Es haben etwa sieben bis acht Frauen an der Aktion teilgenommen, die auch den Wunsch nach einer Wiederholung geäußert haben. Einige möchten enger betreut werden. Ich will nun ein niederschwelliges Beratungsangebot für Frauen schaffen, wozu ich aktuell eine Weiterbildung mache. Wenn man die Frauen mit westlichen Grundsätzen konfrontiert, passiert schließlich auch etwas in den Familien. Dazu muss man tiefer gehen und die Kultur des anderen verstehen können.
In Willstätt gibt es einen Integrationsmanager und eine Integrationsbeauftragte. Worin liegt der Unterschied?
Schlegel: Unser Integrationsmanager Philipp Bürkel geht direkt in die Familien und begleitet sie im Alltag, zum Beispiel bei Anträgen und Behördenangelegenheiten. Ich arbeite eher im Hintergrund, baue Netzwerke auf, erstelle Konzepte, mache die Pressearbeit – kurz, ich fungiere als zentrale Anlaufstelle für alles, was mit den Geflüchteten zu tun hat. Wobei mein Ansatz breiter ist: Zum Stichwort Integration gehören für mich auch die Migranten der ersten Generation oder die französischen Neubürger. Sie alle sind Teil der Dorfgemeinschaft.
Wie wichtig ist heute noch der Helferkreis?
Schlegel: Die ehrenamtlichen Helfer haben gerade in der Anfangszeit, als es noch keine kommunalen Strukturen gab, sehr viel geleistet. Viele Aufgaben übernimmt jetzt die Gemeinde. Ehrenamtliche werden aber immer noch dringend gebraucht: Die Geflüchteten wünschen sich mehr Kontakt zu Deutschen, um die Sprache anwenden zu können. Gerade für die Frauen sind solche Sprachpatenschaften sehr wichtig. Ich werde eng mit dem Helferkreis zusammenarbeiten. So möchten wir in diesem Jahr gemeinsam eine interkulturelle Woche und ein Sommerfest veranstalten.
Aktuellen Flüchtlingszahlen in Willstätt
In Willstätt leben derzeit 126 Geflüchtete; 26 Frauen, 37 Männer und 63 Kinder. Die meisten stammen aus Syrien (40 Prozent) und Afghanistan (22 Prozent). Etwa 20 Prozent kommen aus Afrika. Von den 37 Männern haben 18 eine Arbeitsstelle gefunden, 13 gehen noch in die Schule oder befinden sich in einer Maßnahme. Drei haben aufgrund ihres schwebenden Asylverfahrens keine Arbeitserlaubnis und drei Personen sind noch nicht vermittelt. Einige Frauen haben einen Mini-Job.
Nach dem Königsteiner Schlüssel muss die Gemeinde bis Ende des Jahres noch acht weitere Geflüchtete aufnehmen. Dazu werden nach wie vor Wohnungen für die neuen Mitbürger gesucht.
Ansprechpartnerin ist Integrationsbeauftragte Andrea Schlegel, • 0 78 52/34-338, E-Mail andrea.schlegel@willstaett.de.