Art- und tierwohlgerechte Schweinezucht auf dem Grothhof
»Lebensmittelqualität ist Lebensqualität!«: Unter diesem Motto züchtet die Familie Groth seit mehreren Jahrzehnten Schweine in artgerechter Tierhaltung. Bei der Werksführung auf dem Grothhof in Willstätt lernten KEZ-Leser, was darunter zu verstehen ist.
20 Teilnehmer an der Sommeraktion »Offenes Werkstor« haben am Freitag den Grothhof in der Willstätter Siedlung »Bruch« besichtigt. Seit mehr als 50 Jahren ist der Hof in Familienbesitz. Bei strahlendem Sonnenschein begrüßten der Diplom-Landwirt Wolfgang Groth und dessen Sohn Simon, Master-Absolvent der Agrarwissenschaften, die neugierigen Besucher auf dem idyllischen Hof.
1964 wurde der Betrieb gegründet und außerhalb des Dorfes angesiedelt. »Angefangen hat alles mit 35 Hektar Nutzfläche, einem Wohnhaus, 20 Kühen und vier Mutterschweinen«, berichtet Simon Groth. Heute unterhält die Familie 70 Hektar Ackerland und hat 75 Mutterschweine mit Nachzucht im »geschlossenen System«: Das bedeutet, dass die Besamung, Geburt, Aufzucht und Mast der Schweine in eigener Führung auf dem Hof abläuft. Da dieses System zu arbeitsintensiv ist und festangestellte Mitarbeiter fehlen, kommen die kleinen Ferkel künftig aus der Nachbarschaft vom Ferkelhof Jockers. Die Schweine verlassen den Grothhof erst auf dem Weg zu lokal ansässigen Metzgereien – zur Metzgerei Schwanen in Willstätt sind es lediglich drei Kilometer Transportweg: »Mehr Verbrauchernähe gibt es nicht«, so Simon Groth.
Zwei Klimazonen
Nach der kurzen Einführung ging es – ausgestattet in blauer Schutzuniform – auf das eingezäunte Betriebsgelände. Über eine Desinfektionsmatte erreichten die KEZ-Leser die erste Station: den Außenklima-Ferkelaufzuchtstall, der 2011 errichtet wurde. Nach vier Wochen werden die Jungtiere von der Mutter getrennt und nach Alter und Gewicht sortiert. Die rund 700 jungen Schweine können zwischen zwei Klimazonen wählen: In den warmen geschützten Hütten wird gefressen – abgesetzte Ferkel haben eine Fußbodenheizung in ihrer Hütte. Im Außenbereich an der frischen Luft freuen sie sich über Wasser. Bereits um 10 Uhr morgens tollten und spielten Ferkel im Alter von vier bis zwölf Wochen im Außenbereich. »Ein Ziel des Außenklimastalls ist, dass die Ferkel vorne abkoten und es drinnen sauber bleibt«, erklärt der junge Landwirt.
Ab 30 Kilogramm Körpergewicht ziehen die Tiere in den ersten Maststall, der zur Zeit etwa 550 Schweine beherbergt. Bei doppeltem Gewicht geht’s für die Schweine weiter in den zweiten Maststall – Endmast mit 300 Tieren. »Aufgrund der Hitzewelle haben wir im Stall rechts und links die Verneblungsdüsen an. Hier wird Wasser vernebelt, wodurch die Temperatur im Stall sinkt. Durch die Ausläufe geht es den Schweinen gut«, berichtet Wolfgang Groth. Bei starkem Windzug werden die Ställe mit Hilfe von Rollläden geschlossen – Schweine dürfen nicht im Windzug stehen.
Strohhaltung, Fütterung mit heimischem Getreide ohne Gentechnik, kurze Wege
2017 wurden an die Mastställe Ausläufe angebaut, sodass sich seit dem diesjährigen Frühling die ganze Mast des Grothhofs auf Tiefstroh in Außenklimaställen befindet: Das Umbauprojekt wird vom Ministerium Ländlicher Raum und vom Bund finanziell gefördert. Artgerecht sei zudem die Fütterung der Tiere mit heimischem Getreide – ohne Gentechnik. Außerdem verfügt jedes Schwein über 1,5 Quadratmeter Fläche: »Das ist doppelt so viel wie gesetzlich vorgeschrieben ist«, sagt Wolfgang Groth. Die Besucher stellten zügig fest, dass es den Groth-Schweinen auf dem Hof gut geht: Beeindruckt bemerkten sie, wie viel Freiraum und Fürsorge die Tiere erhalten.
Nach einem kurzen Einblick in den Wartestall, in dem sich die tragenden Mutterschweine befinden, folgte der Höhepunkt der Besichtigung: das quiekende Mini-Ferkel. Gerade einmal vier Tage alt, ließ es die Augen der Besucher strahlen. Laute Ausrufe wie »Ahhh« und »Ohhh, wie süß« begleiteten die heitere Atmosphäre. Aber auch über den fünf Jahre alten Eber Valentino staunten die KEZ-Leser nicht schlecht.
Bei einem köstlichen Bauernvesper mit hofeigener frischer Wurst im Besucherraum wurde die Besichtigung mit der Vorführung eines Image-Films über den Grothhof abgerundet.
Historie
- 14. September 1962: Erster Spatenstich für neue Siedlerstellen. »Am frühen Morgen des Freitag, als die Septembersonne die Nebelwand durchbrach, vollzog sich auf Willstätter Gemarkung beim Kieswerk Ferber eine kurze, aber bedeutungsvolle Zeremonie.« (Kehler Zeitung).
- 14. Februar 1964: Fertigstellung von Wirtschafts- und Wohngebäude, »Aussiedlung« aus beengter Dorflage als Gemischtbetrieb mit 15 Kühen und einigen Schweinen, 35 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche.
- 1973: Spezialisierung auf Schweinezucht und -mast mit Getreide- und Maisanbau.
- 1989: Verzicht auf antibiotische Wachstumsförderer.
- 1993: Einstieg in die Mastschweinehaltung auf Tiefstroh.
- 2000: Gründung der Siedlung Bruch GmbH (Maschinen-GmbH).
- 2002: Installation der ersten Photovoltaik-Anlage.
- 2011: Bau eines Außenklima-Ferkelaufzuchtstalls.
- 1. Juli 2013: Gründung der Grothhof GmbH & Co. KG.
- 2017: Anbau von Ausläufen an die Mastställe.
Wussten Sie ...
- ...dass das Team des Familienbetriebs Grothhof zur Zeit ein Altgebäude in einen »Krankenstall« umbaut, um den schwächeren Tieren eine noch bessere Umgebung zu gewähren?
- ...dass der Grothhof jährlich rund 360 Strohballen seinen Schweinen einstreut?
- ...dass der Grothhof ein »offener Hof« ist, der seit Jahren regelmäßig Schulklassen zur Besichtigung willkommen heißt?
- ...dass das Schweinefleisch folgende Kriterien erfüllt: Schweine leben in Strohställen, werden ohne Gentechnik mit regionalem Soja gefüttert, und jedem Tier doppelt so viel Fläche wie normal zur Verfügung steht?
- ...dass der Grothhof folgende Ortenauer Metzgereien beliefert: Schwanen Metzgerei in Willstätt, Metzgerei Hess in Kehl, Alexander Weber in Seelbach und Metzgerei Birk in Oppenau?