Kehl - Marlen

Buchrezension: Der ausgebeutete Kontinent von Angelika Nain

Nina Saam
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
12. August 2024
Das Buch "Und immer noch..." von Angelika Nain.

(Bild 1/3) Das Buch "Und immer noch..." von Angelika Nain. ©Nina Saam

Die Kehler Künstlerin Angelika Nain hat ein Buch herausgebracht, in dem sie mit ihrer Kunst und einigen Gastautoren die koloniale Vergangenheit Afrikas und die Auswirkungen bis heute beleuchtet.

Afrika – der geheimnisvolle, schwarze Kontinent, voller exotischer, wilder Tiere und stolzer, naturverbundener Völker, so verklären ihn gerne die Bewohner der nördlichen Hemisphäre. Doch Afrika ist vor allem ein ausgebeuteter Kontinent, den die europäischen Kolonialmächte einst unter sich aufgeteilt und an dessen Ressourcen sie sich hemmungslos bereichert haben. Unter den Folgen haben die afrikanischen Länder und die dort lebenden Menschen noch immer zu leiden – und auch die Ausbeutung hält bis heute an. „Und immer noch…“ lautet denn auch der Titel des Buches der Künstlerin Angelika Nain aus Marlen, das mit finanzieller Unterstützung des Kulturamtes der Stadt Kehl entstanden ist.

Angelika Nain versammelt in diesem Buch 14 Druckgrafiken, die sie bereits 2017 für die Kolonialzeitliche Sammlung im Ritterhaus in Offenburg angefertigt hat, und einige auf einer Afrikareise entstandene Bleistiftskizzen, ergänzt durch Texte verschiedener Autoren. Unter Schlagworten wie traditionell, imperialistisch oder korrupt beleuchten die Bilder und Texte verschiedene Aspekte, die ihre Wurzeln im Kolonialismus haben: Die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und der Menschen als billige Arbeitskräfte, Sklaverei, Rassismus und Herrenmenschen-Denken, aber auch aktuelle Entwicklungen wie der hemmungslose Altkleider- und Textilmüll-Import nach Afrika, der die heimische Textilindustrie zerstört und die Umwelt verseucht, oder die Millionen Flüchtlinge, die auf der Flucht vor Hunger, Krieg und repressiven Diktaturen die gefährliche Reise über das Mittelmeer wagen. Angelika Nain hat selbst im Winter 2018/19 zwei Wochen auf dem Seenotrettungsschiff „Sea-Eye“ zugebracht und miterlebt, wie 17 Menschen aus hölzernen Nussschalen in der libyschen See gerettet wurden.

- Anzeige -

Im Buch beleuchtet Samantha Richardson das Schicksal der Afrikanerinnen, die über die Jahrhunderte bis heute versklavt, vergewaltigt und gedemütigt wurden, und fragt, wie viel Unabhängigkeit sie selbst als Nachfahrin hat; Wolfgang Reinbold berichtet von der wirtschaftlichen Ausbeutung der Länder, die einst im Namen der Religion ideologisch gerechtfertigt wurde und heute noch andauert. Otto Maier schreibt vom Kakaoanbau, von fünfjährigen Kindern, die schwere Säcke schleppen und mit gefährlichen Pestiziden hantieren müssen, damit uns Schokolade das Leben versüßt; Stefan Brocza von den durch fragwürdige Fischereiabkommen leergefischten Weltmeeren und Uwe Strähle vom Raubbau am Boden durch die industrielle Landwirtschaft, die nicht die Bedürfnisse der Bevölkerung deckt, sondern Tierfutter, Baumwolle und Biosprit für die reichen Industrienationen produziert.

Nicht zuletzt wird die Flüchtlingsproblematik thematisiert. Regine Gnegel und Gorden Isler berichten von Stacheldrahtzäunen, von Menschen, die im Mittelmeer ertrinken oder in der Wüste ausgesetzt werden, von einem reichen Europa, das sich abschottet vor den Menschen, deren Hoffnungslosigkeit und Armut letztlich auch von der gemeinsamen kolonialen Vergangenheit herrührt.

Doch es ist nicht nur ein Konstatieren, ein Anklagen. Die Beiträge zeigen die Missstände auf – aber auch, wie jeder Einzelne zu ein bisschen mehr Gerechtigkeit beitragen könnte. Klar ist aber, dass vor allem die „große“ Politik tätig werden muss, um die Profitgier der Konzerne zu zügeln und die Ausbeutung zu stoppen.

INFO: Das Buch „Und immer noch…“ von Angelika Nain ist in der Buchhandlung Baumgärtner in Kehl für 15 Euro erhältlich. Außerdem in der Buchhandlung Akzente in Offenburg, im Museum im Ritterhaus, im Weltladen "Regentropfen" und Bücher-Roth in Offenburg.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kehl

Prima Stimmung am Freitag beim Tanzen auf dem Marktplatz. 
vor 1 Stunde
Kehl
Am Wochenende wurde beim Stadtfest auf dem Marktplatz wieder ausgelassen getanzt und gelacht. Unzählige Besucher genossen das Spätsommerwochenende mit den vorerst letzten lauen Sommerabenden. Es war wieder für jeden Musikgeschmack etwas geboten.
Reinhard Beinert freut sich über die rote Pracht auf seinen Streuobstwiesen in Eckartsweier. In diesem Jahr lohnt es sich, wieder die Trotte anzuwerfen. ⇒Fotos: Silke Keil
vor 1 Stunde
Kehl
Der Mann ist einer von wenigen Bürgern, die noch alte Streuobstwiesen pflegen. Und er ist der einzige mit einer Trotte. Ende September wird er wieder Äpfel pressen.
De Hämme alias Helmut Dold gehörte zu den prominentesten Gratulanten von Alfred Geiler (blaues Hemd).
07.09.2024
Kehl
Großes Fest: Die Jagdhornbläsergruppe Kehl, de Hämme und viele Gäste gratulieren dem Kehler Schreinermeister i.R. Alfred Geiler zum 80. Geburtstag.
Die Mückenfledermaus ist völlig harmlos. Sie ist so winzig, dass sie den Menschen nicht beißen kann. Auch Krankheiten überträgt sie in Deutschland keine.
07.09.2024
Kleine Tiere, große Wirkung
Das Kehler Hallenbad hat besondere Hausbesetzer: Mückenfledermäuse. Experte Markus Kauber erläutert, warum sie streng geschützt sind. Sie sind der Grund, warum das Gebäude noch steht.
Ute Leidig beim Gespräch mit den Mitarbeitern der Kehler Diakonie. 
06.09.2024
Kehl
Im Gespräch mit Ute Leibig vom Sozialministerium des Landes stellte die Diakonie Kehl ihr Projekt "Gesa" vor. Das Ziel: Nicht-Versicherte sollen Zugang zu einer medizinischen Versorgung erhalten.
Endlich ein Wechsel, der Qualität verspricht: Die Damenmode-Marke Zero hat in der Kehler Fußgängerzone ein eigenes Geschäft eröffnet.
06.09.2024
Kehler Stadtgeflüster
Mit Veränderungen ist das so eine Sache. Manchen geht's viel zu langsam; manchmal muss man dicke Bretter bohren, bis sich was tut. Aber manchmal kommt auch was Gutes heraus, was das Warten lohnt, wie unser aktuelles Stadtgeflüster zeigt.
Durch die Sturzbäche von oben verwandelten sich am Freitag Straßen in Hesselhurst in Flüsse, weil die Kanalisation mit den Wassermassen nicht mehr fertig wurde. 
06.09.2024
Willstätt - Hesselhurst
Ein Unwetter ist in der Nacht zum Freitag über die Ortenau hinweggezogen. Willstätt war eine der Gemeinden, die am schwersten betroffenen waren – vor allem Eckartsweier und Hesselhurst.
06.09.2024
Kehl
Drei Jugendliche sollen am Donnerstagabend einen 28-Jährigen mit einem Messer in Kehl-Marlen bedroht haben.
Sie gehören inzwischen fest zum Kehler Stadtbild dazu: herrenlose, wild abgestellte Einkaufswagen, wie hier in der Fußgängerzone. 
06.09.2024
Ärgernis
Über Kehl verteilte herrenlose Einkaufswagen ärgern nicht nur Bürger und Betriebshof, sondern in erster Linie deren Eigentümer. Denn die Shopping-Gehilfen sind nicht billig.
Mystische Blicke auf Willstätt von oben: Drohnenaufnahmen von Matthias Müll.
06.09.2024
Kehl
Noch eine Woche ist es bis zum Willstätter Jahrmarkt. Am Volksfest-Wochenende gibt’s nicht nur viel Spaß, sondern auch Kunstausstellungen zu sehen – und zwar gleich deren zwei.
Eine überdimensionale Gartenlaube entpuppt sich beim Abriss als solide gemauertes Wochenendhäuschen.
05.09.2024
Kehl
Die Stadt macht Ernst: Alle illegalen Häuser und Hütten, die noch im Gartenparadies Sundheimer Grund stehen, werden plattgemacht. Sie wurden seit dem Zweiten Weltkrieg errichtet.
Hans Schwing: Das Porträtbild entstand anlässlich seines 80. Geburtstags.
05.09.2024
Nachruf
Plötzlicher Tod: Der langjährige Kommunalpolitiker und Bauunternehmer aus Auenheim ist im Alter von 86 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Außenansicht der generalsanierten Gebäude in der Offenburger Oststadt. Sie werden exklusiv vom Maklerbüro Arnold Ernst vermarktet.
    07.09.2024
    Seit mehr als 60 Jahren aktiv und fair am Markt präsent
    Mit 18 Mitarbeitenden, zwei Standorten, mehr als 2500 bisher verkauften Objekten, mehr als 3000 vermieteten Objekten und ebenso vielen Wohnungen in der Verwaltung ist das Offenburger Büro ein "Schwergewicht" der Branche in der Region.
  • Gemeinsam tanzen oder gemeinsam fit halten. Das ist in den Seniorenkursen des Tantstudios DanceInLine von Julia Radtke möglich. 
    30.08.2024
    Tanzstudio DanceInLine bietet Kurse für Junggebliebene an
    Tanzen ist Bewegung, Geselligkeit und es kennt kein Alter. Im Tanzstudio DanceInLine von Julia Radtke tummeln sich alle Altersgruppen und haben Freude an der Bewegung. Im Herbst starten neue Kurse.
  • Spanndecke, Beleuchtung, Akustik, Infrarot.: Seit 40 Jahren ist Plameco Zell a. H. der Experte für Spanndecken in der Ortenau. Spanndecken bieten viele Vorteile unter anderem sind sie feuchtraumgeeignet, schimmelhemmend und sind nach Wunsch gestaltbar.
    29.08.2024
    Plameco gestaltet moderne Raumdecken in nur einem Tag
    Spanndecken, Beleuchtung, Akustik und Infrarotheizung: Spanndecken sind in vielen Farben und Oberflächen erhältlich und werden individuell gestaltet. Plameco in Zell a. H. ist der Experte vor Ort und lädt vom 29. bis 31. August in seine Ausstellung ein.
  • Let's rock: Am Moosenmättle geht zur Feier des 40. Geburtstags zwei Tage lang die Post ab. 
    01.08.2024
    Kinzigtal-Kult: Moosenmättle Open Air am 9. und 10. August
    Es ist legendär und hat an Strahlkraft nichts verloren: das Wald-und-Wiesen-Open-Air auf dem idyllischen Hochplateau Moosenmättle in 780 Metern Höhe nahe dem Liefersberg. Am Grenzstein von Baden zu Württemberg wird wieder ordentlich gerockt – zur Freude von 1000 Gästen.