Bunker bekommt seine "Tarnkappe" wieder
Der Betonklotz an der Elsässer Straße ist der letzte verbliebene Bunker Neumühls – einst gab es allein auf der Gemarkung des Dorfes 26 Befestigungsanlagen, die Teil des Westwalls waren. Jahrzehntelang lag das Kriegsrelikt an der Elsässer Straße im Dornröschenschlaf – es entging der Sprengung nach dem Krieg, da es zu nah an zivilen Wohngebäuden stand und selbst einen Fachwerkaufbau trug, der bewohnt war. 2008 verkaufte der Besitzer das Gelände und stellte einen Antrag auf Abriss. Trotz vieler Proteste stimmte das Denkmalamt zu. Die Fachwerk-Tarnkappe verschwand, vor den 1,50 Meter dicken Betonfundamenten jedoch kapitulierten die Bagger.
Tonnen von Schutt
2010 hat der Historische Verein mit dem neuen Grundstückseigentümer, der Städtischen Wohnbau, einen Nutzungsvertrag abgeschlossen. In monatelanger Knochenarbeit rückten Vereinsmitglieder dem Betonklotz zu Leibe, um das Innere vom Schutt zu befreien und wieder begehbar zu machen. Gleichzeitig gründete sich eine Interessengemeinschaft mit dem Ziel, den Fachwerkaufbau wieder herzustellen und dort ein Informations- und Kommunikationszentrum einzurichten. In Friedrich Wein, Architekt aus Horb am Neckar, der sich seit 35 Jahren mit dem Bunker- und Festungsbau beschäftigt, fanden sie einen engagierten Mitstreiter. 2019 wurde schließlich der Förderverein Tarnbunker Neumühl gegründet.
Auf rund 160.000 Euro wurden die Kosten des Wiederaufbaus taxiert – dass letztlich nur ein Bruchteil davon am Verein hängenblieb, liegt an den guten Kontakten der Mitglieder. Sie holten einige lokale Bauunternehmen mit ins Boot und zapften Sponsoren an. Ortsvorsteher Fritz Vogt hatte schließlich die Idee, beim Fertighaushersteller Weber anzufragen. So kam es, dass die Azubis von Weber Haus den Fachwerkaufbau bewerkstelligten. „Der Krieg gehört ins Museum und sonst nirgendwohin, es ist gut, die Jugendlichen damit zu konfrontieren“, sagte Klaus Gras vom Förderverein beim Richtfest am Dienstag. Lehrlinge der Badischen Stahlwerke werden die stählerne Treppe bauen, die ins Obergeschoss führt, weitere lokale Firmen werden sich kostengünstig oder gar unentgeltlich im Innenausbau engagieren.
„Wir sind froh, dass der Bunker wieder sein altes Erscheinungsbild bekommt“, sagte Friedrich Wein, der mittlerweile Vorsitzender des Fördervereins ist. „Er ist ein grauer Zeuge aus der Zeit, als wir uns aus Bunkern heraus belauert haben.“ Von den etwa 3.500 Bunkern auf der Westwalllinie zwischen Karlsruhe und Weil am Rhein sind nur noch einige wenige erhalten. Der Neumühler Bunker war ein sogenannter Regelbau 10a, ein häufiger Bunkertyp, der bis zu 18 Soldaten beherbergen konnte. Das Besondere an ihm war aber die Fachwerk-Tarnkappe: „Neumühl hat damit ein Alleinstellungsmerkmal“, so Wein.
Viele Kräfte mitgewirkt
„Ich bin stolz, dass ich das noch erleben durfte“, sagte Ortsvorsteher Fritz Vogt. Als Neumühler kenne er den Bunker von Kindesbeinen an. Auch OB-Stellvertreterin Helga Schmidt zeigte sich beeindruckt, wie viele Menschen daran mitgewirkt haben, dass es zukünftig in Neumühl ein Informations- und Kommunikationszentrum zum Thema Krieg geben wird, das auch Schulklassen besuchen sollen. Sie erinnerte daran, dass 1938 Schüler von der NSDAP abkommandiert wurden, um Gräben auszuheben. „Kriege sind keine Naturkatastrophen, Kriege werden von langer Hand vorbereitet“, sagte sie. Auch der Frieden müsse vorbereitet werden: Dazu gehöre die Friedenssicherung und die Konfliktprävention, wozu dieses Zentrum dienen könne.
Anschließend sprachen die Azubis, die in zwei Tagen bei sengender Hitze das Haus auf den Bunker gesetzt haben, den Richtspruch aus. Die Bauarbeiten sollen nun zügig weitergehen. Im Obergeschoss sollen neben Ausstellungs- und Lagerräumen eine Küche und WCs entstehen. Klaus Gras sprach die Hoffnung aus, dass bis Ende des Jahres alle Bauarbeiten abgeschlossen sind. Der Bunker selbst ist im Inneren mit vielen Original-Artefakten ausgestattet und bereits jetzt zu bestimmten Anlässen zu besichtigen.