Club Voltaire Kehl hat einen neuen Vorstand
Die Nachricht, dass der Club Voltaire »abgewickelt« wird, wenn sich kein neuer Vorstand findet, hat die Mitglieder und viele Kulturfreunde aufgeschreckt. Mit Farideh Nowrousi und Heide Sonnleithner hat sich jetzt ein neues Vorstands-Team gefunden.
Vor fünf Jahren betrat der Club Voltaire als neue Institution die Kehler Kulturlandschaft und ist mittlerweile durch sein hochkarätiges Veranstaltungsangebot quer durch alle Kultur-Genres, aber auch durch aktuelle wissenschaftliche und gesellschaftspolitische Vorträge und Diskussionsrunden fest in der Kulturszene verankert. Als Vorstandsvorsitzende Ilse Teipelke und ihre Stellvertreterin Gabriele Goos-Glass vor einem halben Jahr bekanntgaben, den Vorsitz abgeben zu wollen, fand sich zunächst niemand, der ihnen nachfolgen wollte. Damit stand die Existenz des Clubs auf dem Spiel.
»Ich war entsetzt, als ich gehört habe, dass der Club liquidiert werden soll«, erzählt Heide Sonnleithner, die nun den zweiten Vorsitz übernommen hat. An eine Kandidatur dachte sie zunächst aber nicht. Auch Gründungsmitglied Farideh Nowrousi hatte sich schon fast mit der drohenden Schließung abgefunden – bis sich die beiden Frauen »zusammentelefonierten« und beschlossen, gemeinsam den Club Voltaire weiterzuführen.
Eigene Impulse
»Wir hatten das Gefühl, der Club darf nicht kaputtgehen«, sagt Farideh Nowrousi. »Wir haben uns gegenseitig bestärkt und bereits vor unserer Kandidatur überlegt, wie wir das angehen werden.« Inzwischen haben die beiden neuen Vorsitzenden ein aktuelles Halbjahresprogramm zusammengestellt. Dabei legten sie Wert darauf, eigene Impulse einzubringen – gemäß ihrer persönlichen Interessen und Fähigkeiten. »Ilse Teipelke und Gabriele Goos-Glass waren Künstlerinnen und haben diesbezüglich ein hohes Level gesetzt«, so Farideh Nowrousi. »Wir wollen erst gar nicht versuchen, sie zu kopieren.« Sie selbst als Architektin sei eher »ingenieursmäßig« orientiert, Heide Sonnleithner kommt aus dem kaufmännischen Bereich. Daher wollen sie mehr naturwissenschaftliche Akzente setzen und gesellschaftspolitische Probleme ansprechen, die auf den Nägeln brennen.
Schwerpunktthemen geplant
Das Programm soll künftig jeweils unter einem Schwerpunktthema stehen, das aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet wird. Als erstes soll der Klimawandel im Mittelpunkt stehen. Die schönen Künste werden dennoch nicht zu kurz kommen, verspricht die neue Vorsitzende. »Es wird weiterhin unsere Matineen geben. Auch die Ausstellungen im Salon werden weitergeführt.«
Das neue Programm des Club Voltaire
☛ Am Montag, 30. September, wird um 19.30 Uhr der Film »Der marktgerechte Patient« gezeigt. Der Film beleuchtet, wie sich die Ökonomisierung des Krankenhausbetriebs auf die Patienten und die Beschäftigten in den Kliniken auswirkt. Im Anschluss kann mit zwei Ärztinnen über den Film diskutiert werden.
☛ Auf der Sonntagsmatinee am 20. Oktober gibt es ab 11 Uhr einen szenischen Rundumblick auf das »wohl seltsamste Liebespaar des 18. Jahrhunderts«, wie es in der Ankündigung heißt. Friedrich der Große und Voltaire pflegten jahrzehntelang einen regen Briefwechsel. Die mit Musik untermalte Lesung wirft aus unterschiedlichen Perspektiven einen zeitkritischen Blick auf diese Beziehung.
☛ Um Mikroplastik in Flüssen geht es am 28. Oktober in einem Vortrag des Hochschulprofessors Andreas Fath, der vor ein paar Jahren den Rhein von der Quelle bis zur Mündung durchschwommen und dabei zahlreiche Messungen vorgenommen hat. Beginn ist um 19.30 Uhr.
☛ Ende November finden in Kehl die baden-württembergischen Übersetzertage statt, in deren Rahmen der Club Voltaire in Kooperation mit dem städtischen Kulturamt drei Veranstaltungen anbietet. Am Montag, 25. November, spricht Christine Battermann, Übersetzerin der Thriller des ägyptischen Bestsellerautors Ahmed Mourad, um 18 Uhr über ihre Erfahrungen mit der Übertragung von Büchern, die dem ägyptischen Lebensgefühl ganz nah sind. Am selben Tag um 20 Uhr beschäftigt sich Susann Urban anhand der Bücher der afrikanischen Autorin Nadifa Mohamed mit der Frage, inwieweit Literatur das Fremde zu übermitteln vermag und wie viel davon eine Übersetzung verträgt. Können Übersetzer afrikanischer Literatur kulturvermittelnd wirken?
☛ Am 28. November erzählt Beate Thill um 18 Uhr, wie sie bei ihren Übersetzungen mit eingestreuten Passagen indigener Sprachen vorgeht. Grundlage ist der autobiografische Roman »Ma« von Aya Cissoko, der einen Einblick in das Schicksal afrikanischer Migrantinnen und den alltäglichen Rassismus gibt.
☛ Den Abschluss des Halbjahresprogramms bildet am 20. Januar der Vortrag »Gewalt in unserer Gesellschaft« des Freiburger Politikwissenschaftlers Ulrich Eith, der sich mit Attacken auf Politiker, Polizisten und Rettungskräfte und Beleidigungen und Hasstiraden in sozialen Netzwerken beschäftigt. Beginn ist um 19.30 Uhr.
Alle Veranstaltungen finden im Salon Voltaire in der Hafenstraße 3 statt.