Kehl

Die Freundschaft mit Frankreich steht täglich im Stundenplan

Alexander Gehringer
Lesezeit 6 Minuten
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18. Juli 2015
An der Versöhnungsstatue bei der Passerelle formen Kinder der Falkenhausenschule am 22. Januar 2013 ein Herz. Anlass ist das 50-jährige Bestehen des Elysée-Vertrags.

An der Versöhnungsstatue bei der Passerelle formen Kinder der Falkenhausenschule am 22. Januar 2013 ein Herz. Anlass ist das 50-jährige Bestehen des Elysée-Vertrags.

Die Falkenhausenschule feiert heute ihr 100-jähriges Bestehen. In einer Serie blickte die Kehler Zeitung auf ihre Entwicklung zurück. Heute die letzte Folge: Bilinguales Profil und Multimedia – Wie sich die Falkenhausenschule fit für die Zukunft macht.

Tiere und Pflanzen kennenlernen, Komponisten entdecken oder an Textaufgaben knobeln – und alles nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Französisch: An der Falkenhausenschule funktioniert dies schon seit fast 25 Jahren. Im Herbst 1991 startete die erste bilinguale Klasse, heute ein ebenso grundlegendes wie einzigartiges Angebot der Schule.

Denn die Schüler und ihre Lehrer nutzen die Sprache des Nachbarn längst nicht mehr nur in den Französischstunden: »Bonjour les enfants!« heißt es auch in den Fächern »Mensch, Natur und Kultur« (MeNuK) und Sport. Ganz oder teilweise findet der Unterricht dort auf Französisch statt und das bereits ab der 1. Klasse. Dabei fährt die Schule zweigleisig: Kinder, die vom Elternhaus nur Deutsch oder – als Migrantenkinder – eine andere Fremdsprache mitbringen, besuchen die »Paritätisch deutsch-französischen Klassen«.

Deren Unterricht läuft etwa je zur Hälfte in beiden Sprachen ab (daher »Paritätisch«), auch in den Sachfächern werden Französischkenntnisse erworben. Dagegen richten sich die »Bilingualen deutsch-französischen Klassen« an Schüler, die bereits zweisprachig aufgewachsen sind: Spracherwerb findet hier nicht mehr statt; in den teils auf Französisch abgehaltenen MeNuK-, Mathe oder Sportstunden geht’s immer ganz um die Sache.

»Mit den bilingualen Klassen sind wir einem schon lange bestehenden Bedarf nachgekommen«, blickt Rektorin Imogen Remmert auf die Geschichte des Angebots zurück, das ihr Vorgänger Erich Jais ins Leben gerufen hatte. Schon vor 25 Jahren zeigte sich nämlich, dass der seit 1975 laufende freiwillige Französisch-Unterricht ab Klasse 3 nicht ausreichte, um die vielen Kinder aus deutsch-französischen Familien in beiden Muttersprachen angemessen zu fördern. Mit den landesweit einzigartigen bilingualen Klassen entstand hingegen auf deutscher Seite erstmals ein Pendant zu den internationalen Schulen in Straßburg.

Rückenwind aus Stuttgart genoss das besondere Kehler Projekt 1991 allerdings noch nicht, wie sich Jais erinnert: »Der zweisprachige Unterricht lief quasi unter der Hand – mit Einverständnis des Schulamts, aber gegen den Willen des Kultusministeriums. Bis 1995 der Fraktionsvorsitzende der Landtags-FDP bei uns hereinschaute – und ganz begeistert war.« Möglicherweise dank dessen Einsatzes öffnete die Landesregierung 1998 offiziell die Türen für das bilinguale Modell. »Aber die Falkenhausenschule war eben schon lange einen guten Schritt weiter«, freut sich Imogen Remmert.

Immerhin konnte man sich fortan nicht mehr über mangelnde Unterstützung durchs Land beklagen: »Das Ministerium hat uns 1999 als Pilotschule auserwählt, und so war die Falkenhausenschule mitgestaltend für die Ausbildungs-Inhalte des Europa-Lehramts«, berichtet die Rektorin, die im selben Jahr als Lehrerin an die Schule gekommen war und zugleich im Studiengang Europa-Lehramt an der PH Karlsruhe dozierte.

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2006 startete die erste paritätische Klasse. Ihr Unterricht basiert auf der »Sprachbad«-Methode, wie Imogen Remmert erklärt: »Genau wie beim Erwerb ihrer Muttersprache hören die Kinder die französische Sprache zunächst nur, ohne sie zu verstehen – bis es ihnen irgendwann gelingt, den Zusammenhang zwischen dem Ausdruck und dem bezeichneten Objekt herzustellen.«

Parallel zum bilingualen und zum paritätischen Zug wurden anfangs noch Regelklassen angeboten, in denen sich die Sprache der »Grande Nation« auf zwei Wochenstunden Französisch-Unterricht – seit 2004 durch den neuen Lehrplan Pflicht in den Grundschulen am Oberrhein – beschränkte. Mittlerweile ist das Interesse an dieser Option jedoch so gering, dass sie seit 2012 nicht mehr zur Wahl steht: »Die Eltern fast aller unserer Schüler entscheiden sich heute dafür, ihr Kind möglichst früh Französisch lernen zu lassen«, so Imogen Remmert. Kinder, die dennoch eine Regelklasse besuchen wollen, können dies an einer anderen Grundschule tun; umgekehrt dürfen Kinder eines fremden Schulbezirks am deutsch-französischen Unterricht der Schule teilnehmen.

Zur Besonderheit des bilingualen Profils gehört, dass statt der üblichen zwei Wochenstunden Französisch gleich vier (paritätischer Zug) bzw. fünf (bilingualer Zug) unterrichtet werden. Zusatzstunden, die vom Kultusministerium immer nur für einige Jahre zugesagt werden – und um die Imogen Remmert immer wieder kämpfen muss. »Für die Zukunft möchte ich unser Französisch-Angebot, das von so vielen Kollegen aufgebaut wurde, nachhaltig sichern und auf stabile Säulen stellen, an denen nicht mehr gerüttelt wird«, sagt die Rektorin. »Denn wir leben an unserer Schule jeden Tag die deutsch-französische Freundschaft, wie sie der Elysée-Vertrag zum Ziel hatte.«

Doch nicht nur in Französisch hat sich die Schule kräftig weiterentwickelt. Seit 2000 ist sie Multimedia-Schule des Landes; mit rund 95 000 Euro wurden damals alle Klassenzimmer mit Computern ausgerüstet und ein Computerraum eingerichtet: »Den frühen multimedialen Umgang halten wir für unverzichtbar zur Vorbereitung auf die weitere Schullaufbahn und aufs Berufsleben«, betont Imogen Remmert. Als dritte große Baustelle ihrer bisherigen Amtszeit lag der Rektorin der Aufbau der Ganztagsbetreuung am Herzen, die in Zusammenarbeit mit der Caritas seit 2004 stattfindet. Dafür wurde die ehemalige Hausmeisterwohnung im Obergeschoss umgestaltet.

Und wie hat sich das Zusammenleben in der Schule seit den 90ern entwickelt? Erich Jais antwortet: »Es hat sich weiter etabliert, was sich in den 70er-Jahren schon angebahnt hatte: Die Kinder sind heute viel mehr als früher in der Lage, Mitgestaltung und Mitverantwortung im Unterricht zu übernehmen.« Doch nicht alles im Verhalten der Schüler habe sich zum Positiven verändert, sagt Jais: »Die Zeit ist auch an ihnen nicht spurlos vorbeigegangen; Hektik und übermäßiger Medienkonsum machen sich bemerkbar. Kinder sind eben immer auch ein Seismograf der ganzen Gesellschaft.«

Imogen Remmert, die 2002 den Stab übernahm, denkt bei »Veränderungen« vor allem an die Schülerklientel: »Der Anteil der Migrantenkinder ist gewachsen. Aber für unsere heutige Vielfältigkeit geht es bei uns sehr harmonisch zu.« Sie führt das auf ein hohes Maß an Konsequenz zurück, das die Pädagogen an den Tag legen – und das auch die Eltern heute wieder mehr schätzen als den »Laissez faire«-Erziehungsstil früherer Jahre. »So legen wir zum Beispiel großen Wert auf korrekte Umgangsformen; wir wollen die Kinder zum einen auf den richtigen Weg führen, zum anderen sollen sie sich aber auch wohlfühlen.« Hierzu gehöre auch Transparenz im Umgang mit Schülern und Eltern. Alles in allem liegt der Rektorin daran, dass die Schule ein positiv besetztes Feld ist.

Eines hat sich kaum geändert: die Atmosphäre im Kollegium. »Alle Neuerungen in der Falkenhausenschule verdanken sich der Offenheit, die die Pädagogen stets bewiesen haben – und dem guten Miteinander von Jung und Alt«, lobt Jais. Was seine Nachfolgerin bestätigen kann: »Wir sind ein harmonisches Team, das an einem Strang zieht«, bringt es Imogen Remmert auf den Punkt.

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