Kehl

Ex-OB: »Zuwanderer haben Kehl gestärkt«

Nina Saam
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21. April 2015

Kehls Alt-OB Detlev Prößdorf wird heute 85 Jahre alt. ©Nina Saam

23 Jahre lang, von 1975 bis 1998, saß Detlev Prößdorf auf dem Chefsessel im Kehler Rathaus. In seine Amtszeit fielen wichtige Infrastrukturprojekte, die praktische Umsetzung der Gemeindereform, die Öffnung der Grenzen. Heute wird Detlev Prößdorf 85 Jahre alt.

Detlev Prößdorf war als Ministerialrat und Protokollchef in der hessischen Staatskanzlei Wiesbaden tätig, als er 1974 einen Brief aus Kehl bekam: Der Fraktionsvorsitzende der hiesigen SPD, Oskar Gebert, fragte an, ob er nicht OB von Kehl werden wolle. »Heute würde man sagen, ich wurde geheadhuntet«, schmunzelt er. Neben ihm stellten sich mit Ulrich Mentz und Fritz Baass zwei weitere, in Kehl bestens bekannte Bewerber zur Wahl – der eine amtierender Sozialbürgermeister, der andere alteingesessener Rechtsanwalt. Doch Detlev Prößdorf schaffte es im Februar 1975 im zweiten Wahlgang, mit 52,9 Prozent die Wähler hinter sich zu bringen.

Damit stand der Umzug für den in Lettland geborenen und in Heidelberg und Rottweil aufgewachsenen Prößdorf an. Erfahrung brachte der damals 45-Jährige genügend mit: Bevor er Mitte der 60er Jahre in die öffentliche Verwaltung gewechselt war, hatte der Jurist mehrere Jahre in der Energiewirtschaft gearbeitet.

Manche Erfahrungen aus dieser Zeit konnte er in seiner ersten Amtszeit gut gebrauchen. Zum einen galt es, die Verträge der gerade vollendeten Gemeindereform zu erfüllen – und damit den Bau von Hallen und Schulen in den Ortsteilen anzugehen. Zum anderen stand das Thema »Wasser« auf der Agenda. Selbst Straßburg hatte 1975 noch keine Kläranlage, auch die Abwässer des ober-elsässischen Kalisalz-Abbaus landeten damals noch ungeklärt im Rhein. »In Holland endete der Rhein als Salzwasserfluss«, erinnert sich Prößdorf. Unter seiner Ägide entstanden die Kläranlage in Leutesheim, das Wasserwerk auf Eckartsweierer Gemarkung und die vielen Pump- und Zwischenhebewerke, die verhindern, dass Kehl aufgrund des hohen Grundwasserstandes baden geht. Auch die Hafenzufahrt Ost (»Ich habe das nicht gebaut, nur das Bändel durchgeschnitten«) und die Einrichtung der Fußgängerzone Ende der 80er fielen in seine Amtszeit.

Chef der Rotkreuzler

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Die Einwohnerzahl stieg in diesen 23 Jahren um 7000 auf 35 000, zum großen Teil durch Zuwanderer aus Kasachstan. »Und die Arbeitslosigkeit ist entgegen aller Befürchtungen nicht angestiegen«, sagt Prößdorf. »Im Gegenteil: Die Zuwanderer haben Kehls Wirtschaftskraft gestärkt. Ich wusste, wenn die herkommen, die packen an.«

Den Chefposten im Rathaus gab Prößdorf 1998 mit Erreichen der Altersgrenze ab, den Vorsitz bei den Kehler Rotkreuzlern hält er bis heute inne. Eine Erfolgsgeschichte: »Als ich 1976 den Kreisverband übernahm, hatten wir neben den Mitarbeitern im Rettungsdienst eine Voll- und zwei Halbtagskräfte. Heute haben wir 55 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, unser Rettungsdienst wurde in die Rettungsdienst Ortenau gGmbH eingegliedert«, so Prößdorf. Wirtschaftlich steht der Kreisverband gut da, an Aufgaben und neuen Ideen mangelt es nicht. Schwierig ist es aber, gut ausgebildete ehrenamtliche Helfer zu gewinnen. Beruf und Familie ließen den Frauen heute schwer Zeit für diese verantwortungsvolle Aufgabe. Auf seine Leute lässt er aber nichts kommen: »In diesem Verein Chef zu sein ist eine erfreuliche Sache.«

Mit was beschäftigt sich Kehls Alt-OB in seiner freien Zeit? »Hobbys, das ist was für Amerikaner«, wehrt er ab. Er liest viel, Zeitungen und Bücher, beschäftigt sich mit Dia-

lekten, die Lokalpolitik verfolgt er aufmerksam. Zum Wirken seiner Amtsnachfolger mag er sich nicht äußern. »Das gehört sich nicht«, sagt er – ein Satz aus seiner Kindheit, der haften geblieben ist. Was er vermisst, ist der Kontakt zu alten Weggefährten. »Viele sind gestorben oder nicht mehr ansprechbar, was noch schlimmer ist«, gibt er zu bedenken.

Leben in die Bude bringt Dackeldame Rapunzel, die eigentlich Prößdorfs Tochter gehört. »Wenn ich auf dem Sofa sitze und telefoniere, weiß sie genau, dass ich dazu nur eine Hand brauche«, sagt er – dackelkraulend.

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