Flüchtling arbeitet als Kulturvermittler bei der Stadt
Fares Mousa, Flüchtling aus Syrien, ist seit Mitte Dezember bei der Stadt Kehl angestellt. Im Rathaus unterstützt er die beiden Integrationsmanagerinnen bei ihrer Arbeit.
Fares Mousa ist jetzt ziemlich genau zwei Jahre in Deutschland. Im Dezember 2015, schreibt die Kehler Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung, brachte ihn ein von der Unicef organisierter Bus in die Erstaufnahmestelle in Ellwangen, nachdem er den Weg durch die Türkei bis nach Griechenland zu Fuß zurückgelegt hatte. Über Lahr und Offenburg kam der 27-Jährige nach Kehl, wo er seit Juni in der Anschlussunterbringung lebt. Von Anfang an wollte er unbedingt arbeiten. »Egal was«, sagt der Ex-Student der Rechtswissenschaft aus Syrien. Seit dem 15. Dezember hat er einen Arbeitsvertrag mit der Stadt Kehl.
Der 27-Jährige arbeitet vormittags bei der Poststelle, wo sämtliche Briefe und Päckchen, die an die Stadtverwaltung adressiert sind, geöffnet und anschließend verteilt werden, nachmittags assistiert er den Integrationsmanagerinnen als Kulturvermittler und Dolmetscher. Zuvor arbeitete der Kurde, der erst seit Februar Deutsch lernt, in der Erstaufnahmeeinrichtung in Offenburg als Assistent der dortigen Sozialbetreuerinnen.
Seine guten Englischkenntnisse ermöglichten es Fares Mousa, dass er dort bereits Dolmetscher zwischen Sozialarbeitern und Flüchtlingen hilfreich sein konnte – etwa beim Ausfüllen von Formularen: »Die Leute verstehen nicht, was sie machen müssen«, sagt Mousa. Formulare, Papiere, Kontoauszüge kennen in seiner Heimat nur wenige Menschen.
Briefe gebe es dort nicht oder »ganz selten«, erklärt der aus Derik in der Region Al Hasakah stammende. Wenn irgendein Verwaltungsakt zu erledigen sei, dann melde sich die Quartiersverwaltung telefonisch oder eben jemand von der Polizei. Deshalb wüssten so viele Flüchtlinge nicht, dass die Briefe, die sie bekommen, so wichtig seien. Fares Mousa hat das schon sehr schnell begriffen und vermittelt dies nun seinen Landsleuten und anderen Flüchtlingen.
Werben für Ausbildung
Neben der Unterstützung der Integrationsmanagerinnen ist der Mann auch als Werber für betriebliche Ausbildungen unterwegs. Wenn die Kinder studieren und angesehene Berufe ausüben, also Arzt, Rechtsanwalt oder Ingenieur werden, dann steigt in seiner Heimat das Ansehen der gesamten Familie. Deshalb »ist es normal, dass die ganze Familie mitentscheidet«, welchen Berufsweg die Söhne und Töchter einschlagen, erläutert Fares Mousa. Handwerkliche Berufe oder Berufe in der Industrie sind daher etwas für Jugendliche, »die nicht gut sind in der Schule«.
Zwei seiner Brüder, die in Stuttgart leben und als Frisöre arbeiten, versucht er auch zu motivieren, eine Ausbildung zu machen. Beide haben ihr Handwerk in der Heimat gelernt, indem sie einem Frisör zugeschaut haben, der sie nach und nach angelernt hat. »Mein Bruder hat bei einem Freund gelernt«, sagt Fares Mousa, »er war oft bei ihm«. Auch wenn Mohammadsadiq und Nejervan jetzt Arbeit haben, wünscht sich Fares, dass sie eine Ausbildung absolvieren: »Was ist, wenn der Laden einmal schließt?« fragt er sich, werden sie dann ohne Ausbildung wieder eine Anstellung finden?
Fares Mousa versucht in Flüchtlingsfamilien klarzumachen, dass eine Ausbildung in Deutschland einen anderen Stellenwert hat, dass man angesehene Berufe erlernen und gutes Geld verdienen kann.
Er selber hofft, dass sein Studium anerkannt wird, »als Bachelor-Abschluss«, dann könnte er noch einen Master draufsatteln – internationales Recht studieren zu können, wäre sein Traum. Sollte es nicht klappen, möchte er auf jeden Fall eine Ausbildung machen.