Club Voltaire

Formel 1 als Vorbild

Nina Saam
Lesezeit 3 Minuten
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22. Oktober 2021
Günter Petry war von 1998 bis 2014 Oberbürgermeister von Kehl.

Günter Petry war von 1998 bis 2014 Oberbürgermeister von Kehl. ©Nina Saam

Kehls Alt-OB Günther Petry sparte in seinem Vortrag im Club Voltaire nicht mit Kritik am Neoliberalismus, bei dessen ständigem Streben nach Gewinnmaximierung die Ethik auf der Strecke bleibe.

„L’état, c’est nous“ lautete der Titel des Vortrags von Kehls Alt-OB Günther Petry im Salon Voltaire am Dienstag – in Anlehnung an das Zitat des „Sonnenkönigs“ Louis IVX. Während im Absolutismus der Herrscher bestimmte, was im Staate vorgeht, ist in einer Demokratie das Volk der Souverän.

Doch ob das wirklich so ist, daran hatte Petry so seine Zweifel. „L’état, c’est nous – gehört da ein Frage- oder ein Ausrufezeichen hin?“, fragte er. „Zwischen ‚Der Staat sind wir‘ und ‚Wir sind der Staat‘ besteht ein Unterschied.“

Unsere „freiheitliche“ Wirtschaftsordnung sei es, die viele Bereiche des Lebens bestimme. „Im Zeitalter des Neoliberalismus wird eine staatliche Regulierung abgelehnt, man meint, nur diese Art des Wirtschaftens sei mit der Freiheit vereinbar“, so Petry. „Wenn aber ein Ding zur Ware wird, verändert sich sein Charakter.“

Als Beispiele nannte er die Massentierhaltung, bei der Faktoren wie das Tierwohl oder das Lohndumping in der Fleischindustrie zugunsten des Profits ausgeblendet werden; den Journalismus, bei dem Auflagenzahlen, Klicks und Werbeeinnahmen die Wichtigkeit einer Meldung und die Art der Schreibe bestimmten, oder die Politik, die mittlerweile „Angebote“ mache – und das Angebot – die politischen Inhalte – ändere, wenn sie sich nicht mehr verkaufen ließen.

Dazu kämen die sozialen Medien, in denen die Algorithmen dem Nutzer aufgrund seines Klickverhaltens personalisierte Inhalte und Werbung anzeige: „Die Algorithmen beschränken die Horizonte“, so Petry. „Jeder lebt in seiner eigenen Blase.“

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Diese Blasenbildung bewirke eine Spaltung der Gesellschaft, die evolutionsbedingt noch im archaischen Stammesdenken verharre. So bekämpften sich heute „urbane Stämme“, wie Radfahrer und Autofahrer oder die Fans gegnerischer Fußballmannschaften.

Ethik störe, wenn der Gewinn im Vordergrund stehe. Nur so sei zu erklären, dass es im reichen Deutschland 13,2 Millionen Arme gibt, die nicht sichtbar sind, weil sie es sich nicht leisten können, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. „Das interessiert aber niemand – die Meinungsmacher sind nicht arm“, so Petry. Viele wüssten sehr wohl, wie man ethisch handeln müsste – tun es aber nicht, weil sie sonst auf Vorteile verzichten müssten.

Doch wie dem entgegentreten? Kehls Alt-OB rät, sich in der Wirtschaftspolitik die Formel 1 zum Vorbild zu nehmen. Die Vorgaben für die Rennwagen würden immer mehr verschärft, damit alle Starter dieselben Bedingungen haben und die Spannung erhöht wird. „Auf die Wirtschaft umgesetzt hieße das eine Steuerung des Wettbewerbs zugunsten des Gemeinwohls“, sagte er. „Das hat nichts mit Verboten zu tun, sondern mit gleichen Regeln für alle.“

Auch eine Stärkung der direkten Demokratie durch Bürger­entscheide, eine Beschränkung von Politiker-Amtszeiten und die Ausbildung von Resilienzen „gegen die Zumutung des Anders-Seins“ nannte er. „Das erfordert Willen zur Einsicht, viel Kopf und wenig Gemüt.“

In die Hand nehmen müsse das das Volk – beziehungsweise seine Vertreter. „Und da beißt sich das wieder in den Schwanz“, so Petry.

In der anschließenden Diskussion wurde lebhaft diskutiert. Im Publikum saßen nicht nur die „üblichen Verdächtigen“, sondern auch zwei, denen Ambitionen auf das Oberbürgermeisteramt nachgesagt werden. Direkte Fragen zur Kehler Lokalpolitik wehrte Petry aber ab: „Dazu werde ich mich nicht äußern“, sagte er.

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