Goldscheuer kritisiert Pläne für Kurzarbeit in Kitas
Die Stadt Kehl will für die Mitarbeiter in den städtischen Kitas Kurzarbeit einführen. Betroffen wäre auch das „Spatzennest“ in Goldscheuer. Im Ortschaftsrat stieß die Idee auf teils scharfe Kritik.
Am 23. März wurden auch in Kehl die Kindertageseinrichtungen wegen der grassierenden Corona-Pandemie geschlossen. Auch die Kita „Spatzennest“ in Goldscheuer ist davon betroffen. Parallel wurde eine Notbetreuung eingerichtet, die Ende April ausgeweitet wurde. Am Dienstag hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann angekündigt, dass das Land Ende Juni alle Kindertagesstätten wieder öffnen will.
Mindereinnahmen bleiben
Dennoch schlägt die Stadt nun vor, für Mitarbeiter, die von der Schließung städtischer Einrichtungen betroffen sind, Kurzarbeit einzuführen. Grundlage soll eine Vereinbarung sein, die die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber mit der Gewerkschaft Verdi und dem Beamtenbund ausgehandelt hat. Die betroffenen Mitarbeiter in anderen Bereichen der Verwaltung einzusetzen oder ihnen Arbeit vom Home Office aus zu ermöglichen sei aus arbeitsrechtlichen, aber auch aus tatsächlichen Gründen nur begrenzt möglich, heißt es in der Beschlussvorlage. Auch seien Arbeitszeit- und Urlaubskonten weitgehend abgebaut. Zudem sei Kurzarbeit auch deshalb angebracht, weil die Stadt den Eltern derzeit die regulären Kita-Gebühren gestundet hat und damit zu rechnen sei, dass diese Einnahmen vollständig entfallen.
„Man hätte vor drei Monaten drüber reden müssen“
Im Ortschaftsrat Goldscheuer stieß der Vorschlag am Dienstag auf Unverständnis. In vier Wochen soll der Normalbetrieb wieder aufgenommen werden, und ab kommender Woche sind Pfingstferien. „Ich verstehe nicht, warum jetzt noch über Kurzarbeit diskutiert werden soll – das hat sich als gegenstandslos erwiesen“, sinnierte Ortsvorsteher Richard Schüler. „Wenn, dann hätte man vor drei Monaten darüber reden müssen!“
Organisatorischer Mehraufwand
Christine Muser (FWV) erinnerte daran, dass die jetzige Ausdehnung der Notbetreuung auf 56 Plätze noch nicht das Ende der Fahnenstange sein dürfte. Auch sei die Betreuung unter den Bedingungen der Corona-Verordnung für das Personal mit erheblichem Mehraufwand verbunden – etwa in Sachen Hygiene und Desinfektion. „Wie kann man da nur Kurzarbeit vorschlagen?“ wunderte sie sich.
„Spatzennest“-Leiterin Tina Baumann bestätigte den Mehraufwand. Jede der sechs Notbetreuungs-Gruppen werde als eigenständig gesehen, mit eigenem Personalschlüssel, erläuterte sie. Für jede Gruppe braucht es zwei Erzieherinnen, die von Anfang der Betreuungszeit bis zum Ende präsent sein müssen. Nach Angaben von Richard Schüler sind derzeit 17 Erzieherinnen im „Spatzennest“ beschäftigt – aber die meisten nicht mit „vollem Deputat“, sondern mit 30-, 50- oder 70-Prozent-Stellen. Dies mache es sehr schwierig, die Betreuung so zu regeln, dass die Auflagen der Corona-Verordnung erfüllt werden. Die betreuenden Erzieherinnen dürften auch nicht zwischen den Gruppen wechseln. Und jedes Mal wenn ein Kind den Gruppenraum verlässt – etwa weil es auf die Toilette muss – muss eine Erzieherin mitgehen. Die Gruppen essen getrennt, und auch die Zusammenarbeit mit den Eltern, die zum Teil wirklich in Not seien, sei wichtig. Andere wiederum fehlten wegen Urlaub oder Krankheit.
Auch Rückkehr zum Normalbetrieb organisieren
Und schließlich, so ihre Kollegin Silvia Krämer vom katholischen Kindergarten Don Bosco, muss ja auch die Rückkehr zum Normalbetrieb organisiert sein. Die Lenkungsgruppe der Landesregierung hat am 13. Mai der entsprechenden Änderung der Corona-Verordnung zugestimmt. Für die Umsetzung vor Ort und die Konzepte dafür sind die Kommunen, Träger und Einrichtungen jedoch in eigener Zuständigkeit verantwortlich.
„Die Verwaltung hätte mal vorher in die Kitas gehen und sich ein Bild machen sollen“, schüttelte Richard Schüler dem Kopf. „Dann wären die nie auf den Gedanken mit der Kurzarbeit gekommen.“